| # taz.de -- Corona-Auflagen in Berlin: Letzte Warnungen vorm Lockdown | |
| > Der Senat diskutiert am Dienstag über schärfere Corona-Auflagen. Eine | |
| > erweiterte Sperrstunde könnte kommen. Schulen kritisieren | |
| > Krisenmanagement. | |
| Bild: Mahnung zur Einhaltung der Maskenpflicht auf der Karl-Marx-Straße | |
| Berlin taz | Kommt der zweite Lockdown, und wenn ja, wie sieht er aus? | |
| Angesichts der [1][weiter steigenden Coronazahlen] drängt | |
| Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) auf schärfere Maßnahmen, um das | |
| öffentliche Leben weiter einzuschränken und so die Ausbreitung des Virus | |
| einzudämmen. Die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 | |
| EinwohnerInnen innerhalb einer Woche, sei am Sonntag erneut gestiegen auf | |
| einen stadtweiten Durchschnittswert von nun 122,7 (Vortag 119,1), sagte | |
| Kalayci am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. Ab einer | |
| Inzidenz von 50 gilt ein Gebiet nach Definition des Robert-Koch-Instituts | |
| als Risikoregion. | |
| Der Senat will am Dienstag Verschärfungen der aktuell geltenden | |
| Coronamaßnahmen bis hin zu einem möglichen [2][neuen Lockdown] beraten. Man | |
| sei dabei, „weitere Schritte, weitere Maßnahmen zu erörtern in einem | |
| Stufenplan“, sagte Kalayci am Montag. „Und je nachdem, wie sich die | |
| epidemiologische Lage in Berlin entwickelt, rechne ich auch mit weiteren | |
| Einschränkungen“, sagte sie. Die Lage sei „sehr ernst“ und die Dynamik | |
| nehme auch nicht ab. | |
| Wie Kalaycis „Stufenplan“ als Diskussionsgrundlage für den Senat konkret | |
| aussieht, blieb am Montag unklar. „Den Beratungen im Senat greifen wir | |
| nicht vor“, sagte ihr Sprecher der taz. Aus der Bildungsverwaltung – auch | |
| Schul- und Kitaschließungen könnte es bei einem neuerlichen Lockdown wieder | |
| geben – hieß es lediglich, man wolle im Vorgriff auf Dienstag „kein | |
| Statement zu einzelnen Szenarien geben“. | |
| Nach Informationen der Berliner Morgenpost plädiert Kalayci für eine | |
| frühere abendliche Sperrstunde – derzeit gilt noch 23 Uhr. Sie spricht sich | |
| außerdem für kleinere Teilnehmerzahlen bei Kultur- und Sportveranstaltungen | |
| sowie eine Ausweitung der Kontaktverbote draußen aus. Aktuell begrenzt das | |
| „Vereinzelungsgebot“ nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr ein privates Treffen auf | |
| fünf Personen – demnächst könnte dies, wie schon im Frühling, den ganzen | |
| Tag über gelten. | |
| Zu einer möglichen [3][Verschärfung der Sperrstunde] wollte sich die | |
| zuständige Wirtschaftsverwaltung nicht äußern. Die Sprecherin von | |
| Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) bestätigte lediglich, dass sie | |
| einen „rechtssicheren Entwurf“ für die Gastronomie erarbeitet habe. Die | |
| Sperrstunde für Gastronomie und Handel gilt seit dem 10. Oktober. | |
| Allerdings haben bereits über 30 Wirte erfolgreich dagegen geklagt und | |
| dürfen nach 23 Uhr offen bleiben, wenn auch keinen Alkohol ausschenken. | |
| ## Schulschließungen explizit vermeiden | |
| In den Schulen ist man indes am Montag einigermaßen besorgt in die erste | |
| Woche nach den Herbstferien gestartet: Auch vonseiten der Schulleitungen | |
| mehren sich Rufe nach Nachbesserungen am aktuellen Krisenmanagement, das | |
| Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verantwortet – und zwar noch bevor | |
| der vor den Ferien beschlossene [4][Stufenplan für die Schulen] überhaupt | |
| in Kraft getreten ist. Das soll eigentlich am Donnerstag so weit sein. Kern | |
| des vierstufigen Szenarios ist, dass Schulschließungen explizit vermieden | |
| werden sollen. Die letzte Stufe „rot“ sieht lediglich einen Wechsel | |
| zwischen Homeschooling und Unterricht mit Abstandsregel in halbierter | |
| Klassenstärke vor. | |
| Daran halte man auch fest, betonte eine Sprecherin von Scheeres am Montag – | |
| und zwar ungeachtet dessen, was im Senat besprochen werden könnte. Scheeres | |
