| # taz.de -- Folgen der Coronapandemie: Kultur in der Krise | |
| > Die Veranstaltungs- und Kreativwirtschaft demonstriert in Berlin für mehr | |
| > staatliche Coronahilfen auch für Soloselbstständige. | |
| Bild: Clown auf Abwegen: Hier als Teilnehmer der Großdemo zur Existenznot der … | |
| Wenn Schlagersänger Roland Kaiser das Wort „Betriebsausgaben“ in den Mund | |
| nimmt, weiß man: Die Sache ist ernst. „Wir müssen heute Glanz und Glitter | |
| beiseiteschieben und Tacheles reden“, sagte Kaiser am Mittwoch in Berlin | |
| anlässlich einer Demonstration der Veranstaltungswirtschaft für mehr | |
| staatliche Hilfen für Kreative und Unternehmen, die durch die | |
| Coronapandemie dramatische Umsatzeinbrüche erlitten. „Ich habe Angst um die | |
| Kollegen, mit denen ich zusammenarbeite, um die jungen Künstler“, sagte der | |
| Sänger. | |
| Einige Kollegen wollten sich ganz aus der Branche verabschieden, weil sie | |
| durch die Einschränkungen wegen Corona nichts mehr verdienen, warnte | |
| Kaiser, der selbst nach eigenen Angaben trotz Corona noch gut über die | |
| Runden kommt. | |
| Zur Demonstration in Berlin waren rund 6.000 TeilnehmerInnen angemeldet. | |
| Tausende kamen zu Fuß, eine Lastwagenkolonne mit Hunderten Fahrzeugen | |
| setzte sich in Richtung Brandenburger Tor in Bewegung. Prominente | |
| Unterstützung bekamen die Demonstranten auch von Tote Hosen-Frontmann | |
| Campino und Opernsänger René Kollo. Das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot, der | |
| Hotel- und Gaststättenverband, die Tourismuswirtschaft und weitere | |
| Branchenvertreter hatten zu der Demonstration aufgerufen. | |
| Marcel Fery, Mitinitiator des Aktionsbündnisses #AlarmstufeRot, verwies im | |
| Gespräch mit der taz darauf, dass die Veranstaltungsbranche mit rund einer | |
| Million Beschäftigten die sechstgrößte Wirtschaftsbranche in Deutschland | |
| sei und mit der Absage von Tausenden Events von den Coronamaßnahmen am | |
| stärksten betroffen sei. In seinem Unternehmen sei es zu Umsatzeinbrüchen | |
| von 70 bis 95 Prozent seit Februar gekommen. | |
| ## Forderungen nach Unternehmerlohn | |
| Fery ist im Vorstand der TSE AG tätig, die Bühnentechnik für | |
| Großveranstaltungen liefert und installiert. Jeden Monat habe er Fixkosten | |
| von mehr als 300.000 Euro, darunter Mieten, Leasingraten, Kredite. Durch | |
| die Überbrückungshilfe der Bundesregierung bekomme sein Unternehmen | |
| monatlich maximal 50.000 Euro dieser Fixkosten erstattet. „Diese Hilfen | |
| reichen nicht aus“, sagt Fery. | |
| Das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot fordert die Aufhebung der | |
| 50.000-Euro-Deckelung der staatlichen Hilfen für Betriebe. Das Bündnis | |
| fordert zudem einen fiktiven „Unternehmerlohn“ für in Not geratene | |
| Soloselbstständige. | |
| „Hartz IV zu beantragen kommt für uns nicht infrage, wir sind ja nicht | |
| arbeitslos, wir proben, geben Musikunterricht, aber wir haben eben viel | |
| weniger Einnahmen als sonst und brauchen unsere Rücklagen auf“, sagt Maxi, | |
| Geigerin beim Berliner Swingtrio Red Chucks. Die 38-Jährige und ihre | |
| Bandkollegin Judith, 35, würden einen „Unternehmerlohn“ „begrüßen“ a… | |
| Ausgleich für die wegfallenden Konzerte, Hochzeiten und Messen, durch die | |
| sie sonst ihren Lebensunterhalt hauptsächlich bestreiten. Sie befürchten, | |
| dass angesichts der steigenden Infektionszahlen „wieder stärkere | |
| Einschränkungen kommen, obwohl die Veranstalter ja Hygienekonzepte haben“, | |
| sagt Maxi. | |
| Grünen-Chef Robert Habeck forderte am Mittwoch für die Soloselbstständigen | |
| in der Veranstaltungswirtschaft einen „Unternehmerlohn“ von 1.200 Euro im | |
| Monat, um den Wegfall der Einkommen auszugleichen. Diese Gruppe falle bei | |
| den Hilfen der Bundesregierung bisher durchs Raster, sagte er. | |
| Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat Freiberuflern und | |
| Selbstständigen Hoffnung auf einen „Unternehmerlohn“ gemacht. Darüber mü… | |
| in der Koalition aber noch eine Einigung gefunden werden, hatte er nach | |
| einer Beratung mit Wirtschaftsverbänden in der vergangenen Woche erklärt. | |
| Finanzminister Olaf Scholz (SPD) steht einem „Unternehmerlohn“ angeblich | |
| kritisch gegenüber. | |
| 28 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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