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# taz.de -- Shisha-Verbot in Hamburger Bars: Großstadt ganz schön unlocker
> Hamburger Shishabar-Betreiber*innen fühlen sich diskriminiert: In
> Schleswig-Holstein dürfen die Pfeifen längst wieder dampfen.
Bild: Bild aus fernen Zeiten? Eine Wasserpfeife im Schaufenster einer Hamburger…
Hamburg taz | Mit einer gewissen Hoffnung hatte der Hamburger Ehssan
Qalaenawi in die Zukunft geblickt. Der Hoffnung, dass die Welle der
Coronalockerungen nun endlich die [1][Shishabars] erreichen würde, also
auch ihn und seine „Avenue 95“. Nach der mehrstündigen Pressekonferenz am
30. Juni war jedoch klar: Die Nutzung von Shishas und anderen Wasserpfeifen
bleibt in Hamburger Gaststätten weiterhin untersagt.
Schon vor dieser Enttäuschung hatten mehrere Betreiber*innen erklärt, sich
die Ungleichbehandlung nicht länger bieten lassen zu wollen: Normale Bars
können in Hamburg seit einer Weile wieder öffnen, wenn auch nur unter
Auflagen. Im benachbarten Schleswig Holstein dürfen auch längst wieder
Shishas an die Gäste verliehen werden. Wenn aber niemand aus der Hamburger
Politik sich um ihre Belange kümmert, müssen die Betreiber*innen der
dortigen Etablissements sich eben Gehör verschaffen: So sieht es Chanupa
Fuat, der selbst die „Chanupa Shisha Bar & Cocktail Lounge“ in
Hamburg-Altona betreibt – und eine [2][Petition für die Gleichberechtigung
der Hamburger Shishabars] initiiert hat.
Die seit Mitte Juni laufende Petition, die – Stand Mittwochnachmittag –
bisher 244 Unterstützer*innen fand, solle auf die spürbare Diskriminierung
der Branche aufmerksam machen, so Fuat. Denn diskriminiert fühlen sich die
Betreiber*innen von 65 Shishabars in Hamburg. Woher genau das Verbot für
diese Lokalitäten rührt, kann dabei nicht einmal die örtliche Behörde für
Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration erklären. Auf
taz-Anfrage verweist Behördensprecher Martin Helfrich vage auf die
intensive Zirkulation von Atemluft, die unter Umständen zwischen
verschiedenen Nutzer*innen ausgetauscht würde. Dieser Zirkulation sei durch
den Zusatz von Wasserdampf möglicherweise noch eine verstärktes
Infektionsgefahr beizumessen.
Auf die Frage, ob zu dieser möglicherweise größeren Gefahr
Forschungsergebnisse existieren – keine Antwort. Auch zu weiteren Aspekten
schweigt man sich aus. Etwa zur Frage, warum es den Gästen einer Shishabar
nicht zuzutrauen sein soll, sich an coronabedingte Verhaltensregeln zu
halten. Die Betreiber*innen können sich vorstellen, dass Vorurteile
dahinterstecken könnten. Die Branche stehe „sowieso unter extremen Druck“,
sagt Fuat, die Worte [3][Shishabar und Kriminalität] fielen heutzutage
stets in einem Atemzug.
Gerade mal 18 Kilometer liegen zwischen den zwei Bars von Omid Wardak: Die
eine liegt im schleswig-holsteinischen Geesthacht – und läuft seit Mitte
Juni wieder auf Hochtouren. Für die andere, in Hamburg Allermöhe, ist nicht
einmal in Sicht, wann dort wieder Pfeifen verliehen werden können. Was
offenbar auch manche Hamburger*innen nicht einsehen wollen. Er wisse aus
Gesprächen mit Gästen, so Wardak, dass sie sogar Fahrtwege von bis zu 40
Kilometern auf sich nähmen, um in Geesthacht Pfeife zu rauchen.
In Schleswig-Holstein scheint das Hygienekonzept überzeugt zu haben, das
Wardak in Eigeninitiative ausgearbeitet hat. In Hamburg dagegen kamen
Qalaenawi, Fuat und Wardak damit nicht weit. Auf die Frage, ob die
Hamburger Behörden sich das Konzept der drei befreundeten Betreiber
angesehen hätten, schütteln diese die Köpfe.
Dabei ist darin an vieles gedacht: Der einmal eingenommene Platz
beziehungsweise Tisch darf nicht gewechselt werden, die Kontakte zum
Personal sind aufs Nötigste reduziert. Der Aufenthalt auf den Toiletten ist
jeweils nur für eine Person zulässig, der Konsum von Alkohol nur in
angemessenem Umfang gestattet.
Die Kund*innen kommen Qalaenawi zufolge vor allem zum Rauchen. Wenn er aber
keine Pfeifen anbieten könne: Warum sollten sie dann ihre Cola nicht zu
Hause trinken? Er spricht von 70 Prozent Gewinneinbruch, obwohl er seine
Hamburger Bar täglich öffnet. Und er verweist auf die beträchtlichen
Schulden, die für die Betreiber*innen entstanden sein werden, wenn sich die
Lage irgendwann normalisieren sollte.
Besuch nur mit einer Reservierung: Wegen dieses schon lange vor Corona,
nämlich seit Jahren angewendeten Prinzips wären Shishabars mindestens so
gut darauf eingestellt, etwaige Infektionsketten zu verfolgen. Und anders
als etwa die Kneipen und Clubs im Hamburger Schanzenviertel – wo wiederholt
die Polizei die Regeln durchsetzte – sieht Qalaenawi Shisha-Bars als Orte,
an denen sich die Menschen viel besser unter Kontrolle halten und sich die
Hygiene gewährleisten ließen.
Gut 100 Wasserpfeifen stehen in Omid Wardaks „S.A.X. Bar“ in
Hamburg-Allermöhe im Lager herum. „Damit könnten wir ganz leicht
gewährleisten, dass jeder seine eigene Pfeife bekommt“, sagt er. Und gerade
einmal 40 Cent je Stück würden ihn Einmalschläuche kosten. In eine
hochwertige Belüftungsanlage sei schon viel Geld investiert worden und
natürlich ließen sich Pfeifen auch nach draußen bringen. Hat Hamburg je
erwogen, das Shisha-Rauchen wenigstens auf der Terrasse zu erlauben?
Unklar. Umso mehr muss die Lage den betroffenen Unternehmer*innen als
Schikane vorkommen.
9 Jul 2020
## LINKS
[1] /Kulturwissenschaftlerin-ueber-Shisha-Bars/!5564000
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/gleichberechtigung-und-eroeffnu…
[3] /Organisierte-Kriminalitaet/!5563374
## AUTOREN
Laura Strübbe
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