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# taz.de -- Einschränkungen für Fleischindustrie: Aus für Werkverträge
> Die Koalition will die Ausbeutung in der Fleischbranche eindämmen. Damit
> reagiert sie auf die Corona-Ausbrüche und schlechte Arbeitsbedingungen.
Bild: Die Koalition hat sich geeinigt: Bessere Arbeitsbedingungen in der Fleisc…
Berlin taz | Wenn Tönnies künftig [1][Leiharbeiter] beschäftigen will, so
ist das noch möglich – aber streng reguliert. Deutschlands größter
Fleischkonzern kann ab 2021 maximal 100 Leiharbeiter beschäftigen. Sie
dürfen nicht mehr als 8 Prozent der Stammbelegschaft ausmachen, müssen
genau so bezahlt werden wie Festangestellte und dürfen nur vier Monate lang
bei Tönnies jobben. Und sie dürfen nicht als Schlachter oder bei der
Zerlegung der Tiere arbeiten, sondern nur in der weiteren Verarbeitung. Und
das alles auch nur, wenn Tönnies Tarifverträge hat.
SPD-Fraktionsvize Katja Mast hält diese Einhegung der Branche für „einen
Durchbruch“. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich SPD und Union am
Freitag auf Einschränkungen für die Fleischindustrie geeinigt.
SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hatte nach Corona-Ausbrüchen in
Schlachthöfen und jahrelangen Diskussionen über schlechte
Arbeitsbedingungen in der Branche ein Gesetz vorgelegt, um Leiharbeit und
Werkverträge zu verbieten.
[2][Doch die Union blockierte zunächst]. Für sie griff die [3][Regelung zu
tief in den Markt] ein. Ein Argument: In der Grillsaison brauche die
Branche Flexibilität – und daher Leiharbeit. Diese ist in der
Fleischindustrie, einer Branche mit 45 Milliarden Euro Umsatz im Jahr,
keineswegs die Ausnahme.
„Die Ausbeutung ist zum Geschäftsmodell geworden“, so Heil am Freitag. Das
undurchsichtige System von Sub- und Sub-Subunternehmern werde künftig
verboten, Werkverträge sollen ganz wegfallen. Zudem soll es laut Heil mehr
verbindliche Betriebsprüfungen geben. Die Kontrollen seien extrem wichtig,
betonte auch Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe (CDU).
## Höchststrafe für Unternehmer verdoppelt sich
Die Höchststrafe für Unternehmer, die ihre oft nicht deutschsprachigen
Arbeiter per Arbeitszeitbetrug übervorteilen, steigt von 15.000 auf 30.000
Euro. Außerdem soll es eine digitale, manipulationssichere
Arbeitszeiterfassung geben. Zudem gelten künftig für Sammelunterkünfte von
Saisonarbeitern hygienische Mindeststandards. „Die Fleischlobby, die das
Gesetz verhindern wollte, hat sich zu früh gefreut“, sagte Mast. Die
Tricksereien der Branche, so die Einschätzung der Gewerkschaft NGG, würden
mit dem Gesetz weitgehend verhindert.
Die SPD will das Gesetz noch im Dezember im Bundestag verabschieden. Wenn
der Bundesrat zustimmt, sind Werkverträge in der Fleischindustrie ab Januar
verboten, Leiharbeit ist ab April stark eingeschränkt. In drei Jahren soll
sie in der Branche komplett verboten sein. „Das Arbeitsschutzkontrollgesetz
ist wasserdicht und sorgt für ordentliche Arbeitsverhältnisse“, sagte Heil.
Ausgenommen werden von dem Gesetz Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49
Mitarbeitern.
Damit hat die GroKo nach der Frauenquote in Konzernvorständen und dem
Demokratieförderungsgesetz in kurzer Zeit ein drittes, lange strittiges
Thema abgeräumt. Das Arbeitsschutzkontrollgesetz zur Blaupause für alle
Branchen mit viel Leiharbeit zu machen ist aber offenbar nicht geplant.
27 Nov 2020
## LINKS
[1] /Arbeitsbedingungen-der-Fleischindustrie/!5722671
[2] /Union-gegen-Reform-der-Fleischbranche/!5731669
[3] /Probleme-in-der-Fleischindustrie/!5716027
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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Clemens Tönnies
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