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# taz.de -- Angriff auf US-Demokratie: Mob stürmt den Weg für Biden frei
> Trotz gewaltsamer Unterbrechung hat der US-Kongress Biden als gewählten
> Präsidenten bestätigt. Der nominiert Merrick Garland als neuen
> Justizminister.
Bild: Die Truhen nach dem Sturm: Stimmzettel werden aus dem Senat getragen
Der Sturm des Trump-Mobs auf das Kongressgebäude in Washington hat am
Mittwoch die Bestätigung von Joe Bidens Wahlsieg im Kongress womöglich
beschleunigt. Ursprünglich war erwartet worden, dass Einsprüche gegen die
Wahlergebnisse in sechs Bundesstaaten die Sitzung bis zu 24 Stunden
verzögern könnten.
Doch trotz fast fünfstündiger Unterbrechung war sie schon gegen halb vier
Uhr morgens Ortszeit zu Ende. Denn unter dem Eindruck der Ereignisse ließen
die republikanischen Widerständler*innen vier der sechs geplanten
Einsprüche fallen.
Damit steht der Amtseinführung des demokratischen Wahlsiegers Joe Biden und
seiner Vizepräsidentin Kamala Harris am 20. Januar nun auch formal nichts
mehr im Weg.
Kurze Zeit später ließ Präsident [1][Donald Trump auf einem fremden
Twitter-Account mitteilen], es werde eine geordnete Amtsübergabe geben.
Sein eigenes Twitterkonto war für 12 Stunden gesperrt worden, nachdem er in
zwei Beiträgen de facto die gewaltsamen Proteste noch angeheizt hatte.
## Neues Impeachment-Verfahren?
Aber nichts ist normal in Washington, darüber konnte auch die demonstrative
Geschäftigkeit nicht hinwegtäuschen, mit der der Kongress nach dem Abzug
der Eindringlinge wieder seine Arbeit aufnahm.
[2][Der TV-Sender CNN und auch andere Medien berichten], in
republikanischen Führungskreisen und im Kabinett werde ernsthaft darüber
nachgedacht, zum ersten Mal in der US-Geschichte vom 25. Verfassungszusatz
Gebrauch zu machen. Der sieht ein Prozedere vor, einen amtsunfähigen
Präsidenten aus dem Amt zu befördern.
Der Vizepräsident und eine Mehrheit der Kabinettsmitglieder müssten ihn für
amtsunfähig erklären. Wenn er dem nicht widerspricht, wird der
Vizepräsident vereidigt. Widersetzt er sich, müssten beide Kammern des
Kongresses mit je zwei Dritteln der Stimmen ebenfalls für die Absetzung
stimmen – ein denkbar unwahrscheinliches Szenario.
Das wird allerdings noch dadurch befeuert, dass andere Gerüchte aus dem
Weißen Haus davon sprechen, Trump habe sich zum Entsetzen seiner
Mitarbeiter offen über den Sturm seiner Anhänger*innen aufs Kapitol
gefreut. Das weckt bei vielen Ängste, ob selbst die verbleibenden knapp
zwei Wochen noch zu viel sind.
Immerhin werden Trumps Kommunikationswege schwieriger. Twitter schloss ihn
für 12 Stunden aus und drohte, ihn gänzlich zu sperren. Das haben Facebook
und Instagram bereits getan: „Auf unbestimmte Zeit“, mindestens aber bis zu
Bidens Amtseinführung, bleibe eine zunächst auf 24 Stunden angesetzte
Sperre bestehen, erklärte Facebookchef Mark Zuckerberg am Donnerstag.
## Biden macht weiter im Text
Unterdessen sind mehrere führende Mitarbeiter*innen der Trump-Regierung
noch in der Nacht zum Donnerstag von ihren Ämtern zurückgetreten – am
prominentesten sein früherer kommissarischer Stabschef Mick Mulvaney.
Seinen Posten als Sondergesandter für Nordirland könne er nicht behalten,
[3][sagte er am Donnerstag bei CNBC]. Andere blieben nur, „weil sie Angst
haben, dass der Präsident jemand Schlimmeren einsetzen könnte“.
Der designierte Präsident Joe Biden, der noch am Mittwoch in einer
dramatischen Fernsehbotschaft Trump aufgefordert hatte, die Gewalt sofort
zu stoppen, wollte am Donnerstag seine Regierungsbildung weiter
voranbringen. Als Justizminister wollte er den Bundesrichter Merrick
Garland nominieren.
Garland, ein weithin anerkannter Richter ohne besonderes politisches
Profil, [4][war 2016 von Barack Obama für den Obersten Gerichtshof
nominiert worden], nachdem der konservative Richter Antonin Scalia im
Februar verstorben war.
Doch die gleichen republikanischen Senator*innen, die im Oktober 2020
im Eilverfahren die konservative Amy Coney Barrett zur Nachfolgerin der
verstorbenen Ruth Bader-Ginsburg machten, verweigerten damals, Garland im
Senat auch nur anzuhören – nur zehn Monate vor einer Präsidentschaftswahl
sei das unanständig. Diesmal werden sie ihn anhören müssen.
7 Jan 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/DanScavino/status/1347103015493361664?s=20
[2] https://edition.cnn.com/politics/live-news/congress-electoral-college-vote-…
[3] https://www.cnbc.com/2021/01/07/mick-mulvaney-resigns-from-trump-administra…
[4] /Vorschlag-fuer-US-Supreme-Court/!5287601
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
US-Wahl 2024
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Kolumne Der rote Faden
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Lesestück Recherche und Reportage
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Schwerpunkt USA unter Donald Trump
USA
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