| # taz.de -- Maskenpflicht auf Straßen in Berlin: Ganz ordentlich | |
| > Am ersten Tag der verschärften Corona-Auflagen auf Einkaufsstraßen musste | |
| > die Polizei kaum einschreiten. Mit der Information hapert es aber noch. | |
| Bild: Deutliche Ansprache am Samstag nahe des Ku'damms | |
| Berlin taz | Wer am Samstagmittag zum Shoppen auf der Wilmersdorfer Straße | |
| mit der U7 anreist, kommt ohne Mund-Nasen-Schutz nicht weit. Gleich oben am | |
| U-Bahnausgang in Richtung der Einkaufsmeile weisen Polizisten | |
| Neuankömmlinge und andere Passant*innen ruhig und freundlich auf die | |
| Maskenpflicht hin, die hier und auf [1][neun weiteren Berliner | |
| Geschäftsstraßen] seit diesem Tag auch draußen gilt. Viel zu tun haben die | |
| vier Ordnungshüter nicht: In der Fußgängerzone scheint die Neuerung | |
| überwiegend bekannt und akzeptiert. | |
| Erst ein paar hundert Meter weiter flaniert ein einzelner junger Mann ohne | |
| Maske. Die Frage nach seinen Gründen versteht er erst auf Englisch und | |
| setzt seinen Mund-Nasen-Schutz dann bereitwillig und schuldbewusst auf: | |
| Sorry, er habe von der Neuerung nichts mitbekommen. | |
| Sie seien dankbar für die Einführung der neuen Draußen-Pflicht, erklärt ein | |
| Seniorenpaar: „Wir fühlen und so besser geschützt.“ Man sei schließlich | |
| Risikogruppe, er und seine Frau seien sonst kaum noch zu Stoßzeiten auf die | |
| belebte Einkaufsstraße gegangen, sagt der Mann. Ein Stückchen weiter kreuzt | |
| ein junges Paar mit Hund, aber ohne Masken die Wilmersdorfer und winkt auf | |
| die Frage, warum, eilig ab: „Wir haben nicht dran gedacht und wollen nur | |
| schnell auf die andere Seite!“ | |
| Ein ähnliches Bild bietet sich am Samstagmittag auf auf der Neuköllner | |
| Karl-Marx-Straße. An Tag eins der neuen Verordnung ist in der ansonsten | |
| immer vollen Einkaufsstraße wenig los, der Corona-Mindestabstand deshalb | |
| gut einzuhalten: Die neue Verpflichtung zum Tragen des Mund-Nase-Schutzes | |
| auf der Straße scheint kaum nötig. Dennoch tragen so gut wie alle | |
| Erwachsenen die Anti-Viren-Bedeckung. | |
| Die wenigen, die ihn nicht tragen, fallen regelrecht auf. Etwa der Bettler | |
| vor Mäc Geiz, der mit monotoner Stimme alle 10 Sekunden um „eine kleine | |
| Spende“ bittet. Oder die drei Senioren, die vor einer Bäckerei bei Kaffee | |
| und Zigarette sitzen. | |
| PolizistInnen, die die Einhaltung der neuen Regeln angeblich überwachen | |
| sollen, sind nirgends zu sehen. „Doch! Die waren eben da“, sagt der | |
| Straßenzeitungsverkäufer am Eingang zu den Neukölln Arkaden. „Zu zehnt | |
| kamen sie aus der U-Bahn und sind da runter“, sagt er und zeigt in Richtung | |
| Rathaus. Dort sitzen auf den Stufen wie immer Einkaufsmüde, die meisten | |
| halten ihr Gesicht ohne Mund-Nasen-Schutz in die Sonne. Aber mit Abstand. | |
| Immerhin. | |
| Wie die Polizei mitteilt, war am Samstag mit einem Großaufgebot auf der | |
| Straße gewesen, um die Einhaltung der verschärften Coronaverordnung zu | |
| kontrollieren: rund 500 Beamte der Berliner Polizei plus 500 | |
| Bundespolizisten waren unterwegs. Beide zogen eine positive Bilanz. | |
| Tagsüber habe man vor allem auf Wochenmärkten, Einkaufsstraßen und in | |
| Grünanlagen die Einhaltung der Infektionsschutzverordnung kontrolliert. | |
| Etwa 80 bis 90 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sowie Gäste hätten | |
| ihren Mund-Nasen-Schutz getragen und sich an die geforderten | |
| Sicherheitsabstände gehalten, hieß es in einer gemeinsamen | |
| Pressemitteilung. | |
| ## Keine Peilung in Kreuzberg | |
| Auf der Kreuzberger Bergmannstraße stellt sich die Lage am Samstag hingegen | |
| etwas anders darf. „Wirklich? Wusste ich gar nicht“, sagen ehrlich | |
| überrascht die meisten Passant*innen, die man auch über den Tag verteilt | |
| nach der neuen Outdoor-Maskenpflicht fragt. Kein Wunder: An der Straße gibt | |
| es keinerlei Hinweise, und nicht jeder studiert die jeweils neuste | |
| Corona-Verordnung im Detail. | |
| Am Freitag zuvor konnte noch nicht einmal das Bezirksamt die Frage | |
| beantworten, ob von der neuen Regel lediglich der belebte Abschnitt der | |
| Kreuzberger Flaniermeile zwischen Mehringdamm und Marheinekeplatz betroffen | |
| ist oder auch der viel weniger frequentierte östliche Teil, der bis zum | |
| Südstern reicht. „Gilt überall, auf der ganzen Straße“, sagt ein Polizist | |
| am Samstag auf Nachfrage. Radfahrende müssten die Maske allerdings nicht | |
| tragen, meint er. | |
| Was zu der leicht absurden Situation führen kann, dass mensch ganz | |
| entspannt zu seinem Lieblingscafé auf der Bergmann radelt und nur für die | |
| zwei Meter zwischen Fahrradständer und Tisch die Maske aufsetzen muss. Denn | |
| für die vielen Sitzplätze auf dem Trottoir gilt die Maskenpflicht natürlich | |
| auch nicht – hier wird ja ganz legal gegessen und getrunken. | |
| So richtig konsequent scheint der Mund-Nase-Schutz nur von den | |
| VerkäuferInnen und KundInnen des kleinen Trödelmarkts auf dem | |
| Marheinekeplatz getragen zu werden. „Ick find et ja richtich. Und wenn de | |
| Leute sich nich dran halten, musstes eben kontrollieren“, sagt ein älterer | |
| Mann zu der Frau hinter einem der Stände, die heftig nickt. „Na, ick jeh | |
| hier einmal ne Runde und dann wieder ruff in meene Bude.“ | |
| Am Rand des Gehwegs steht derweil ein älterer Mann mit einer Plastiktüte in | |
| der Hand steht und uriniert an einen Verteilerkasten. Trotzdem auch für ihn | |
| ein Pluspunkt: Die Maske sitzt. | |
| ## Party mit 600 Besucher*innen aufgelöst | |
| Laut Polizei sei gegen Abend dann erkennbar gewesen, dass die Akzeptanz zum | |
| Tragen des Mund-Nasen-Schutzes sichtbar abnehme. Am Abend kontrollierte sie | |
| vor allem Gaststätten, Bars sowie Grünanlagen vor allem in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Neukölln. Und wurde fündig: So löste | |
| Beamte in der Alten Münze in Mitte eine Fetisch-Party mit etwa 600 Gästen | |
| auf und schickten sie nach Hause. | |
| 25 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alke Wierth | |
| Susanne Memarnia | |
| Claudius Prößer | |
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