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# taz.de -- Terror in Zeiten von Corona: Schleich di, du Oaschloch!
> Viel besser als mit dieser Wendung kann man den unverwüstlich-sturen
> Geist von Wien schwerlich einfangen. Terror UND Corona – es ist alles zu
> viel.
Bild: Polizisten beim Anti-Terroreinsatz in Wien am Abend des 2. November
Für einen Novemberabend war es am Montag in Wien absurd warm mit knapp
unter zwanzig Grad. Zugleich waren es die allerletzten Stunden vor dem
neuerlichen Lockdown, der um Mitternacht beginnen sollte. Tausende nutzten
die letzten Stunden noch einmal, um in den Gastgärten ein paar Gläser zu
trinken, bevor man sich wieder in wochenlange Isolation begeben muss. Das
allein hatte schon die Anmutung eines „letzten Walzers“ – vor allem
angesichts der explosionsartigen Zunahme der Infektionen in Österreich.
Währenddessen machte sich ein Attentäter – ein 20-jähriger, in Wien
geborener Anhänger des „[1][Islamischen Staats]“ mit
österreichisch-mazedonischer Staatsbürgerschaft – bereit: mit automatischer
Waffe, Unmengen an Munition, einer Sprengstoffgürtel-Attrappe. Auf Feiernde
wurde geschossen, auf Passanten, auf junge Leute, die vor den Kneipen eine
Zigarette rauchten. Die Innenstadt als Kriegs- und Sperrzone. Aus den
anderen Gegenden der Stadt versuchten alle so schnell wie möglich nach
Hause zu kommen. Verlassen Sie Ihre Wohnungen nicht, so der
unmissverständliche Aufruf des Innenministers.
Diese groteske Kombination von [2][Corona] und Terror ist auch eine
Metapher auf unsere Zeit. Das Virus, der Terror – schon eines würde
reichen, eine Gesellschaft und urbane Gemeinschaft einem immensen
Stresstest auszusetzen. Das eine verstärkt das andere: das Grundgefühl,
dass der urbane Raum, dass „da draußen“ ein gefährlicher Ort ist. Und es
addiert sich zu einem Gefühl der Überforderung.
Terror und die [3][dschihadistische Kriegserklärung] gegen eine heterogene
Gesellschaft der Freiheit erregen den spontanen, emotionalen Wunsch,
gemeinsam aufzustehen, ein massives Zeichen zu setzen, sich aber damit als
Gesellschaft auch wechselseitig psychisch zu stützen. In Zeiten der
Ansteckung wird es das aber nicht geben können. Wie schrieb eine Wiener
Journalistin auf Twitter? „Zusammenstehen nach Terroranschlag – isolieren
wegen Lockdown. Es ist alles zu viel.“
Schöne Momente in alldem? Gab es auch. Zwei austrotürkische Jungs stürmten
in Todesverachtung im Kugelhagel in die Gefahrenzone, um einen schwer
verletzten angeschossenen Polizisten zu bergen. Ein Passant rief dem
Attentäter im breitesten Wienerisch nach: „Oaschloch“ oder „Schleich di,…
Oaschloch“ („Hau ab, du Arschloch“). Ganz genau ist das im Video nicht zu
hören, wird aber längst – ob völlig akkurat oder nicht – zur Parole des
Tages in den sozialen Netzwerken. Viel besser kann man den
unverwüstlich-sturen Geist von Wien schwerlich einfangen.
3 Nov 2020
## LINKS
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[3] /Islamistische-Anschlagsserie/!5721076
## AUTOREN
Robert Misik
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Wien
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