| # taz.de -- Serie über die deutsch-deutsche Grenze: Grenze des Widerstands | |
| > Einst entwickelte sich das Wendland zum Hort des Kampfs gegen die | |
| > Atomkraft. Heute leben linke Aktivisten aus dem Westen auch östlich in | |
| > der Altmark. | |
| Bild: Dieter Schaarschmidt | |
| Ihr Endlager für Atommüll plante die alte Bundesrepublik einst so, dass es | |
| bei einem Unfall den größten Schaden im Nachbarland gegeben hätte: in der | |
| DDR. In Gorleben im niedersächsischen Wendland sollte ein ganzer | |
| Ensorgungspark entstehen. Als 1983 das dazugehörige Zwischenlager für | |
| Atommüll fertiggebaut ist, planen Dieter Schaarschmidt und eine Handvoll | |
| Atomgegner*innen aus der Gegend eine spektakuläre Protestaktion: Sie | |
| wollten die innerdeutsche Grenze besetzen, die das Wendland von der Altmark | |
| im heutigen Sachsen-Anhalt trennte. | |
| Damals war das ein Niemandsland: Geografisch gehörte der baum- und | |
| strauchlose Landstreifen zur DDR, zu betreten war er – wegen des Grenzzauns | |
| – nur vom Westen aus. Heute ist er Teil des „[1][Grünen Bands]“, der | |
| früheren, 1.400 Kilometer langen innerdeutschen Staatsgrenze. | |
| Dieter Schaarschmidt wohnte damals nur ein paar hundert Meter vom | |
| Grenzstreifen entfernt im Westen, in Kapern, einem Dorf mit einer | |
| Bushaltestelle, einer Kneipe und nicht einmal 130 Einwohner*innen. Die | |
| Ost-West-Scheidelinie gehörte genauso zu seinem Alltag wie sein politisches | |
| Engagement für Umweltschutz und die Antiatomkraftbewegung. In Kapern fielen | |
| seine persönlichen und politischen Interessen zusammen. „Was wäre im Fall | |
| einer atomaren Katastrophe passiert?“, fragt Schaarschmidt. Und gibt die | |
| Antwort gleich selbst: „Kapern liegt östlich von Gorleben, wir hätten also | |
| nach Osten fliehen müssen. Aber da war die Grenze zur DDR.“ | |
| Schaarschmidt ist heute 64 Jahre alt und nach wie vor politisch aktiv. An | |
| einem Montag Ende September sitzt er in Dannenberg im Wahlkreisbüro der | |
| Grünen-Bundestagsabgeordneten [2][Julia Verlinden]. Er ist ihr Mitarbeiter | |
| im Wahlkreis Lüchow-Dannenberg. | |
| ## Infomaterial in den Osten geschmuggelt | |
| Hinter ihm an der Wand hängt die gelbe Fahne mit einer roten Sonne in der | |
| Mitte und dem Schriftzug „Atomkraft? Nein danke“. Um ihn herum stehen | |
| Regale mit Büchern zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, Flyer und | |
| Broschüren zu Gorleben, Gaspolitik, Graureihern. In diesem Büro sammelt | |
| sich die politische Geschichte des Landkreises. | |
| Da ist im Mai 1980 die [3][Freie Republik Wendland]. Einen Monat lang | |
| existierte dieses Hüttendorf in der Nähe von Gorleben. Auf einer | |
| Waldlichtung, wo die Tiefbohrstelle 1004 vorgesehen war, hatten | |
| Aktivist*innen ihre provisorische Siedlung als Protest gegen das geplante | |
| Zwischenlager aufgebaut. Im Juni 1980 wurde sie von Polizei und | |
| Bundesgrenzschutz abgerissen. Und da sind die zahlreichen Castortransporte | |
| nach Gorleben, die von heftigen Protesten begleitet wurden, Besetzungen von | |
| Bohrtürmen, Demos, Treckerbarrikaden. | |
| Mit der Grenzstreifenbesetzung 1983 wollte Schaarschmidt nicht nur auf die | |
| Gefährlichkeit von Atomstrom aufmerksam machen, sondern auch seine | |
| Antiatompolitik in den Osten tragen. Das ist gescheitert, die westdeutsche | |
| Polizei hat das Zeltlager schnell aufgelöst. | |
| „Ein Grenzgänger war ich schon immer“, sagt er. Ende der 1980er Jahre | |
| organisierte er die Proteste gegen das geplante Endlager auch jenseits der | |
| Grenze, in Stendal, damals dem Bezirk Magdeburg zugehörig. Dort und in den | |
| Oststädten Lenzen und Salzwedel sammelte er Kläger*innen gegen die | |
| Atomanlage in Gorleben. In seiner alten Ente schmuggelte er Dias, | |
