Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Corona-Schutz in Hamburger Bürgerschaft: Parlament bleibt lieber u…
> In Hamburg tagen Fachausschüsse vermehrt per Videokonferenz. Die Presse
> hat nur Zugang, wenn die Gremien ein „öffentliches Interesse“ annehmen.
Bild: Bisher tagen Ausschüsse im Festsaal des Hamburger Rathauses, nun gibt es…
Hamburg taz | Durchaus spannend sind die Punkte, die der Rechtsausschuss
und der Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft auf ihrer nächsten
Tagesordnung haben. Da geht es etwa um Drogenscanner im Gefängnis oder eine
neue Stelle beim Landeskriminalamt gegen Rechtsextremismus. Doch erstmals
wird die Presse zu diesen Terminen nicht zugelassen. Denn sie finden als
Videokonferenzen statt und die sind in Hamburg „nicht öffentlich“.
Grundlage ist eine in zwei Schritten geänderte [1][Geschäftsordnung der
Bürgerschaft]. Ende März – zu Hochzeiten des Lockdowns – wurde zunächst …
Paragraf 57a überhaupt erst mal das Instrument einer Videokonferenz für
„außergewöhnliche Fälle“ eingeführt. Damals ruhte der Parlamentsbetrieb…
kam dies kaum zur Anwendung.
Vergangenen Mittwoch dann verabschiedete die Bürgerschaft [2][eine weitere
Änderung]. Videokonferenzen seien „grundsätzlich“ nicht öffentlich, hei�…
es nun. Nur unter der Voraussetzung, dass die Präsidentin dies im Benehmen
mit dem Ältestenrat „bestimmt“, könnte die Öffentlichkeit Zugang über
elektronische Übermittlungswege erhalten. Diese Änderung soll laut
Präsidentin Carola Veit (SPD) „breitere Transparenz“ bieten. Es entstehen
aber hohe Hürden, wie sich zeigen wird.
[3][Mit dem Europaausschuss] hatte am Dienstagmittag die Videokonferenz
Premiere, am heutigen und am kommenden Donnerstag folgen mit dem Rechts-
und Innenausschuss die nächsten reinen Videotermine. Dazwischen tagen die
drei Ausschüsse für Wissenschaft, Haushalt und öffentliche Unternehmen noch
wie bisher oldschool in echten Sälen, mit Abstand und Plexiglasscheiben.
Hier dürfen Journalisten sich anmelden und dabei sein. Doch
„pandemiebedingt“ soll es künftig häufiger die Videoform geben.
## Ein einzelner Journalist bekommt keinen Zugang
Die taz fragte nun in der Bürgerschaftskanzlei nach, ob die Videotermine
presseöffentlich sind. Antwort von Sprecherin Barbara Ketelhut: Der Zugang
sei per Livestream über die Homepage möglich, und zwar für die Sitzungen,
„bei denen ein öffentliches Interesse anzunehmen ist“. Dazu zähle das The…
Cum-Ex im Haushaltsausschuss. Nötig sei dafür ein Mehrheitsbeschluss der
Obleute im Ausschuss, ein Antrag bei der Präsidentin und besagtes
„Benehmen“ mit dem Ältestenrat – also die Kommunikation von einem guten
Dutzend Personen.
Die taz fragte, ob die Anfrage eines Journalisten oder Bürgers genügt, um
so ein öffentliches Interesse anzunehmen. Antwort: „Die Anfrage eines
einzelnen Pressevertreters oder Bürgers löst noch kein öffentliches
Interesse aus.“ Auf die Frage, an welcher Stelle ein Journalist oder Bürger
sein Interesse kundtun kann und an welcher Stelle Presse und Bevölkerung
auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht werden, heißt es in der
schriftlich gegebenen Antwort nur knapp: „entfällt“.
Es wird hinter den Kulissen dann auch noch um Verständnis geworben, weil
man auch Transparenz wolle, sich aber mitten in der Pandemie befinde. Nur
gehen andere Landesparlamente ganz anders mit dieser Lage um. [4][In
Bremen] haben Journalisten „uneingeschränkt Zugang zu den Plenar- und
Ausschusssitzungen“, teilt Sprecherin Dorothee Krumpipe mit. Jene
Ausschüsse mit hohem Besucherinteresse fänden „nach wie vor in Präsenz“
statt. Für einzelne Sitzungen gebe es Livestreams. Und zu Videokonferenzen
würden Journalisten „nach vorheriger Anmeldung“ zugeschaltet.
