# taz.de -- Entscheidung zu strengeren Corona-Regeln: Merkel schlägt Freizeit-… | |
> Ab 13 Uhr debattieren die Ministerpräsident*innen und die Kanzlerin über | |
> schärfere Coronamaßnahmen. Ein Positionspapier aus dem Kanzleramt liegt | |
> der taz vor. | |
Bild: Der Lockdown als letztes Mittel? Kanzlerin Merkel nach einer Telefonschal… | |
BERLIN dpa/taz | Die Bundesregierung will mit Kontaktbeschränkungen noch | |
vor Weihnachten die massiv steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff | |
bekommen. Bundesweit sollen Freizeiteinrichtungen und Gastronomie | |
geschlossen, Unterhaltungsveranstaltungen verboten und Kontakte in der | |
Öffentlichkeit sowie Feiern auf Plätzen und in Wohnungen eingeschränkt | |
werden. „Ohne solche Beschränkungen würde das weitere exponentielle | |
Wachstum der Infiziertenzahlen unweigerlich binnen weniger Wochen zu einer | |
Überforderung des Gesundheitssystems führen“, warnt das Kanzleramt in einem | |
Positionspapier, das der taz vorliegt. | |
Noch sind die Maßnahmen allerdings nur Vorschläge: Heute ab 13 Uhr schaltet | |
sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) per Videokonferenz mit den | |
Ministerpräsidenten zusammen, die über Maßnahmen in ihren jeweiligen | |
Bundesländern entscheiden. Unterschiedliche Regeln in einzelnen Ländern | |
sind, wie bisher, also weiterhin denkbar. Laut Robert-Koch-Institut | |
meldeten die Gesundheitsämter am Mittwoch 14.964 neue Corona-Infektionen, | |
das ist ein neuer Höchstwert. | |
Die Gesamtzahl der Fälle in Deutschland wurde auf der Webseite des RKIs | |
zunächst nicht aktualisiert. Am Dienstag lag sie bei 449.275 Fällen. Die | |
Zahl der Toten wurde auch nicht aktualisiert, sie lag am Dienstag bei | |
10.098 Fällen. | |
Zuletzt sprachen sich auch einige Bremser [1][für schärfere Maßnahmen] aus, | |
etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU). Thüringens | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte allerdings noch am Dienstag | |
der Thüringer Allgemeinen, vor der Veröffentlichung des aktuellen Papiers, | |
einem Beschluss für einen neuen Lockdown werde er aus grundsätzlichen | |
Erwägungen nicht zustimmen. „Wir reden hier von massiven Eingriffen in die | |
Grundrechte“, sagte Ramelow. | |
Die Bundesregierung schlägt vor, dass die neuen Maßnahmen ab 4. November | |
deutschlandweit in Kraft treten und bis Ende des Monats gelten. Nach Ablauf | |
von zwei Wochen sollen Kanzlerin und Länderchefs die erreichten Ziele | |
beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen. „Familien und Freunde | |
sollen sich auch unter Coronabedingungen in der Weihnachtszeit treffen | |
können. Dazu bedarf es jetzt erneut, wie schon im Frühjahr, einer | |
gemeinsamen Anstrengung“, heißt es in dem Papier. Einige geplante Maßnahmen | |
gleichen den Einschränkungen, die es bereits im Frühjahr während der ersten | |
Corona-Welle gegeben hat. | |
## Die geplanten Maßnahmen im Einzelnen | |
Öffentlichkeit, Feiern: Nur noch Angehörige des eigenen und eines weiteren | |
Hausstandes sollen sich gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen. | |
Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen sollen von den Ordnungsbehörden | |
sanktioniert werden. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, | |
in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage | |
inakzeptabel. | |
Schulen und Kindergärten: Diese Einrichtungen sollen offen bleiben. Die | |
Länder sollten aber weitere Schutzmaßnahmen einführen. | |
Einzelhandel: Einzelhandelsgeschäfte sollen unter Auflagen zur Hygiene, zur | |
Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt | |
geöffnet bleiben. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich in den | |
Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 25 Quadratmeter aufhalte. | |
Unterhaltungsveranstaltungen: Theater, Opern oder Konzerthäuser sollen | |
schließen. Dies gilt auch für Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, | |
Spielbanken und Wettannahmeeinrichtungen. Auch Bordelle und andere | |
Prostitutionsstätten sollen geschlossen werden. | |
Sport: Freizeit- und Amateursportbetriebe sollen auf und in allen | |
öffentlichen und privaten Sportanlagen geschlossen werden, ebenso Schwimm- | |
und Spaßbäder sowie Fitnessstudios. Über Spiele der oberen Fußball-Ligen | |
wird in dem Papier nichts Konkretes gesagt. | |
Gastronomie und Hotels: Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche | |
Einrichtungen sollen geschlossen werden. Ausgenommen werden sollen die | |
Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause. Touristische | |
Übernachtungsangebote im Inland sollen untersagt werden. Angebote sollten | |
nur noch für notwendige Zwecke gemacht werden. Die Bürger werden | |
aufgefordert, generell auf private Reisen und auf Verwandtenbesuche zu | |
verzichten. | |
Körperpflege: Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoostudios sollen | |
schließen, medizinisch notwendige Behandlungen wie Physiotherapien aber | |
möglich sein. Friseursalons bleiben – anders als im Frühjahr – aber unter | |
den bestehenden Hygienevorgaben geöffnet. | |
Wirtschaft: Industrie, Handwerk und Mittelstand solle sicheres Arbeiten | |
umfassend ermöglicht werden, heißt es im Entwurf. Die Arbeitgeber müssten | |
ihre Mitarbeiter vor Infektionen schützen. Wo immer umsetzbar soll | |
Heimarbeit ermöglicht werden. | |
Hilfe für Unternehmen: Der Bund will Hilfen verlängern und die Konditionen | |
etwa für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft verbessern. Außerdem soll | |
der Schnellkredit der staatseigenen KfW Bankengruppe für Unternehmen mit | |
weniger als zehn Beschäftigten geöffnet und angepasst werden. | |
Risikogruppen: Für Kranke, Pflegebedürftige, Senioren und Behinderte solle | |
es zügig und prioritär Coronaschnelltests geben. Der besondere Schutz in | |
diesem Bereich dürfe aber nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation | |
führen. | |
Kontrollen: Zur Einhaltung der Maßnahmen sollen flächendeckend die | |
Kontrollen verstärkt werden. Zudem sollen Bund und Länder Bürgerinnen und | |
Bürger verstärkt über die Coronamaßnahmen informieren „und durch möglich… | |
einheitliche Maßnahmen die Übersichtlichkeit erhöhen“, heißt es in dem | |
Papier. | |
## Bisherige Reaktionen und Stimmen | |
FDP-Partei- und -Fraktionschef Christian Lindner twitterte, die Kanzlerin | |
wolle „unter anderem die Gastronomie komplett stilllegen. Das hielte ich | |
für unnötig und deshalb auch für verfassungswidrig.“ SPD-Chef Norbert | |
Walter-Borjans signalisierte Zustimmung, der Präsident des Bundesverband | |
mittelständische Wirtschaft Mario Ohoven warnte vor einem „Todesstoß“ für | |
zehntausende Unternehmen. | |
28 Oct 2020 | |
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