# taz.de -- Balkan und Terror in Wien: Scham und Bestürzung | |
> Muslimische Würdenträger verurteilen den Anschlag scharf. Im | |
> nordmazedonischen Heimatdorf des Täters betonen die Bewohner ihre | |
> Friedfertigkeit. | |
Bild: Gedenken: Am Ruprechtsplatz in Wien erinnern Kerzen an die Opfer des Ansc… | |
SARAJEVO taz | Chelopek heißt der Heimatort der Familie des in [1][Wien] | |
getöteten Terroristen Kujtim F. Das Dorf liegt 12 Kilometer südlich der | |
Stadt Tetovo in Nordmazedonien. Als die Nachricht dort eintraf, „schämten | |
wir uns“, sagten Bewohner, die das Nachrichtenportal Klix.ba interviewt | |
hatte. Die Befragten distanzierten sich sofort von der Tat. „Wir sind ein | |
friedliches Dorf.“ | |
Chelopek ist albanisch und muslimisch. Albaner stellen mindestens 25 | |
Prozent der 2 Millionen Einwohner des weitgehend von slawischen | |
Mazedoniern, die orthodoxen Glaubens sind, bewohnten Landes. Anders als die | |
Albaner des Kosovo und die Bewohner Albaniens zeichnet sich die Gegend, in | |
der Chelopek liegt, durch einen sehr konservativen Islam aus, bei dem die | |
Moschee das Zentrum des Dorfes ist. | |
Im Kosovo und in Albanien sind die Albaner dagegen nicht nur Muslime, | |
sondern auch katholische und orthodoxe Christen. Hinzu kommt die liberale | |
muslimische Bektashi-Sekte. Die meisten Albaner in den Nachbarländern sind | |
nicht besonders religiös. Die konservativen Albaner aus Nordmazedonien | |
werden deshalb in Prishtina oder Tirana oft belächelt, auch wenn die | |
Region seit Jahrzehnten über vielfältige Kontakte nach Westeuropa verfügt. | |
So gingen arbeitssuchende Albaner aus Tetovo in den sechziger und siebziger | |
Jahren als Gastarbeiter nach Westberlin, was eine gewisse Modernisierung | |
der Stadt Tetovo zur Folge hatte. In einer zweiten Auswanderungswelle | |
während der Kriege in den 90er Jahren kamen Albaner aus der Region auch | |
nach Wien. Dazu gehören die Eltern des Attentäters. | |
## Moderne Frau | |
Nikolaus Rast, der Anwalt, der [2][Kujtim F]. in dem Verfahren wegen dessen | |
versuchter Einreise nach Syrien vertrat, wird bei klix.ba mit den Worten | |
zitiert, er habe die Verteidigung nur übernommen, weil es sich bei der | |
Mutter um eine moderne westliche Frau gehandelt habe. Sie sei verzweifelt | |
gewesen über die Entwicklung ihres Sohnes, der sich von einem normalen | |
Jungen zu einem Islamisten gewandelt habe. | |
Auch unter den mehr als zehn Millionen Muslimen des Westbalkans– sie leben | |
in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Serbien und Montenegro – hat | |
das Attentat Bestürzung und Ängste ausgelöst. Alle religiösen Führer haben | |
die Tat umgehend verurteilt. | |
Trotzdem versuchen Repräsentanten anderer Volksgruppen die Muslime | |
insgesamt in die Nähe des Terrorismus zu rücken. So benutzte der Kroatische | |
Volksrat in Bosnien die Tat, um den „islamischen Terrorismus“ | |
innenpolitisch gegen die Bosniaken in Bosnien und Herzegowina zu wenden. | |
Das Oberhaupt der bosnischen Muslime Husein Kavazović sagte, man brauche | |
angesichts der Kriege der 90er Jahre keine Belehrung über europäische | |
Werte, und zitierte den Papst, keine Religion sei an sich terroristisch. | |
Der bosnische Historiker Milivoj Bešlin fragt in der bosnischen Zeitschrift | |
Saff, warum Terroristen wie der Norweger Anders Breiveg nicht als | |
„christliche Terroristen“ bezeichnet würden. | |
5 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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