Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Marsch für das Leben“ in Berlin: Luftballons gegen Selbstbest…
> Abtreibungsgegner*innen trafen sich in Berlin um „für das Leben“ zu
> marschieren. Parallel demonstrierten Tausende für reproduktive Rechte.
Bild: Eine Abtreibungsgegnerin sorgt sich um künftigen Kindermangel
Berlin taz | Kleiner als geplant und dann auch noch gestört: So verlief der
[1][„Marsch für das Leben“] der radikalen Abtreibungsgegner*innen am
Samstag in Berlin. Deutschlandweit hatte der Bundesverband Lebensrecht am
Samstag nach Berlin mobilisiert, um vor dem Brandenburger Tor gegen
Schwangerschaftsabbrüche zu demonstrieren.
Nicht die erwarteten 5.000 Abtreibungsgegner*innen, sondern nur eine Zahl
„im unteren vierstelligen Bereich“ fand sich laut Polizei auf der
Demonstration ein. Immer wieder wurde es dabei laut: Nach Angaben von
Pro-Choice-Aktivist*innen gingen mehrere tausend Menschen zeitgleich für
die Streichung des [2][Paragraphen 218] aus dem Strafgesetzbuch auf die
Straße und standen mit unüberhörbaren Sprechchören für reproduktive Rechte
ein.
Die Abtreibungsgegner*innen sammelten sich zunächst am Brandenburger Tor.
Luftballons stiegen auf, Schilder mit Slogans wie „Selbsttötung verhindern,
nicht töten“, „Abtreibung ist keine Lösung“ und „All lives matter“ …
in die Höhe gehalten.
Unter großem Applaus verlasen Verbandsvertreter*innen dessen Forderungen,
darunter die „Wahrung des Lebensrechts von der Zeugung an“ und ein Ende des
assistierten Suizids, bevor sich der „Marsch für das Leben“ in Bewegung
setzte.
## Auch Philipp Amthor unter den „Lebensschützern“
Wie in den vergangenen Jahren gab es für den „Marsch für das Leben“
prominente Unterstützung aus CDU und CSU. Zu seinen Fürsprechern gehören
der [3][Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor] sowie der stellvertretende
Vorsitzende der Werteunion Thomas Jahn.
Auf der Kundgebung waren auch mehrere dutzend Vertreter*innen der „Christen
in der AfD“. „Wir stehen uneingeschränkt hinter den Forderungen des
Bundesverbands Lebensrecht“, erklärte ein AfD-Mitglied aus dem Ortsverband
Freiburg, der seinen Namen nicht preisgeben will.
„My body, my choice, raise your voice“, schallte es von der anderen Seite
des Brandenburger Tors hinüber. Denn die Abtreibungsgegner*innen waren an
diesem Samstag nicht allein in Berlin-Mitte. Das [4][Bündnis für sexuelle
Selbstbestimmung], dem unter anderem Gewerkschaften, Beratungsstellen,
feministische Initiativen, Grüne und Linke angehören, hatte auf den
nahegelegenen Pariser Platz eingeladen. Unter dem Motto
„Leben-lieben-selbstbestimmt“ rief das Bündnis zur Kundgebung für
reproduktive Rechte auf.
Laut Bündnisangaben verweigerte die Polizei zahlreichen Unterstützer*innen
den Zugang zur Kundgebung. Dennoch gelang es laut Veranstalter*innen 1.000
Menschen, sich vor dem Brandenburger Tor zu versammeln.
„Es geht uns um Selbstbestimmung über unsere Körper und unser Geschlecht“,
rief dessen Sprecherin Silke Stöckle bei der Auftaktkundgebung, und
ergänzte: „Wir streiten dabei nicht nur für die Entkriminalisierung von
Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch gegen Diskriminierung von trans,
inter- und nichtbinären Personen. Wir wollen selbst über unsere Körper
entscheiden, über unsere Uteri und über unsere Geschlechtsidentität.“
In diesem Jahr hat sich das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung für eine
„stationäre“ Kundgebung entschieden, um das Ansteckungsrisiko zu
verringern. Auf ihrem Weg durch die Straßen von Berlin-Mitte stießen die
Abtreibungsgegner*innen dennoch immer wieder auf Gegenprotest. Den hatte
das queerfeministische Bündnis „What the Fuck“ initiiert.
Um der besonderen Situation durch die Corona-Pandemie Rechnung zu tragen,
hatten sich die Aktivist*innen ein ausgefeiltes Protest-Konzept überlegt.
Auf einer dezentralen „Pro Choice Rallye“ konnten sich die
Demonstrant*innen zwischen sechs themenspezifischen Kundgebungen quer durch
Berlin-Mitte bewegen.
