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# taz.de -- Angebliche Clankriminalität in Hamburg: Shishabars aufm Kieker
> In Shishabars wird derzeit besonders intensiv die Einhaltung der
> Coronamaßnahmen überprüft. Die CDU will noch mehr Razzien.
Bild: Angeblicher Hort von Kriminellen: Shishabars
Hamburg taz | Es ist Nachmittag. Chanupa Fuat sitzt am Fenster seiner
Shishabar in Altona. Seit dem Mittag hat das Lokal geöffnet. Einige wenige
Gäste sitzen auf einem der ledernen Sofas. Fuat ist genervt. „Geht das
schon wieder los?“, fragt er. [1][Schon die Coronamaßnahmen seien hart
gewesen], die dazugehörigen Kontrollen ebenfalls. Klar, wie überall anders
gebe es auch in seiner Branche schwarze Schafe. „Aber mit solchen Maßnahmen
[2][werden wir diskriminiert]“, sagt Fuat.
Öffentlichkeitswirksam kontrolliert die Polizei gemeinsam mit der
Gesundheitsbehörde und den Bezirksämtern derzeit Bars, Klubs und Kneipen.
Teils Hunderte Beamt*innen sind dabei im Einsatz, um die Einhaltung der
Coronaregeln zu überprüfen. Immer besonders im Blickpunkt: Shishabars.
Die CDU meint nun, dass in diesen Lokalitäten auch vermehrt wegen der
sogenannten Clankriminalität Razzien durchgeführt werden sollten. „Wenn die
Polizei gemeinsam mit anderen Behörden im Verbund die Coronamaßnahmen
kontrollieren kann, muss das erst recht bei Kriminalität geschehen“, sagt
der Bürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator.
Als Vorbild führt er Nordrhein-Westfalen an. Dort wird [3][unter
Innenminister Herbert Reul (CDU)] die „Politik der tausend Nadelstiche“
betrieben. „So können illegale Strukturen aufgedeckt und
Parallelgesellschaften verhindert werden“, sagt Gladiator.
## Viele Razzien, kaum Verstöße
Die Innenbehörde will die Forderungen nicht kommentieren und verweist auf
bisherige Einschätzungen der Polizei. Demnach ist die Clankriminalität, so
lässt sich herauslesen, in der Hansestadt überschaubar.
Thomas Feltes, Kriminologe an der Bochumer Ruhr-Universität, hält von
Aktionismus à la Reul wenig. „Man will ganz offensichtlich Menschen, denen
man [4][unterstellt, eine Gefahr für unsere Gesellschaft zu sein], aber
denen man Straftaten nicht oder nur schwer nachweisen kann, das Leben so
schwer wie möglich machen“, sagt Feltes.
So hätten die vielen Razzien in Nordrhein-Westfalen wegen äußerst geringer
festgestellter Verstöße kaum die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen
gerechtfertigt. Auch Bar-Betreiber Fuat hält den ständigen Fokus auf
Shishabars als angebliche Orte kriminellen Handelns für nicht
gerechtfertigt.
Für Feltes ist unverständlich, warum die Betreiber wegen möglicher
krimineller Handlungen ihrer Gäste leiden sollten. „Man käme wohl kaum auf
die Idee, bei einer Razzia in einem Edelrestaurant den Fund von etwas
Kokain bei einem Gast dem Betreibenden der Lokalität zuzurechnen“, sagt
Feltes.
## Auch andere Kneipen beklagen „Razzien-Stil“
Schon die Kontrollen in der Gastronomie sind umstritten. Das Hamburger
Barkombinat, in dem sich vor allem Kneipen aus St. Pauli und der
Sternschanze zusammengeschlossen haben, beklagt überambitionierte
Kontrollen. „Den Razzien-Stil, in dem die Kontrollen von Behörden, Politik
und Polizei durchgeführt wurden, finden wir hochproblematisch“, heißt es in
einer Mitteilung.
Dabei ist zumindest fraglich, ob einzelne bekannt gewordene Verstöße gegen
Coronaregeln überhaupt ein realistisches Bild über deren Einhaltung in
Shishabars abgeben. Am Mittwochabend erst wurden insgesamt 22 Shishabars
überprüft. Eine Bar wurde wegen zu hoher Kohlenmonoxidwerte im Raum
vorübergehend geschlossen. Nach Angaben des Lagedienstes wurden allerdings
keine nennenswerten Verstöße gegen die Eindämmungsverordnung festgestellt.
15 Oct 2020
## LINKS
[1] /Shisha-Verbot-in-Hamburger-Bars/!5698086/
[2] /Kulturwissenschaftlerin-ueber-Shisha-Bars/!5564000/
[3] /Ein-Streitgespraech-ueber-Rechtsextremismus/!5716986&s=feltes/
[4] https://link.springer.com/article/10.1007/s12054-020-00332-0?wt_mc=Internal…
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Gastronomie
Kontrolle
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Schwerpunkt Coronavirus
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Organisierte Kriminalität
Franziska Giffey
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Rechtsextremismus
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