# taz.de -- Kultusministerin zu Schulschließungen: „Die Maske ist das mildes… | |
> Schleswig-Holsteins Kultusministerin Karin Prien will Schulschließungen | |
> verhindern. Sie plädiert für eine Maskenpflicht an Grundschulen in | |
> Hotspots. | |
Bild: Wie lange bleiben die Schulen noch geöffnet? So lange wie möglich, sagt… | |
taz: Frau Prien, die Länder haben auf der Ministerpräsident:innenkonferenz | |
[1][den Vorschlag des Bundes abgelehnt], die Klassen zu halbieren und in | |
Schulen auf das Wechselmodell umzustellen, wie es das Robert-Koch-Institut | |
empfiehlt. Warum eigentlich? | |
Karin Prien: Wir haben nach 14 Tagen eine Zwischenbilanz gezogen, konnten | |
aber die Wirkungen des Teillockdowns noch gar nicht vollständig beurteilen. | |
Es wäre nicht glaubwürdig gewesen, jetzt schon mit Verschärfungen zu | |
arbeiten. In Schleswig-Holstein liegt die Landesinzidenz weit unter 50 | |
Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Die Maßnahmen beginnen also zu | |
wirken. Ich sehe daher überhaupt keinen Grund bei uns, grundsätzliche | |
Änderungen in der Regelbeschulung unter Corona-Bedingungen vorzunehmen. | |
Die GEW hat die Ablehnung des Wechselmodells scharf kritisiert. Das sei | |
verantwortungslos und politisches Abenteurertum. Bringen Sie nicht die | |
Lehrer:innen gegen sich auf, wenn Sie die Schulen unter allen Umständen | |
offen halten wollen? | |
Ich fordere nicht, dass die Schulen auf jeden Fall und unter allen | |
Umständen geöffnet bleiben. Sondern wir müssen uns Gedanken machen, wie wir | |
in Hotspots und bei sehr hohen Inzidenzen zukünftig reagieren. Ich finde es | |
richtig, dass die Kultusministerkonferenz dazu in dieser Woche einen | |
Vorschlag unterbreitet. Wir selber arbeiten in Schleswig-Holstein ebenfalls | |
daran. Natürlich ist unser gemeinsames Ziel die 7-Tage-Inzidenz unter 50 zu | |
drücken. Und wenn uns das gelingt, finde ich es nicht verantwortungsvoll, | |
die Schulen zu schließen oder in den Hybridunterricht zu gehen. | |
Sie selbst sind gegen ein Wechselmodell und haben gesagt, Wechselunterricht | |
sei für kleine Kinder gar keine Alternative. Weshalb? | |
Wir sind nach den Erfahrungen im Frühjahr der festen Überzeugung, dass der | |
Wechselunterricht Kontakt und Rückmeldungen zu den Schülerinnen und | |
Schülern nicht so ermöglicht wie erforderlich. Kinder und Jugendliche | |
brauchen den persönlichen Kontakt zu Lehrkräften und zu ihren | |
Mitschülerinnen und Mitschülern. Das ist nicht zu ersetzen. Für | |
Grundschulen ist das Wechselmodell auch mit Blick auf die Vereinbarkeit von | |
Familie und Beruf nicht machbar. Denn das heißt, dass Schülerinnen und | |
Schüler eine Woche in die Schule gehen und eine Woche zu Hause sind. Das | |
ist ein lebensfremder Vorschlag. Und deshalb ist eine Einschränkung des | |
Präsenzunterrichts, also faktisch eine Teilschließung von Schulen, eine | |
Maßnahme, die man erst dann ergreifen sollte, wenn es keine Alternativen | |
mehr gibt. | |
Welche Alternativen zur teilweisen Schließung von Schulen schlagen Sie vor? | |
Zunächst einmal: Wir haben eine politische und gesellschaftliche | |
Verständigung, dass Bildung absolute Priorität haben muss. Das muss bei | |
allen Überlegungen zum weiteren Umgang mit den Schulen immer berücksichtigt | |
werden. Und das heißt für mich, dass Schulen nicht zuerst, sondern zuletzt | |
schließen. Und dafür haben wir mehrere Instrumente. Wir haben die | |
Möglichkeit, die Maskenpflicht anzuordnen. In Schleswig-Holstein gilt eine | |
landesweite, allgemeine Maskenpflicht auch im Unterricht ab Klasse 5 und | |
auch an den Grundschulen muss nach Landesverordnung ab einer Inzidenz von | |
50 die Maske im Unterricht getragen werden. | |