„Hier ist auf jeden Fall einiges los“, erklärte Pressesprecherin Lili
Kramer. Gerade sei der Marsch an einer der sechs Kundgebungen
vorbeigelaufen. „Wir waren ziemlich nah dran und haben sie ganz ordentlich
beschallt – die waren auf jeden Fall genervt!“, resümierte sie. Im
Vergleich zum Vorjahr werde der „Marsch für das Leben“ jedoch noch stärker
von den Gegenprotesten abgeschirmt. „Es wird massiv versucht, den
Gegenprotest zu separieren und uns von den Abtreibungsgegener*innen
fernzuhalten“, ergänzte Franka Schreiber. „Man fragt sich, zu welchem Preis
deren Marsch durchgeboxt wird“.
## Grußworte vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, [5][Georg Bätzing],
sendete ein Grußwort und dankte darin dem Bundesverband Lebensrecht für
sein ungebrochenes Engagement für den Lebensschutz. Anders sah es an der
katholischen Basis aus. Andrea Voß-Frick engagiert sich bei der Initiative
Maria 2.0. „Wir stehen für eine Kirche, in der jeder Mensch, auch mit
seinen Nöten, Ängsten und Verwerfungen angenommen, willkommen und getragen
ist“, erklärte sie.
„Eine Kirche, die Frauen aus der Gemeinschaft ausschließt, die aus welchen
Notlagen heraus auch immer eine schwerwiegende Entscheidung zum
Schwangerschaftsabbruch treffen und tragen müssen, erscheint mir in hohem
Maße unmenschlich und unchristlich.“
Bis zum Redaktionsschluss war die EKD nicht für eine Stellungnahme zu
erreichen. Deutlich positionierte sich die evangelische Landeskirche
Berlin-Brandenburg/schlesische Oberlausitz: Bereits 2014 hatte sie
entschieden, den Bundesverband Lebensrecht nicht zu unterstützen, so die
Nachrichtenagentur epd.
19 Sep 2020
## LINKS
[1] /Marsch-fuer-das-Leben/!5714484
[2] /Paragraf-218/!t5437648
[3] /Verfahren-gegen-CDU-Politiker-eingestellt/!5700686
[4] /Sexuelle-Selbstbestimmung/!5627847
[5] /Neuer-Limburger-Bischof-ernannt/!5315473
## AUTOREN
Franziska Schindler
## TAGS
Schwerpunkt „Marsch für das Leben“
Abtreibungsgegner
Paragraf 218
sexuelle Selbstbestimmung
Demonstration
Gegendemonstration
IG
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
IG
Schwerpunkt „Marsch für das Leben“
IG
Schwerpunkt Abtreibung
Schwerpunkt „Marsch für das Leben“
taz Plan
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
## ARTIKEL ZUM THEMA
Frauenrechte in Deutschland: Paragraf 218-Kommission verzögert
Eigentlich sollte im Bundestag längst eine Kommission darüber diskutieren,
ob der Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden kann.
Aktivist:innen über „Marsch für das Leben“: „Wir stehen auf bessere Arg…
Samstag marschieren wieder Abtreibungsgegner:innen durch Berlin. Das
What-the-Fuck-Bündnis organisiert ungemütliche Gegenproteste.
Abtreibungsgegner in München: Reaktionär trifft feministisch
Christliche FundamentalistInnen und Rechte demonstrieren beim ersten
Münchener „Marsch fürs Leben“ gegen Abtreibungen. Aber es gibt auch
Gegenprotest.
„Marsch für das Leben“ 2019: Vorwurf: Feminismus
Gegen 116 Aktivist:innen wird ermittelt. Sie stoppten den „Marsch fürs
Leben“ 2019 vorübergehend. Brisant: die Rolle eines AfD-nahen
Staatsanwalts.
Sexualkundeunterricht in Bayern: Körper unter Kontrolle
An bayerischen Schulen sollen Aktionstage gegen Abtreibungen stattfinden.
Vorangetrieben wurde das von rechten Kreisen.
„Marsch für das Leben“: Gegner*innen machen mobil
Am Samstag wollen in Berlin Fundamentalist*innen gegen
Schwangerschaftsabbrüche demonstrieren. Widerstand ist angekündigt.
Protest gegen Abtreibungsgegner: Für das Recht auf Selbstbestimmung
Zum Aktionstag gegen die Demo von Abtreibungsgegnern am Sonnabend in Berlin
wird in mehreren Veranstaltungen über sexuelle Gewalt diskutiert.
Anti-Abtreibungskundgebung in USA: „Beschützer“ Trump
Bei einer Kundgebung des „March for Life“ gegen Abtreibung nahm zum ersten
Mal ein US-Präsident teil. Jedes Kind sei eine „heilige Gabe Gottes“, sagte
er.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.