| Unterschriftenlisten und Infomaterial zu Umweltthemen in den Osten. | |
| „Irgendwann wollte ich in einem Ökodorf in der Altmark leben“, erzählt er. | |
| Da war das ostdeutsche „Wertstoffmanagement“, wie Schaarschmidt das | |
| Recyceln von Glas und Papier nennt, das ihn faszinierte. Die sozialen | |
| Nachbarschaften, engere Freundschaften, mehr Spontaneität. „Das ist | |
| ambivalent“, das weiß er: „Die Not war in der DDR größer, also musste | |
| improvisiert werden. Aber größer war dadurch auch die Nähe zueinander.“ | |
| ## Für viele Menschen gibt es West und Ost immer noch | |
| Der Grenzstreifen, den Schaarschmidt einst besetzte, ist heute eine grüne | |
| Oase, eben das Grüne Band: Wiesen und Weiden, Nistplätze für Schwäne, | |
| Reiher, Frösche, Futterflächen für Schafe. Das sei wunderbar, aber auch | |
| verwunderlich, findet Wolfgang Weiß. Weiß, 63, lebt in Kapern, wenige Meter | |
| von Schaarschmidts früherem Haus entfern. | |
| Weiß hat früher beim Zoll gearbeitet, zwei Grenzaufsichtsstellen befanden | |
| sich nur wenige Meter von seinem Elternhaus entfernt. „Den Grenzstreifen | |
| hat die DDR total verseucht“, sagt Weiß: „Mit Minen gegen Grenzflüchtlinge | |
| und vermutlich mit Gift gegen zu starken Grünbewuchs.“ Die ersten Jahre | |
| nach dem Mauerfall blieb der Streifen kahl wie einst. „Aber so nach sechs, | |
| sieben Jahren begann es zu grünen und auszutreiben“, sagt Weiß: „Für uns | |
| vollkommen überraschend. Und wie gut: Die Natur erholt und erobert sich | |
| ihre Gebiete zurück.“ | |
| Schaarschmidt hat wenige Jahre nach dem Mauerfall zusammen mit einer | |
| Handvoll Ostdeutscher das Ökodorf Sieben Linden gegründet, ein Hof in | |
| Beetzendorf im Altmarkkreis Salzwedel. Er verliebte sich dort, bekam mit | |
| der Frau ein Kind – und wohnte trotzdem weiterhin im Wendland. „Sieben | |
| Linden ist eine Ökoinsel, die ist schön. Aber ich möchte lieber in einer | |
| Ökoregion leben“, sagt Schaarschmidt. Das ist für ihn das Wendland. | |
| Zunächst baute er einen Ökohof in Güstritz in der Nähe von Lüchow auf, | |
| jetzt hat er einen neuen Hof ein paar Dörfer weiter. | |
| Die privaten wie beruflichen Ost-West-Verbindungen sind geblieben. Da | |
| unterscheidet sich Schaarschmidt von den meisten Menschen im Wendland. Wer | |
| in Kapern, Gartow oder einem anderen ehemaligen westdeutschen Grenzdorf | |
| lebt, fährt zum Einkaufen nicht etwa nach Salzwedel in Sachsen-Anhalt, | |
| sondern weiterhin nach Lüchow, Uelzen, Lüneburg im Westen. „Es gibt da | |
| offensichtlich ein mentales Beharrungsvermögen“, sagt Schaarschmidt. Viele | |
| Altmärker*innen hingegen sind ins Wendland gezogen. Sie haben Bauernhöfe | |
| und Fachwerkhäuser gekauft und ausgebaut oder in den Westen geheiratet. | |
| ## Der umgekehrte Weg: Aus dem Ruhrgebiet in die Altmark | |
| Andreas Chen und Sabine Decker sind den umgekehrten Weg gegangen. In den | |
| 1980er und 1990er Jahren kamen die beiden LandschaftsgärtnerInnen aus | |
| Mülheim an der Ruhr immer wieder zu den Atomprotesten ins Wendland. Ihr | |
| Leben spielte sich damals in der autonomen Szene im Ruhrgebiet ab. Sie | |
| haben gute Erinnerungen an diese Zeit, trotzdem wollten sie irgendwann weg, | |
| aufs Land, und zwar auf Dauer. „Viel anderes als das Wendland kannten wir | |
| nicht“, sagt Chen. Doch dort leben wollten sie nicht, Widerstand hin, | |
| Widerstand her. Das Atomkraftgegner-Milieu in seinen museal sanierten Höfen | |
| erschien ihnen verbürgerlicht: „Zu aufgeräumt, zu gesettelt“, sagt Decker. | |
| Nur wenige Kilometer weiter sah die Welt anders aus, in den Jahren nach der | |
| Wende und bis heute. Wie eine Pfeilspitze drückt sich das Wendland nach | |
| Sachsen-Anhalt hinein. Hinter dem Grünen Band beginnt die Altmark, ein | |
| großes Nirgendwo auf halber Strecke zwischen Hamburg und Berlin. Es ist | |
