# taz.de -- Bezirk verpatzt Kauf von Haus: Im Kalender verrutscht | |
> Die Taborstraße 3 in Kreuzberg hätte nicht an einen Investor gehen | |
> müssen; die Finanzierung für den Vorkauf stand. Die Mieter*innen sind | |
> sauer. | |
Bild: Und wieder hat ein Hai zugeschlagen – es hätte nicht passieren müssen… | |
Berlin taz | „Ich bin Nicole, 51 Jahre alt, und wohne mit meiner 9-jährigen | |
Tochter Irmina und meinem Hund Paul seit 2012 im Haus. Ich will und kann | |
hier nicht weg!“ So stellt sich eine Mieterin der Taborstraße 3 in einer | |
Petition vor, die das Bezirksamt in Friedrichshain-Kreuzberg auffordert, | |
für das Mietshaus im Wrangelkiez das Vorverkaufsrecht geltend zu machen. | |
Wochenlang haben die MieterInnen viel Zeit aufgewendet, um einen Käufer zu | |
finden. Sie hatten am 23. September 2020 erfahren, dass die SG Holding | |
GmbH, die dem Wurstfabrikanten Stephan Gmyrek aus dem niedersächsischen | |
Gifhorn gehört, das Haus gekauft hat. Und: Ihre Bemühungen hatten Erfolg. | |
Die Stiftung Umverteilen war gemeinsam mit dem Mietshäusersyndikat zur | |
finanziellen Unterstützung bereit. Am 30. Oktober hatten die MieterInnen | |
alle nötigen Unterlagen an das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg | |
geschickt. Sie waren guter Dinge. Schließlich hatte ihnen das Bezirksamt | |
mitgeteilt, dass die Frist erst am 9. November ausläuft. Es habe schon | |
inoffizielle Glückwünsche aus dem Bezirksamt gegeben, erinnert sich | |
Mieterin Nicole Kieslich. | |
Daher war die Enttäuschung besonders groß, als die HausbewohnerInnen am 8. | |
November erfuhren, dass durch einen Fehler des Bezirksamts die Frist falsch | |
berechnet worden war. Nicht der 9. November, sondern der 2. November wäre | |
der Stichtag gewesen. | |
## Bezirk spricht von „Kommunikationsfehler“ | |
Bezirkssprecherin Sara Lühmann erklärte der taz, dass es sich um einen | |
Kommunikationsfehler zwischen dem Bezirksamt und der für den Vorverkauf | |
zuständigen Gruppe Erhaltungsgebiete handelt. Dieser wurde erst entdeckt, | |
als die Frist schon abgelaufen war. | |
Die MieterInnen der Taborstraße sind wütend. „Du hast alles richtig gemacht | |
und Dich wochenlang aufgeraucht, um zu verhindern, dass Dir Deine Wohnung | |
von einem Investor geklaut wird. Und am Ende erfährst Du, dass alles | |
umsonst war, weil angeblich jemand im Bezirksamt im Kalender verrutscht | |
ist“, zürnt Nicole Kieslich. Mieter Thomas Perzynski rügt im Gespräch mit | |
der taz auch, dass den MieterInnen erst nach fast einer Woche der Fehler | |
mitgeteilt wurde. | |
„Wir haben uns zunächst um eine Lösung bemüht, um dann am Sonntag mit den | |
Mieter*innen zu sprechen“, begründet Sprecherin Lühmann die Verzögerung. | |
Jetzt versucht das Bezirksamt, mit dem Investor einen städtebaulichen | |
Vertrag zum Schutz der MieterInnen auszuhandeln. „Der Käufer hat | |
eingewilligt. Doch die Verhandlungen laufen noch“, so Lühmann. | |
17 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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