In [5][Niedersachsen finden Ausschüsse des Landtages] derzeit zwar ohne
Publikum statt, aber Medienvertreter sind weiter zugelassen. Auch hier
ermöglicht eine im Zuge der Coronapandemie angepasste Geschäftsordnung
„digitale und hybride“ Ausschusssitzungen. Nun können dort immerhin jene
Journalisten, die Mitglied der Landespressekonferenz sind, Zugang erhalten.
In [6][Schleswig-Holstein] steht Öffentlichkeit als „Ausdruck des
Demokratieprinzips“ sogar in der Landesverfassung. Aus dem Kieler Landtag
werden Ausschusssitzungen per Ton [7][über ein Parlamentsradio im Internet
übertragen]. Ausgenommen sind nur Untersuchungsausschüsse.
Eine großzügige Regelung hat das rot-rot-grün-regierte Berlin. Dort werden
seit Ende der parlamentarischen Sommerpause [8][alle Fach- und
Unterausschüsse per Livestream im Netz übertragen] und sind hinterher dort
abrufbar. Laut dem Sprecher Ansgar Hinz lässt das Abgeordnetenhaus die
Streams derzeit noch von einer Firma übertragen, plant dies aber künftig in
Eigenregie zu tun. Die Transparenz ist dem chronisch klammen Berlin
immerhin eine Investition im höheren fünfstelligen Bereich und mindestens
eine zusätzliche Stelle wert.
„Gerade in Coronazeiten ist die Transparenz der parlamentarischen Arbeit
von besonderer Bedeutung“, sagt denn auch Stefan Endter, Geschäftsführer
des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) in Hamburg. Doch diese Erkenntnis
scheine die Bürgerschaft in ihrer Geschäftsordnung nicht umzusetzen.
Die Berichterstattung zur parlamentarischen Arbeit über eine grundsätzlich
nicht öffentliche Videoschalte zu beschränken sei nicht akzeptabel, sagt
der DJV-Mann, zumal die Geschäftsordnung für Präsenzsitzungen in normalen
Zeiten die Öffentlichkeit selbstverständlich vorsieht. Endter: „Der DJV
appelliert an die Bürgerschaft, auch bei Videositzungen die Öffentlichkeit
herzustellen.“
Die Fraktion Die Linke hatte der neuen Geschäftsordnung nicht zugestimmt,
sondern sich enthalten. „Es werden noch mehr Videokonferenzen dazukommen“,
prophezeit Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. Sie unterstütze diese Form
aus Infektionsschutzgründen, fordere aber eine grundsätzliche
Öffentlichkeit auch für die Bevölkerung. „Dass jetzt auch die Presse nicht
dabei ist, geht wirklich gar nicht“, sagt die Abgeordnete. „Da werden wir
noch mal nachhaken.“
19 Nov 2020
## LINKS
[1] http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoc…
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/73356/aenderung_der_gescha…
[3] https://www.hamburgische-buergerschaft.de/termine/
[4] https://www.bremische-buergerschaft.de/index.php?id=110&L=2
[5] https://www.landtag-niedersachsen.de/plenum-ausschuesse-gremien/ausschuesse/
[6] /Parlamentarische-Arbeit-in-Hamburg/!5722327
[7] https://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/parlaradio/
[8] https://www.parlament-berlin.de/C1257B55002AD428/vwContentByKey/W2BP5GS8053…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Parlamentarismus
Schwerpunkt Coronavirus
Transparenz
Hamburg
Demokratie
Hamburgische Bürgerschaft
Hamburger Bürgerschaft
Parlamentarismus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Parlamentarismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Corona-Schutz in Hamburger Bürgerschaft: Pressefreiheit darf nicht leiden
Laut Grundgesetz entscheiden die Medien selber, was sie spannend finden.
Das ist nicht die Aufgabe von Ausschussvorsitzenden oder Präsidentinnen.
Parlamentarische Arbeit in Hamburg: Radio aus dem Rathaus?
Unter Corona leidet auch die Demokratie, denn Fachausschüsse tagen ohne
Publikum. Eine Lösung wäre ein Radio, wie es Schleswig-Holstein seit 2014
hat.
Demokratie in Coronapandemie: Das Parlament muckt auf
Die Parlamente haben bei den Coronamaßnahmen bislang wenig zu sagen.
Abgeordnete schmieden neue Bündnisse für mehr Mitsprache.
Corona-Folge für Hamburgs Bürgerschaft: Comeback der Hinterzimmer-Politik
Die Pandemie beschädigt die demokratische Partizipation: Ausschüsse tagen
nicht nur kürzer, sondern meist auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.