| flach, aber anders als in Niedersachsen überwiegt eine etwas unebene | |
| Flachheit. Das Grün der Wiesen wirkt etwas moorig, alte Höfe mischen sich | |
| mit der Architektur landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften aus | |
| der DDR-Zeit. | |
| Es ist das größte Autobahnloch der Republik, bis heute. Im Wendland leben | |
| 39 Menschen auf einem Quadratkilometer, in der Altmark 36. Die Region weist | |
| die bundesweit niedrigste Bevölkerungsdichte auf, selbst der dreifache Wert | |
| gilt statistisch noch als „dünn besiedelt“. Nach der Wende standen hier | |
| viele Gebäude leer. Günstiger Wohnraum für alternative Existenzen, die vor | |
| allem aus dem Westen kamen. | |
| „Hier gab es Aufbauwillen, anders als im Ruhrgebiet“, sagt Decker. In der | |
| Provinz ließ sich Einfluss auf die politische Kultur nehmen. Ende der | |
| 1990er zogen Chen und Decker in ein Dorf südlich von Salzwedel, dem | |
| Hauptort der Altmark. Bis heute leben sie dort in einem großen Haus, der | |
| Garten ist hübsch verwildert, es gibt alte Bäume und einen schwarzen Teich, | |
| Besucher kriegen Vollkornkekse. | |
| Es war eine andere Art von Widerständigkeit als jene im Wendland, die Chen | |
| und Decker hier vorfanden. Eine ostdeutsche. „Die Obrigkeitsablehnung ist | |
| hier Konsens. Natürlich kommt das aus der DDR-Zeit.“ Und ähnlich wie im | |
| Wendland durch die Abgelegenheit: „Es gab hier Künstler und Oppositionelle, | |
| die hier Sachen machen konnten, die in Berlin nicht gingen.“ Im Oktober | |
| 1989 versammelten sich 2.000 Menschen in der Salzwedeler Katharinenkirche | |
| und gründeten den lokalen Ableger der Oppositionsgruppe Neues Forum. „Das | |
| sind Überbleibsel, auf die man bauen kann“, sagt Decker, bis heute. „Hier | |
| kommt keiner auf die Idee, die Polizei zu rufen. Das ist mir viel lieber | |
| als die westdeutsche Wohlanständigkeit, wo Konflikte von Gerichten gelöst | |
| werden sollen.“ | |
| Als sie herzogen, eröffneten sie einen Betrieb für Landschaftsbau, steckten | |
| weiter viel Zeit in den Atomwiderstand im benachbarten Wendland. Es dauerte | |
| nicht lange, bis ihr Aktivismus das Interesse des Staatsschutzes auf sich | |
| zog. „Wir hatten die Zivis hier vor der Tür und die Nachbarn haben sie aus | |
| dem Dorf gejagt. Chapeau, so läuft’s, hab ich da nur gedacht“, sagt Decker. | |
| Später kamen keine Castoren mehr, also blieb Zeit für andere Themen. Heute | |
| mischen sie mit in einem Flüchtlingscafé namens eXchange, dem Bündnis | |
| Solidarische Altmark, vor allem aber bauten sie ein [4][Autonomes Zentrum] | |
| auf. Es ist ein großer Bau inmitten des Fachwerkensembles von Salzwedel, | |
| die Fassade ziert ein riesiges Wandgemälde, über der Tür hängt ein | |
| schwarzer Stern. Hier gibt es das Antifa-Café, Techno-Partys, Buchlesungen. | |
| Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass es einen solchen Ort in der | |
| ostdeutschen Provinz gibt. | |
| Über die Jahre kamen andere Menschen so wie sie in die Region. Dazu | |
| beigetragen haben auch die Preise. „Man kann hier mit wenig Geld vor sich | |
| hin leben, bis heute“, sagt Decker. „Salzwedel ist ein Anziehungspunkt, die | |
| Linken-Dichte ist hoch, darauf sind wir schon ein wenig stolz“, sagt Chen. | |
| All das habe in der Region die Alltagskultur geprägt, davon sind die beiden | |
| überzeugt. Bei der Europawahl 2019 bekam die AfD hier 17,2 Prozent, | |
| immerhin der zweitniedrigste Wert in Sachsen-Anhalt. | |
| Doch gesetzt ist das nicht. Eine dominierende Grundstimmung gibt es nicht, | |
| es ist eher ein kulturell-politisches Nebeneinander, ein Ergebnis steter | |
| gesellschaftlicher Aushandlung. „Wenn Nazis auf dem Dorffest sind, sagt | |
| keiner was. Und wenn sie in der Fußballmannschaft spielen, sagen die Leute: | |
