# taz.de -- Künstler*innenförderung in der Krise: Stipendien statt Nothilfe | |
> Statt Künstler*innen bloße Nothilfe zu gewähren, bekommen in Bremen bald | |
> bis zu 400 von ihnen ein Stipendium. Das Geld kommt aus dem Bremen-Fonds. | |
Bild: Vielleicht übt sie, vielleicht freut sie sich auch auf ihr Stipendium: T… | |
Bremen taz | Vorhänge bleiben unten, Galerien geschlossen, selbst | |
Kunstpädagogik ist vielfach nicht mehr möglich. Um Kulturschaffenden über | |
die Coronazeit zu helfen, will Bremen Stipendien vergeben – nicht wie bei | |
vielen Stipendienprogrammen nur für herausragende Leistungen, sondern breit | |
verteilt auf hunderte Köpfe. | |
Bis zu 7.000 Euro, das hat der Senat am Dienstag beschlossen, soll es pro | |
Künstler*in geben. Der Senat rechnet mit bis zu 400 Stipendien und will | |
dafür 2,8 Millionen Euro bereitstellen. Die [1][Mittel kommen aus dem | |
Bremen-Fonds]. | |
In Wirklichkeit ist sogar noch etwas mehr Geld zu holen: Neben dem Bremer | |
Stipendium gibt es noch das Bundesprogramm „Neustart Kultur“. Damit diese | |
Mittel abgerufen werden können, müssen zehn Prozent der Fördersumme vom | |
Land kofinanziert werden. Bremen macht das mit 150.000 Euro – [2][1,5 | |
Millionen können die Künstler*innen also aus Berlin für Bremen | |
akquirieren]. | |
Die Logik der Corona-Förderung wird mit dem Stipendienprogramm umgedreht: | |
Es geht weniger darum, die größte Not zu lindern, sondern darum, Geld für | |
neue Projekte zur Verfügung zu stellen. „Wir müssen Perspektiven schaffen�… | |
so Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz. Die Stipendien können beantragt | |
werden, um begonnene Projekte abzuschließen oder neue zu beginnen, um sich | |
künstlerisch fortzubilden oder auch, um neue Formate zu erproben. | |
## Künstler*innen sind zufrieden | |
In der ersten Förderrunde im Frühjahr hatten vor allem Bildende | |
Künstler*innen eher wenig von den ausgeschütteten Mitteln profitiert: Um | |
Geld zu bekommen, mussten sie damals nachweisen, welche Einnahmen ihnen | |
wegfallen. „Musiker können da auf ihre Gagen verweisen. Aber Bildende | |
Künstler wissen nicht, wie viel sie bei einer Vernissage verkauft hätten“, | |
erklärt Carla Frese, Geschäftsführerin des Bremer Künstlerinnenverbands das | |
Problem. | |
„Wir haben festgestellt, dass da unsere Kriterien nicht für alle | |
funktioniert haben“, bestätigt auch Heiner Stahn, Sprecher des | |
Kulturressorts. Entwickelt wurde das neue Programm deshalb gemeinsam mit | |
Künstler*innen, Kultursenator Andreas Bovenschulte (SPD) hat dafür | |
vergangene Woche mit 168 Kulturschaffenden per Video konferiert. | |
Mit den Ergebnissen sind die Künstler*innen recht glücklich: „Wenn man | |
immer nur hofft, durch den Monat zu kommen, kann man nichts mehr schaffen“, | |
sagt Frese. „Jetzt bekommen viele Künstler und Künstlerinnen die | |
Möglichkeit, sich wieder der Produktion zu stellen.“ Und Frederieke Behrens | |
vom Landesverband Freie Darstellende Künste (LAFDK) resümiert: „Bisher sind | |
wir total zufrieden.“ | |
Das „bisher“ ist wichtig: nach dem Senat müssen nun auch noch | |
Kulturdeputation und der Haushalts- und Finanzausschuss das Programm | |
besprechen und beschließen. Details sind dementsprechend noch ungeklärt. | |
Auch wann es losgeht, steht noch nicht fest. „Noch im November“, hofft | |
Emigholz. | |
In den Förderanträgen müssen die Künstler*innen darlegen, was sie mit dem | |
Stipendium anfangen wollen; in welcher Form, das aber weiß man im | |
Kulturressort noch nicht. Wer berücksichtigt wird, das entscheidet keine | |
Preisjury, eingehende Anträge werden aber „durch das Kulturressort | |
kulturfachlich bewertet“, heißt es. | |
## Was heißt eigentlich professionell? | |
Ungewissheiten gibt es auch noch bei der Frage nach der Zielgruppe: | |
„Antragsstellende müssen einer professionellen künstlerischen Betätigung | |
nachgehen“, heißt es in der Mitteilung zum Senatsbeschluss. Doch was heißt | |
professionell? „Ich vermute mal, dass wir das relativ unbürokratisch | |
auslegen werden“, sagt Sprecher Stahn. | |
Das Label könnten dann nicht nur Mitglieder der Künstlersozialkasse und | |
Absolvent*innen von Kunsthochschulen tragen, sondern auch Menschen mit | |
einer, so Stahn, „künstlerischen Biografie“. Klar ist aber: „Wer nur ein | |
bisschen hobbymäßig Kunst macht, ist nicht gemeint.“ | |
Spielraum gibt es also in der Auslegung dessen, wer nun Künstler*in ist. | |
„Wir schauen weiter hin, was aus dem Programm wird“, sagt Frederieke | |
Behrens vom LAFDK, „und werden immerzu prüfen, ob dabei niemand durchs | |
Raster fällt.“ | |
11 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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