| sei grundsätzlich weiterhin der Überzeugung, „dass aus ihrer Sicht | |
| [5][Schulen und Kitas so lange wie möglich offen bleiben] müssen. Sie sind | |
| nach bisheriger wissenschaftlicher Erkenntnis keine Coronahotspots.“ Die | |
| Zahlen geben ihr da – bisher – auch recht: Von 2.700 Kitas seien Stand | |
| Montag lediglich 36 komplett geschlossen, bei 54 gebe es | |
| „Teilschließungen“. Für Zahlen zu den Schulen sei es nach den Herbstferien | |
| noch zu früh, aber der Start sei „insgesamt gut“ gewesen, so ein Sprecher. | |
| „Der Stufenplan der Bildungsverwaltung ist unvollständig“, kritisierte | |
| indes Ralf Treptow, Schulleiter am Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasium und | |
| Vorsitzender der Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin, | |
| am Montag der taz. Für einen Notbetrieb im Lockdown gebe es kein Szenario. | |
| Zudem müssten die Schulleitungen selbst entscheiden dürfen, wann sie | |
| SchülerInnen und Personal in Quarantäne schicken dürften, betonte Treptow. | |
| Die von Scheeres vorgesehenen wöchentlichen Schalten zwischen Schulaufsicht | |
| und Gesundheitsamt seien viel zu schematisch gedacht, um auf das | |
| Infektionsgeschehen reagieren zu können: „Die Schulleitungen brauchen jetzt | |
| eine Rechtsgrundlage, aufgrund deren sie selbst entscheiden können.“ | |
| Das sieht auch seine Kollegin Gunilla Neukirchen, Schulleiterin am | |
| Lankwitzer Beethoven-Gymnasium und Vorsitzende der Berliner | |
| SchulleiterInnen in der Gewerkschaft GEW, so. Von einem pauschalen | |
| Schul-Lockdown hält sie zwar nichts – auch weil man im Frühjahr gesehen | |
| habe, dass SchülerInnen mit mehr Unterstützungsbedarf besonders darunter | |
| litten. „Aber wir brauchen jetzt klare Richtwerte, ab wie vielen | |
| Coronafällen eine Schule geschlossen werden muss.“ Der Stufenplan von | |
| Scheeres sieht solche Richtwerte nicht vor. | |
| „Es ärgert mich, dass wir jetzt nicht vorsichtiger sind und eventuell | |
| tatsächlich einen Notbetrieb an den Schulen provozieren“, sagt Neukirchen. | |
| Die Schulleitungen müssten schon deshalb selbst entscheiden dürfen, weil | |
| die Gesundheitsämter „die Kontrolle verloren“ hätten und | |
| Kontaktnachverfolgung zum Teil nicht mehr stattfinde, sagt sie. | |
| ## Gastro-Branche: Unnötige Erschwernis | |
| Mit Blick auf die Senatssitzung am Dienstag sieht sich die Gastrobranche | |
| indes als „der falsche Adressat“ für Verschärfungen der Corona-Auflagen, | |
| sagt Tom Zyankali, Inhaber der Kreuzberger Zyankali-Bar und Ansprechpartner | |
| des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga für Bars und Clubs. | |
| Untersuchungen hätten gezeigt, dass „in der Gastro gar nicht so viel | |
| passiert“, was die Infektionszahlen beeinflusse, sagte er der taz. | |
| Die Sperrstunde und deren mögliche Ausweitung sei eine unnötige Erschwernis | |
| für die Branche: „Der Umsatz am Wochenende geht damit so richtig runter“, | |
| sagte Zyankali. Mit seiner Bar etwa mache er nur noch 15 bis 20 Prozent des | |
| normalen Umsatzes. „Ich bin froh, wenn ich in diesem Oktober noch auf 3.000 | |
| Euro Umsatz komme“, sagte er, im Vorjahresmonat seien es rund 18.000 Euro | |
| gewesen. | |
| Angesichts der bundesweiten Verschärfung der Krise rufen zahlreiche | |
| Verbände der Veranstaltungs-, Gastronomie- und Tourismuswirtschaft-Branche | |
| für Mittwoch zur zweiten Großdemonstration nach Berlin. Als Aktionsbündnis | |
| „Alarmstufe Rot“ fordern sie von der Bundesregierung Hilfen, die sich | |
| gezielter an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren. „Die Lage der | |
| vielen Soloselbstständigen und Einzelunternehmer dramatisiert sich | |
| zusehends und bedarf dringend einer Lösung durch die Politik, abseits von | |
| Hartz IV und der Grundsicherung“, erklärte das Bündnis. | |
| 26 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
| Susanne Memarnia | |
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