| # taz.de -- Parlamentarische Arbeit in Hamburg: Radio aus dem Rathaus? | |
| > Unter Corona leidet auch die Demokratie, denn Fachausschüsse tagen ohne | |
| > Publikum. Eine Lösung wäre ein Radio, wie es Schleswig-Holstein seit 2014 | |
| > hat. | |
| Bild: Eingeführte, universell verfügbare Technologie zur Live-Übertragung vo… | |
| Hamburg taz | Für demokratische Teilhabe gab es schon bessere Zeiten. Zwar | |
| tagen seit Juni die 18 Fachausschüsse in Hamburgs Bürgerschaft wieder | |
| fleißig, doch [1][wegen Corona sind keine Zuschauer erlaubt]. Nur vier von | |
| bislang 55 Terminen gab es als Live-Stream. Hauptbegründung: diese | |
| Video-Übertragung sei teuer und aufwändig. Deshalb wird nur übertragen, was | |
| bereits „auf großes öffentliches Interesse“ stößt, etwa die Anhörung A… | |
| Grotes im Innenausschuss [2][zu seiner privaten Feier]. Die Auswahl trifft | |
| die Präsidentin im Benehmen mit dem Ältestenrat. | |
| Doch es könnte anders gehen. Das zeigt ein Blick nach Schleswig-Holstein. | |
| Im Kieler Landtag sind seit 2014 alle Fachausschusssitzungen im Internet zu | |
| hören. „Mit ParlaRadio sind Sie live dabei“, [3][wirbt der Landtag auf | |
| seiner Homepage] und verweist auf die Termine. Nicht übertragen werden nur | |
| Untersuchungsausschüsse sowie wenige Termine, die nicht in einem der fünf | |
| technisch ausgestatteten Räume Platz finden. | |
| „Wir haben Parla-Radio damals durchgesetzt, weil wir Transparenz wollten“, | |
| sagt Wolfgang Dudda, der bis 2017 Landtagsabgeordneter der Piraten war. Die | |
| anderen Parteien hätten das zunächst nicht gewollt, weil sie unter sich | |
| bleiben wollten. Doch Dudda ist überzeugt: „Die Transparenz hat der | |
| Qualität der Sitzungen gut getan. Die Abgeordneten waren besser vorbereitet | |
| und hatten mehr Mut, ihre eigene Meinung zu sagen.“ Mancher Querkopf der | |
| Fraktionen habe sich hinter den Kulissen bei den Piraten bedankt. | |
| Parla-Radio ist günstig. „Zusätzliche Personalkosten fallen nicht an“, sa… | |
| Landtags-Pressesprecherin Vivien Albers. Für die technische Ausstattung | |
| habe man zwei Soundkarten zur Anbindung an das hausinterne Mediennetz | |
| besorgt. Die kosten nicht viel. Über die Nutzung wird in Kiel eine | |
| anonymisierte Statistik geführt. Die Zuhörerzahl schwanke, „je nach | |
| Aktualität und öffentlichem Interesse“. | |
| ## Für die Hamburger SPD ist ParlaRadio keine Option | |
| Aber auch wenn es mal wenige sind, ist das dort Gesprochene zugänglich. In | |
| Hamburg ist in den Ausschüssen nur die Presse zugelassen. Und | |
| Wortprotokolle sind eher die Ausnahme. Wäre also ParlaRadio die Lösung auch | |
| für Hamburg? | |
| Gar nicht mal abgeneigt scheint Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD): | |
| „Grundsätzlich gibt es die Verständigung, dass Ausschüsse öffentlich tage… | |
| aber nicht übertragen werden“, sagt sie. Doch sollten wegen der Pandemie | |
| auf längere Sicht keine Besucher erlaubt sein, stelle sich in der Tat die | |
| Frage, wie man über die Presse hinaus Interessierten die Möglichkeit biete, | |
| die Sitzungen zu verfolgen, sagt Veit. Da könne „die Audio-Übertragung eine | |
| Option sein“. | |
| Das sieht die SPD-Fraktion anders. „Von einer bloßen Audioübertragung | |
| halten wir nichts“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer Ole Thorben | |
| Buschhüter. Die wäre nicht „barrierefrei“. Besser wäre es, wie bisher im | |
| Ältestenrat zu entscheiden, ob eine Sitzung gleich im Video-Livestream | |
| angeboten wird. Das würde unter anderem „unter Berücksichtigung | |
| schutzwürdiger Belange“ entschieden. Die Regelung habe sich bewährt. | |
| Auch sein Kollege von der CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, bevorzugt | |
| Video-Live-Streams und verspricht, man setze sich für deren Ausweitung ein. | |
| Der Grüne Michael Gwosdz sagt, man müsse mitdenken, dass Audioübertragungen | |
| nicht barrierefrei sind. Dennoch könne man sie abhängig vom Verlauf der | |
| Pandemie „in Erwägung“ ziehen“. Und die Linke will auf die taz-Anfrage h… | |
| in der Fraktionssitzung beraten. | |
| Wolfang Dudda sagt, das Barriere-Argument habe er seinerzeit in Kiel nicht | |
| gehört und es überzeuge ihn nicht: „Nur weil es für eine Gruppe nicht | |
| möglich ist, sollen alle Bürger nicht teilhaben?“ Transparenz dürfe kein | |
| Lippenbekenntnis sein, mahnt der Ex-Parlamentarier. „Denn es ist die beste | |
| Medizin gegen Verschwörungstheorethiker.“ | |
| 2 Nov 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Corona-Folge-fuer-Hamburgs-Buergerschaft/!5719881 | |
| [2] /Bussgeld-gegen-Hamburgs-Innensenator/!5700236 | |
| [3] https://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/parlaradio/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Transparenz | |
| Hamburg | |
| Schleswig-Holstein | |
| Demokratie | |
| Hamburgische Bürgerschaft | |
| Hamburger Bürgerschaft | |
| Piraten | |
| Parlamentarismus | |
| Parlamentarismus | |
| Parlamentarismus | |
| Andy Grote | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Corona-Schutz in Hamburger Bürgerschaft: Pressefreiheit darf nicht leiden | |
| Laut Grundgesetz entscheiden die Medien selber, was sie spannend finden. | |
| Das ist nicht die Aufgabe von Ausschussvorsitzenden oder Präsidentinnen. | |
| Corona-Schutz in Hamburger Bürgerschaft: Parlament bleibt lieber unter sich | |
| In Hamburg tagen Fachausschüsse vermehrt per Videokonferenz. Die Presse hat | |
| nur Zugang, wenn die Gremien ein „öffentliches Interesse“ annehmen. | |
| Corona-Folge für Hamburgs Bürgerschaft: Comeback der Hinterzimmer-Politik | |
| Die Pandemie beschädigt die demokratische Partizipation: Ausschüsse tagen | |
| nicht nur kürzer, sondern meist auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. | |
| Hamburger Innensenator unter Beschuss: Coronaparty noch folgenlos | |
| Das Bußgeld gegen Innnensenator Andy Grote wird seit Wochen geprüft, aber | |
| noch nicht verhängt. Bei anderen Hamburgern geht das schneller. | |
| Hamburger Debatte ums Feierabendparlament: Grüne fordern Vollzeit | |
| Beruf und Abgeordnetenmandat – das lässt sich schwer miteinander | |
| vereinbaren. Deshalb verlässt die grüne Schulpolitikerin Stefanie von Berg | |
| die Bürgerschaft. |