| # taz.de -- Berliner wehren sich gegen Heimstaden: Heimstaden bekommt Grenzen g… | |
| > Das Ringen um Abwendungsvereinbarungen für 2.200 Wohnungen mit dem | |
| > schwedischen Immobilien-Investor geht in die heiße Phase. | |
| Bild: Mieter protestieren am Alexanderplatz gegen den Verkauf von Häusern an H… | |
| Berlin taz | Tempelhof-Schönebergs Bezirksstadtrat Jörn Oltmann (Grüne) ist | |
| empört. So etwas Dreistes habe er in seinem ganzen Job noch nicht erlebt, | |
| sagt er. Genervt ist Oltmann vom skandinavischen Immobilien-Investor | |
| Heimstaden, weil dieser sich in Verhandlungen mit Bezirk und Senat einfach | |
| nicht auf sozialverträgliche Kriterien verpflichten will. Oltmann sagt: | |
| „Auf der eigenen Homepage gibt Heimstaden an: ‚Ein Zuhause, auf das Sie | |
| sich verlassen können‘ – tatsächlich sind sie gleich null bereit, | |
| bezahlbares Wohnen abzusichern.“ | |
| Der Stadtrat für Stadtentwicklung und Bauen sagt: „Heimstaden bewegt sich | |
| in Verhandlungen einfach überhaupt nicht! Die geben sich als langfristiger | |
| und freundlicher Vermieter, wollen aber nicht im Entferntesten eine | |
| vernünftige Abwendungsvereinbarung unterzeichnen.“ Der Konzern komme Berlin | |
| kein Stück entgegen – Oltmanns Vermutung ist: „Die wollen eiskalt | |
| aufteilen, in Eigentum umwandeln und die Wohnungen möglichst teuer | |
| veräußern.“ | |
| Heimstaden ist derzeit auf Shoppingtour in Berlin. Der Konzern will | |
| stadtweit 130 Häuser erwerben und könnte seinen Bestand jetzt noch einmal | |
| um 3.900 Wohnungen und 208 Gewerbeeinheiten ausbauen. Als Kaufpreis des | |
| Pakets wurden über 800 Millionen Euro kolportiert. Es wäre der wohl größte | |
| Immobiliendeal des Jahres. | |
| 78 der Häuser und damit 2.202 Wohnungen liegen in Milieuschutzgebieten. | |
| Viele der betroffenen Mieter:innen haben sich in Rekordzeit organisiert und | |
| bauen enormen Druck auf, damit Bezirke und Senat das dort greifende | |
| [1][Vorkaufsrecht] durchsetzen. | |
| ## Bezirke haben Mitspracherecht | |
| In diesen sogenannten sozialen Erhaltungsgebieten, die besonders von | |
| Verdrängung betroffen sind, haben die Bezirke ein Mitspracherecht bei | |
| Immobilienverkäufen, um die soziale Mischung der Wohngebiete zu schützen. | |
| Falls sich der Käufer nicht auf sozialverträgliche Kriterien einlässt – in | |
| einer Abwendungsvereinbarung –, kann der Bezirk von einem Vorkaufsrecht | |
| Gebrauch machen. Dafür hat er nach Bekanntwerden der Kaufverträge zwei | |
| Monate Zeit. So hat sich etwa die [2][Deutsche Wohnen im Juli beim Kauf von | |
| 16 Häusern] dazu verpflichtet, von Umwandlung in Eigentum und von | |
| Luxusmodernisierungen für 20 Jahre abzusehen. | |
| Auf Vergleichbares will sich Heimstaden offenbar nicht einlassen. Auf | |
| Presseanfragen der taz hat Heimstaden bislang noch nicht reagiert. Die | |
| nächste Verhandlungsrunde ist am späten Montagnachmittag. Nach | |
| taz-Informationen müssen die Verhandlungen innerhalb dieser Woche | |
| abgeschlossen sein. Kommt es zu keiner einvernehmlichen und akzeptablen | |
| Abwendungsvereinbarung, müssten die Bezirke zugunsten öffentlicher | |
| Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften vorkaufen – oder die Häuser | |
| gehen an Heimstaden. Die Zeit drängt also. | |
| Elf der zum Verkauf stehenden Häuser und damit 259 Wohnungen liegen in | |
| Tempelhof-Schöneberg. Selbst mit der Deutschen Wohnen habe man eine | |
| bezirksübergreifende Abwendungsvereinbarung abgeschlossen, so Oltmann: „Es | |
| kann doch nicht sein, dass Heimstaden hinter diesem Abschluss zurückbleiben | |
| will.“ | |
| ## Angst vor Mieterhöhung | |
| Die jetzt betroffenen Mieter-Initiativen hätten Angst – vor steigenden | |
| Mieten nach Modernisierungsumlagen und Eigenbedarfskündigungen nach | |
