# taz.de -- Tod von Tschads Präsidenten: Der Schicksalsreiter | |
> Nach 30 Jahren an der Macht ist „Marschall“ Idriss Déby an der Front | |
> getötet worden. Er war Frankreichs wichtigster Verbündeter im Kampf gegen | |
> Terror. | |
Bild: Idriss Déby, er war Europas wichtigster Partner beim Kampf gegen Rebelle… | |
BERLIN taz | Als der 38-jährige Rebellenführer Idriss Déby am 2. Dezember | |
1990 in Tschads Hauptstadt N’Djamena einmarschierte und die blutrünstige | |
Diktatur seines Vorgängers Hissène Habré stürzte, wollte er seinem Land | |
„Freiheit“ schenken. „Wir wollten nicht die Macht übernehmen, das Schick… | |
hat uns hergetragen“, behauptete er in einem seiner ersten Interviews. Über | |
dreißig Jahre später ist Marschall Idriss Déby Itno, wie er sich zuletzt | |
offiziell nannte, [1][selbst Rebellen zum Opfer gefallen] – und Tschad ist | |
von Freiheit immer noch genauso weit entfernt. | |
Die [2][tschadischen FACT-Rebellen], durch deren Hand Déby starb, kamen aus | |
Libyen. Die Rebellen, die ihn 1990 zum Präsidenten machten, waren aus Sudan | |
gekommen. Seit Tschad als Staat existiert, 1960 hervorgegangen aus der | |
nördlichsten Provinz des einstigen Französisch-Äquatorialafrika, ist es | |
militärisches Durchmarschgebiet und wird militärisch regiert. Einen | |
zivilen, demokratischen Staat hat es nie gekannt. | |
Dafür ist Tschad der wichtigste Verbündete Europas beim [3][Kampf gegen | |
islamistische Rebellen in der Sahelzone] – ein Kampf, an dem sich auch | |
Deutschland beteiligt. Tschad ist in diesem Krieg bis heute ausschließlich | |
französisches Terrain. | |
Das Hauptquartier der französischen Sahel-Antiterroroperation „Barkhane“ | |
ist der Militärflughafen von N’Djamena, über den schon im Zweiten Weltkrieg | |
US-Nachschubflüge für das „freie Frankreich“ in Europa abgewickelt wurden. | |
Seit der Unabhängigkeit ist er eine der größten ständigen Militärbasen | |
Frankreichs in Afrika, Stationierungsort für Langstreckenbomber und | |
Drehscheibe für Militärinterventionen bis hinunter nach Ruanda. | |
## Hartes Durchgreifen im eigenen Land | |
Déby hielt sich 30 Jahre lang als Präsident Tschads nicht durch die | |
Unterstützung seines Volkes, sondern dank dieser strategischen Rolle seines | |
Landes. Tschadische Kampftruppen gelten heute als die Elite der Sahelzone. | |
Sie haben in Mali und Nigeria entscheidende Schlachten geschlagen und das | |
Land hat auch in den bewaffneten Konflikten seiner Nachbarn wie Sudan und | |
der Zentralafrikanischen Republik mitgemischt. | |
So bescheiden sich der junge Déby gab, so unverzichtbar fand er sich im | |
Alter, und so geschliffen er auf dem diplomatischen Parkett agierte, so | |
hart trat er im eigenen Land auf. „Seit dreißig Jahren kämpfe ich für die | |
nationale Einheit“, sagte er im Wahlkampf für seine Wiederwahl am 11. April | |
– das Endergebnis, ein Sieg mit knapp 80 Prozent bei weitgehend leeren | |
Wahllokalen, hat er jetzt nicht mehr erlebt. | |
Erst im vergangenen Jahr gab er sich selbst den Titel „Marschall“, zum 60. | |
Unabhängigkeitstag seines Landes. „Diese Ehre steht mir dank meiner | |
Verdienste an der Waffe zu“, erklärte er da. Seinen Sohn, der jetzt seine | |
Nachfolge antritt, hatte er schon längst zum Kommandanten seiner | |
Präsidialgarde ernannt, nachdem dieser zuvor Tschads Kontingent in Mali | |
geführt hatte. Ausgebildet sind Vater und Sohn beide natürlich in | |
Frankreich. | |
20 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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