# taz.de -- Terrorbekämpfung in der Sahelzone: Macron kündigt Abzug aus Mali … | |
> Der Einsatz der Antiterroroperation „Barkhane“ in Mali soll enden, sagt | |
> Frankreichs Präsident. Er setzt auf Spezialkräfte und internationale | |
> Partner. | |
Bild: Französische Soldaten, die an der „Operation Barkhane“ beteiligt war… | |
Berlin taz | Frankreich wird seine Militärinterventionen in der | |
afrikanischen Saelzone gegen islamistischen Terror beenden. „Wir werden | |
eine tiefgreifende Umwandlung unserer Militärpräsenz im Sahel vornehmen“, | |
sagte Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag abend in Paris. | |
Macron kündigte „das Ende der Operation Barkhane“ an – ein seit 2013 | |
währender [1][Antiterroreinsatz in Mali], der zuletzt beständig ausgebaut | |
worden war und derzeit 5.100 französische Soldaten umfasst. Details sollen | |
bis Ende Juni bekanntgegeben werden. An die Stelle dieses größten | |
Auslandseinsatzes der französischen Armee seit dem Algerienkrieg soll laut | |
Macron eine „internationale Allianz“ treten, die den Fokus auf | |
Spezialkräfte legt. | |
Frankreich hatte Anfang 2013 in Mali militärisch eingegriffen, um zu | |
verhindern, dass die damals im Norden des Landes herrschenden Islamisten | |
die Macht in der Hauptstadt Bamako übernehmen. Sie zerschlugen die | |
Islamisten und eroberten Nordmali zurück. In Mali fanden freie Wahlen statt | |
und 2014 trat die auf den gezielten Kampf gegen islamistische Terrormilizen | |
in der gesamten Sahelregion ausgerichtete operation „Barkhane“ an die | |
Stelle der Militärintervention. | |
Als Reaktion weiteten auch islamistische Terrorgruppen ihre Aktivitäten auf | |
Niger und Burkina Faso aus, lokale Konflikte in Mali haben sich | |
verselbständigt und intensiviert. Im August 2020 wurde die 2013 gewählte | |
Regierung nach immer heftigeren zivilen Protesten gegen die zunehmende | |
Unsicherheit vom Militär gestürzt. Im Mai 2021 folgte ein erneuter | |
Militärputsch gegen die damals eingesetzte Übergangsregierung, was zum | |
Bruch mit Paris führte. | |
## Antifranzösische Stimmung | |
Ende vergangener Woche setzte Frankreich seine Zusammenarbeit mit Malis | |
Armee aus – eine Reaktion auf die Ernennung des zweimaligen Putschisten | |
Assimi Goita, ein Oberst der malischen Spzialkräfte, zum Präsidenten Malis. | |
Die französischen Militäroperationen in Mali sind seitdem komplett | |
unilateral, was die verbreitete antifranzösische Stimmung im Land weiter | |
anheizt. Nach einer neu veröffentlichten Recherche der Webseite | |
sahelien.com sind französische Soldaten in Mali seit 2018 für den Tod von | |
mindestens 43 Zivilisten verantwortlich, meist durch Luftangriffe. | |
Öffentlich untersucht hat Frankreich keinen einzigen dieser Vorfälle. | |
Auch in Frankreich selbst ist der Sahel-Einsatz, in dem bisher 50 | |
französische Soldaten gefallen oder anderweitig ums Leben gekommen sind | |
sind, zunehmend unbeliebt. Macron hat schon mehrfach angedeutet, vor | |
Frankreichs Wahlen 2022 daraus Konsequenzen ziehen zu wollen. | |
In französischen Berichten ist davon die Rede, dass die ersten | |
französischen Militärbasen im Norden Malis bereits im Herbst schließen | |
könnten. Bis 2023 könnte die französische Militärpräsenz auf 2500 Soldaten | |
heruntergefahren werden. | |
In für Macron typischer Manier kommt die Ankündigung einer „internationalen | |
Allianz“, die an Frankreichs Stelle treten soll, ohne dass es eine | |
entsprechende internationale Konstellation geben würde. Die von fünf | |
Sahelstaaten aufgestellte gemeinsame Eingreiftruppe „G5 Sahel“ existiert | |
weitgehend nur auf dem Papier und ist von Frankreichs Logistik abhängig. | |
Ihr Fortbestand ist in der Schwebe, seit sich die Armee ihres wichtigsten | |
Bestandteils Tschad [2][nach dem Tod des dortigen Langzeitpräsidenten | |
Idriss Déby] an der Front gegen Rebellen auf das eigene Land konzentriert. | |
## Weitere Belastung programmiert | |
Die europäische Spezialkräfte-Operation „Takuba“, die nach Macrons Willen | |
den „Kern“ der neuen Allianz bilden wird und mit gezielten Operationen | |
islamistische Führer ausschalten soll, zählt bisher lediglich 600 Soldaten, | |
die Hälfte davon Franzosen. Dazu kommen 140 Soldaten aus Schweden und sowie | |
einige weitere aus Tschechien und Estland. Weitere Länder, wie Italien und | |
sogar Serbien, haben eine Teilnahme zugesagt, aber nicht konkretisiert. | |
Deutschland nimmt an „Takuba“ nicht teil. | |
Die Konzentration auf Spezialoperationen dürfte die angespannten | |
Beziehungen zwischen Frankreich und Mali weiter belasten. Macron | |
wiederholte, er sei gegen jedwede Verhandlungen mit Malis Dschihadisten: | |
„Kein Dialog, kein Kompromiss“, sagte Frankreichs Präsident. Das sei auch | |
weiterhin die rote Linie für eine eventuelle Wiederaufnahme der | |
militärischen Zusammenarbeit Frankreichs mit Mali. Hinter diese Position | |
hat sich auch die deutsche Bundesregierung gestellt. | |
Unter Politikern in Mali sowie anderen Ländern wie Burkina Faso macht sich | |
hingegen zunehmend eine andere Einsicht breit: Ohne politische Gespräche | |
sind die Konflikte nicht zu lösen. Diese fördern Gewalt und Gegengewalt auf | |
lokaler Ebene und bringen islamistischen Gruppen den Zulauf, der sie in die | |
Lage versetzt, trotz immer neuer erfolgreicher Schläge europäischer | |
Spezialkräfte ihren Kampf weiterzuführen. | |
11 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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