# taz.de -- Regionalwahlen in Frankreich: Rückschlag für Macrons Listen | |
> Die Wahlbeteiligung ist erschreckend niedrig. Doch zugleich bleibt der | |
> erwartete weitere Aufstieg der extremen Rechten aus. | |
Bild: Stimmzettel in einem Wahllokal im nordwestfranzösischen Cucq | |
PARIS taz | Es waren Wahlen in Frankreich, und nur ganz wenige | |
Wahlberechtigte gingen hin. Noch nie ist in Frankreich ein Urnengang auf so | |
wenig Interesse bei den Wahlberechtigten gestoßen. Nur gerade ein Drittel | |
von ihnen gingen wählen. Landesweit 66 Prozent Enthaltung stellen einen | |
historischen Rekord dar. Über die Gründe wird noch diskutiert. Sicher war | |
die Coronapandemie ein Faktor der Angst, da viele Wähler und Wählerinnen | |
noch die problematischen Bedingungen der Gemeindewahlen vor einem Jahr in | |
Erinnerung hatten. | |
Für andere stand die Enttäuschung oder das Desinteresse an der Politik im | |
Vordergrund. Und dann war in Frankreich am Sonntag der Vatertag ein Anlass | |
für Familienbesuche. Wer nicht an der ersten Runde teilnehmen wollte oder | |
konnte, hat am kommenden Sonntag in allen Regionen eine zweite Chance | |
aufgrund der Stichwahlen, zu der grundsätzlich die Listen zugelassen sind, | |
die mehr als 10 Prozent erreicht haben. Die Finalrunde wird daher oft nicht | |
nur von zwei, sondern drei, vier oder gar fünf Listen ausgetragen. | |
Die geringe Beteiligung hat nicht wie von den Experten prophezeit speziell | |
den Extremen genützt. Sie schafft vielmehr eher die besten | |
Ausgangsbedingungen für eine Wiederwahl der bisherigen Vorsitzenden der | |
Regionen. | |
Das rechtsextreme Rassemblement national (RN) von Marine Le Pen, dem ein | |
erneuter starker Vormarsch in den Regionen vorausgesagt wurde, bleibt | |
hinter den Prognosen zurück. So war erwartet worden, dass das RN in sechs | |
Regionen nach der ersten Runde in Führung liegen würde. | |
## Rechtsextreme nur in einer Region auf Platz eins | |
Nur in einer einzigen Region, der Provence-Alpes-Côte d'Azur, kommt nun die | |
Liste des RN-Spitzenkandidaten Thierry Mariani mit rund 35 Prozent auf | |
Platz eins der ersten Runde, und dies ziemlich knapp vor der bürgerlichen | |
Liste von Renaud Muselier von der konservativen Partei Les Républicains | |
(LR). | |
Da Letzterer in der Stichwahl voraussichtlich auf die Unterstützung von | |
Linken und Grünen rechnen kann, schwinden die Chancen der extremen Rechten, | |
diese Region an der Côte d'Azur oder irgendeine andere zu erobern. | |
Auch in den anderen Regionen liegen die RN-Listen zwar oft auf dem zweiten | |
Platz, aber durchweg mit weniger Stimmenanteilen als prophezeit. Es wäre | |
indes verfrüht, deswegen gleich von einer definitiven Niederlage oder vom | |
Ende des Vormarschs der extremen Rechten in Frankreich zu sprechen. | |
Noch in der Wahlnacht wurden in mehreren Regionen Absprachen getroffen, um | |
dem RN jede Chance zu nehmen, doch noch eine Region zu erobern und so | |
Marine Le Pens Ausgangsposition bei den Präsidentschaftswahlen nächstes | |
Jahr zu stärken. | |
## Nur wenig Verschiebungen in zweiter Runde zu erwarten | |
Falls die üblichen Wahlallianzen funktionieren, dürfte es aufgrund der | |
Ausgangslage am nächsten Sonntag insgesamt sehr wenig Verschiebungen geben. | |
Das gilt sowohl für die acht von den Bürgerlichen regierten Regionen wie | |
auch die sechs, die seit 2015 von der Linken verwaltet wurden. | |
Höchstwahrscheinlich bleiben zum Beispiel die Occitanie, die Bretagne oder | |
die Nouvelle-Aquitaine links, während die Normandie, das Elsass und die | |
Hauts de France weiterhin bürgerlich rechts regiert werden. | |
Emmanuel Macrons erst vor fünf Jahren gegründete Partei La République en | |
marche (LREM) ist jetzt aber in den Regionen und Départements in keiner | |
Weise der Rolle einer Regierungspartei gerecht geworden. In den meisten | |
Fällen landeten die LREM-Listen gar auf dem vierten oder fünften Platz und | |
können sich nicht für die Stichwahlen am kommenden Sonntag qualifizieren. | |
Dies wurde am Wahlabend in den meisten Fernsehkommentaren als wichtigstes | |
Merkmal der ersten Runde in den Regionen hervorgehoben. Diese Niederlage | |
ist umso herber für den Staatspräsidenten, als er mehrere | |
Regierungsmitglieder ins Rennen geschickt hatte. | |
## Erfolg für konservativen Herausforderer von Macron | |
Macron hat im Voraus gesagt, er werde aus den lokalen Wahlen keine | |
nationalen Lehren ziehen. Doch wird die Kampagne für seine Wiederwahl nun | |
wegen des schlechten Abschneidens seiner Listen etwas komplizierter. | |
So hat in Nordfrankreich der bisherige konservative Regionspräsident Xavier | |
Bertrand die erste Runde mit mehr als 42 Prozent für sich entschieden. Da | |
er bereits seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen angekündigt hat, | |
wird er damit für Macron zu einem ernstzunehmenden Rivalen. | |
Marine Le Pen war sichtlich enttäuscht vom Ergebnis. Sie ruft ihre Anhänger | |
für die Stichwahlen am Sonntag zu einer Generalmobilmachung auf. | |
21 Jun 2021 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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