Das wendet derzeit kein Bundesland in dieser Konsequenz an, da ist also | |
noch eine ganze Menge Spielraum. Dann gibt es die Möglichkeit, die Kohorten | |
strenger einzuteilen. Im Moment finden noch kohortenübergreifende Angebote | |
statt. Bei älteren Schülern, bei den 15- bis 19-jährigen, kann man in | |
Hotspots überlegen, inwieweit man in Hybridunterricht geht. Wobei ich sehr | |
dafür plädiere, bei Abschlussjahrgängen genau hinzuschauen, ob das der | |
richtige Weg ist. Ich glaube es nicht. Wir müssen dabei immer die | |
Bildungsgerechtigkeit im Auge behalten. | |
Ist die konsequente Durchsetzung der Maskenpflicht die Voraussetzung dafür, | |
die Schulen so lange wie möglich offen zu lassen? | |
Das ist der richtige Weg, den wir sehr früh gegangen sind. Die anderen | |
Länder müssen das selbst entscheiden, aber ich bin der festen Überzeugung, | |
dass die Maske das mildeste Mittel ist. Ich würde die Maskenpflicht immer | |
dem Hybridunterricht, einer Teilschließung oder gar dem Distanzunterricht | |
vorziehen. | |
Muss jedes Land tatsächlich selbst entscheiden? Sollte es angesichts der | |
pandemischen Großlage nicht einheitlichere Regeln geben, sowohl zum Tragen | |
von Masken als auch zur Entscheidung, wann Schüler:innen in Quarantäne | |
geschickt werden? | |
Da würde ich Ihnen Recht geben. Es ist wünschenswert, dass die | |
Gesundheitsämter die Quarantäneregeln einheitlich anwenden. Das liegt nicht | |
in der Kompetenz der Kultusministerien. Was die Maskenpflicht anbelangt, | |
glaube ich auch, dass wir in den Hotspots zu einheitlicheren Regelungen | |
kommen müssen. Ich weiß aber, dass das Thema Maskenpflicht in manchen | |
Bundesländern ein politisch hochbrisantes Thema ist. Daher möchte ich | |
meinen Ministerkolleginnen und -kollegen keine guten Ratschläge geben. | |
Nun sind die Länder gefordert bis zu nächsten Ministerkonferenz einen | |
Gegenvorschlag zu den Schulen zu unterbreiten. Wird es angesichts der | |
politischen Brisanz des Themas und des unterschiedlichen | |
Infektionsgeschehens gelingen, einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten? | |
Ich gehe davon aus, dass es einen einheitlichen Vorschlag für die Hotspots | |
geben wird. Außerhalb der Hotspots, werden diese Regeln dann auch nicht zum | |
Tragen kommen. Ein Beispiel: In Schleswig-Holstein hat heute der am | |
stärksten betroffene Kreis eine Inzidenz von 76. In ganz NRW finden Sie nur | |
einen einzigen Kreis, der eine niedrigere Inzidenz hat. Das sind also ganz | |
unterschiedliche Verhältnisse. Ich plädiere für Differenzierung: Nach | |
Altersgruppen, nach Schularten und nach Infektionsgeschehen. Aber die | |
Regeln, was passiert in Hotspots und was passiert, insbesondere wenn es | |
Infektionen an Schulen gibt, die sollte man vereinheitlichen. | |
Was entgegen Sie auf den [2][Vorwurf, dass der Sommer zu wenig genutzt | |
wurde], um die Schulen auf die zweite Corona-Welle vorzubereiten. Hat man | |
in den Schulen und Kultusministerien zu lange Sommerferien gemacht? | |
Der Vorwurf ist nicht nur bösartig, sondern vollkommen absurd. In meinem | |
Ministerium schieben wir zehntausende Überstunden vor uns her. Wir haben | |
den ganzen Sommer intensiv gearbeitet. | |
In einer Woche trifft sich Angela Merkel wieder mit den | |
Ministerpräsident:innen. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es gelingen | |
wird, die Schulen im Präsenzunterricht über den Winter offen zu halten? | |
Mit Sicherheit sagen kann das niemand, aber ich bin zuversichtlich, dass es | |
gelingt, die Schulen weitgehend offen zu halten. | |
17 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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