# taz.de -- Massaker in Niger: Logik der Gewalt | |
> Der Präsident ist für die Gewalteskalation im Land mitverantwortlich. Er | |
> steht für eine Politik, die in erster Linie auf Militärschläge setzt. | |
Bild: Nigers Präsident Mahamadou Issoufou | |
Peinlicher geht es nicht. Gerade erst hatte Nigers scheidender Präsident | |
Mahamadou Issoufou in seiner Neujahrsansprache seine Bevölkerung | |
versichert, man habe ein „schreckliches Jahr“, geprägt von blutigen | |
Terroranschlägen und der Covid-19-Pandemie, „erhobenen Hauptes“ hinter sich | |
lassen können – da begingen bewaffnete Angreifer das schwerste Massaker an | |
Zivilisten in Niger seit Menschengedenken. | |
[1][Die mindestens 100 Toten vom 2. Januar] werden in Nigers Geschichte | |
eingehen, als düsteres Erbe eines Präsidenten, der sich in seinen zehn | |
Jahren an der Macht wie kaum ein anderer in der afrikanischen Sahel-Region | |
der Logik ausländischer Militärinterventionen gegen den islamistischen | |
Terror verschrieben hat. | |
Niger beherbergt heute Spezialkräfte aus Frankreich, den USA und | |
Deutschland, es bietet eine Basis für Drohnenangriffe, es kommandiert die | |
regionale Antiterrortruppe G5-Sahel, es hat eine Elitetruppe zum Schutz der | |
Grenze zu Nigeria aufgestellt, es hat die Migrationsrouten Richtung Libyen | |
geschlossen. | |
Weil er sich anders als so manche Amtskollegen penibel an Verfassung und | |
Amtszeitbegrenzung hält, ist Präsident Issoufou zum Lieblingspartner | |
Deutschlands geworden – [2][aber seine politische Logik ist ausschließlich | |
militärisch]. In seiner Neujahrsrede lobte er sich selbst: Seit 2010 wurde | |
der Umfang der Streitkräfte verdoppelt, in den nächsten fünf Jahren solle | |
er erneut verdoppelt werden, bis hin zum „endgültigen“ Sieg über den | |
„Feind“. | |
Aber wenn der Feind in der eigenen Bevölkerung sitzt, wie soll ein Staat | |
ihn „endgültig“ besiegen, ohne Krieg gegen die eigene Bevölkerung zu | |
führen? Längst ist die Gewalt in Niger, wie auch in Mali, Burkina Faso und | |
Nigeria, mindestens ebenso eine Folge lokaler Spannungen und der Aufrüstung | |
einzelner Bevölkerungsgruppen gegeneinander wie das Ergebnis | |
terroristischer Angriffe. Wenn Gewalt die Gesellschaft dominiert, kann eine | |
Politik, die in erster Linie auf Militärschläge setzt, sie nur verschärfen, | |
nicht lindern. Mit diesem Dilemma wird sich dann wohl Nigers nächster | |
Präsident auseinandersetzen müssen. | |
3 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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