| Umwandlung in Eigentum, sagt Oltmann: „Gerade für Menschen mit wenig | |
| Einkommen wäre das angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt eine | |
| Katastrophe.“ | |
| Die Senatsverwaltung für Wohnen (Linke) führt die Verhandlungen am | |
| Montagnachmittag für den Senat, für die Bezirke ist Bezirksstadtrat Jochen | |
| Biedermann (Grüne) aus Neukölln am Tisch. Auch dort sind 27 Häuser | |
| betroffen. Wenn Heimstaden sich nicht bewegt, kann es gut sein, dass die | |
| Bezirke zuschlagen und von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. | |
| Erst vergangenes Wochenende hat der Stadtentwicklungssenator [3][Sebastian | |
| Scheel noch im taz-Interview gesagt], dass dafür trotz Corona genug Mittel | |
| gestellt werden müssten – auch wenn das vorrangige Ziel in solchen Fällen | |
| Abwendungsvereinbarungen seien. | |
| Heimstaden hat das Vorkaufsrecht bereits zu spüren bekommen – erst vor gut | |
| drei Wochen haben [4][Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg von dem Recht | |
| Gebrauch gemacht]. | |
| Oltmann drängt darauf, dass die Bezirke nun wieder zuschlagen, falls | |
| Heimstaden sich erneut nicht bewegt: „Es wird Zeit, Heimstaden die | |
| Instrumente zu zeigen und die Ausübungsbescheide vorzubereiten. Keinesfalls | |
| darf sich Heimstaden mit ihrer Strategie durchsetzen“, so der Stadtrat. | |
| Betroffenen Mieter:innen bietet er an, sie am Montag nach dem Treffen über | |
| sein Büro in einer Videokonferenz zu informieren. | |
| 15 Nov 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Vorkaufsrecht/!t5430677 | |
| [2] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/07/berlin-23haeuser-protest-deuts… | |
| [3] /Berlins-Bausenator-ueber-Mietendeckel/!5728068 | |
| [4] /Vorkaufsrecht-in-Neukoelln-und-Kreuzberg/!5720344 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
| ## TAGS | |
| Immobilienspekulation | |
| Tempelhof-Schöneberg | |
| Milieuschutz | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Vorkaufsrecht | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Wohnungspolitik | |
| Sebastian Scheel | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Spekulation | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Dämpft Corona den Zuzug in die Städte?: Berlin bleibt 'ne pralle Metropole | |
| Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) ist überzeugt: | |
| Die Pandemie wird das Wachstum der Stadt nur kurz bremsen. | |
| Heimstaden akzeptiert Milieuschutz: Gemischte Gefühle nach Abwendung | |
| Die Wohnungsfirma Heimstaden unterzeichnet in Berlin | |
| Abwendungsvereinbarungen für 82 Häuser in Erhaltungsgebieten. Aber 48 | |
| Häuser gehen leer aus. | |
| Vorkaufsrecht und Heimstaden: Welle machen lohnt sich | |
| Investor Heimstaden will sich bei Hauskäufen in Berlin auf ein | |
| langfristiges Aufteilungsverbot einlassen. Das teilte der Konzern der taz | |
| mit. | |
| Bezirk verpatzt Kauf von Haus: Im Kalender verrutscht | |
| Die Taborstraße 3 in Kreuzberg hätte nicht an einen Investor gehen müssen; | |
| die Finanzierung für den Vorkauf stand. Die Mieter*innen sind sauer. | |
| Berlins Bausenator über Mietendeckel: „Dieser Markt gehört reguliert“ | |
| Sebastian Scheel zieht eine positive Bilanz des Deckels: Die meisten | |
| Vermieter halten sich dran, die Mieten sinken. Ein Problem sind | |
| Schattenmieten. | |
| Studie zum Wohnungsmarkt in Berlin: Im Immobilienhimmel | |
| Von wegen gebeutelte Kleinvermieter: Laut der „Wem gehört die Stadt“-Studie | |
| der Rosa-Luxemburg-Stiftung gehört fast halb Berlin Millionären. | |
| Protest gegen Spekulanten: Ruf nach Enteignung | |
| Am Sonntag demonstrierten Mieter*innen gegen die Sanierungspläne des | |
| schwedischen Immobilienkonzerns Heimstaden Bostad in Berlin. |