| Wieso nicht?“, sagt Decker. „Die Rechten bewegen sich hier frei.“ 2015 | |
| wurden syrische Flüchtlinge in Kuhfelde untergebracht. „Ich dachte, die | |
| Stimmung kippt, aber manche haben sich sogar gefreut, weil durch die | |
| Familien wieder genug Kinder im der Gemeinde waren, damit der Landkreis die | |
| Kita offen lassen musste.“ | |
| ## Linke Strukturen aufgebaut – und 2.000 jubeln Höcke zu | |
| 2016 warfen Unbekannte einen Molotowcocktail auf das Autonome Zentrum. „Den | |
| Jugendlichen, die ins AZ gehen, versuchen die Nazis immer wieder Angst zu | |
| machen.“ Als im Januar 2020 die AfD-Granden Björn Höcke und Andreas Kalbitz | |
| im Salzwedeler Kulturhaus auftraten, schrieb die Magdeburger Volksstimme, | |
| dass Höcke von Hunderten Gästen „wie ein Star gefeiert wurde“. Anfangen | |
| konnte er aber erst zwei Stunden später als geplant: „Wir waren mit 2.000 | |
| Leuten auf der Straße“, sagt Decker. | |
| Höcke-Fans und Gegner – die Altmark ist politisch viel heterogener als das | |
| Wendland. Dem Wendland brachte seine Abgelegenheit die Atomanlagen, der | |
| Altmark bescherte ihre Lage das „Gefechtsübungszentrum“ (GÜZ), einen | |
| gigantischen Bundeswehrübungsplatz. Auch das GÜZ ist Ziel von Protesten wie | |
| dem jährlichen „War starts here“-Camp. Doch anders als einst beim | |
| Atomwiderstand im Wendland macht dabei längst nicht die ganze Region mit. | |
| „Beim Castor waren sich alle einig. Beim GÜZ ist das anders. Bundesrepublik | |
| ohne Armee, das sieht nicht jeder so“, sagt Decker. „Das GÜZ ist hier ein | |
| großer Arbeitgeber und hat deshalb viel Rückhalt.“ | |
| Chen und Decker sprechen von sich als „Autonome“ und lachen darüber, dass | |
| sie mit der taz reden. „Alte Feindschaft“, sagt Chen. Aber das, was die | |
| Autonomen ausmacht, der Wille zur klandestinen Anonymität, an dem sich in | |
| der linken Szene der Großstädte wenigstens habituell festhalten lässt, ist | |
| in der Altmark undenkbar. „Hier kämpft man mit offenem Visier“, sagt | |
| Decker. „Jeder Nazi weiß, wo du wohnst. Man muss sich bei allem überlegen: | |
| Will ich das wirklich durchziehen, mit allen langfristigen Konsequenzen?“ | |
| Das Erstaunliche ist, dass es ihnen gelungen ist, in ihrer Radikalität | |
| sozial anerkannt zu werden. Dass auch der Sohn des Bankangestellten zu den | |
| Punkkonzerten ins Autonome Zentrum kommt, „das schafft natürlich | |
| Akzeptanz“, sagt Decker. Gleichzeitig sei es eben auch das einzige Angebot | |
| in der Region für Jugendliche. Aber eben nicht nur für diese: Ihr | |
| Straßenfest, ihre „Interkulturelle Woche“ ziehen auch Menschen aus anderen | |
| Milieus an. „Auch der CDU-Landrat hat über die Jahre seine Abneigung | |
| abgelegt, die lokale Verwaltung kann ganz konstruktiv sein“, sagt Chen. | |
| Gleichwohl war es ein jahrelanger Kampf mit den Behörden, bis der Verein | |
| die Genehmigung bekam, in der einstigen „Bruchbude“, wie Chen sagt, ein | |
| Kulturzentrum betreiben zu dürfen. | |
| Für solchen Basisaktivismus sei das persönliche Gespräch extrem wichtig, | |
| sagt Decker. „Da gibt es Schmerzpunkte, mit denen man sie manchmal in die | |
| Verantwortung nehmen kann.“ Und die lokale Akzeptanz, die so entsteht, ist | |
| auch eine Art Lebensversicherung, wenn Dinge passieren wie im Juni 2017. | |
| Nach den Krawallen beim G20 in Hamburg stand an der AZ-Wand ein Graffiti: | |
| „476 verletzte Cops! Ihr habt es so gewollt!“ Der Staatsschutz aus | |
| Magdeburg ermittelte, die AfD tobte, aber das AZ überstand die Sache | |
| letztlich. „Die Leute mögen es gar nicht, wenn sie das Gefühl kriegen, | |
| Magdeburg will ihnen was vorschreiben“, sagt Chen. | |
| Das hängt, wie so im Osten, auch damit zusammen, dass viele mit den neuen | |
| Institutionen nie ganz warm geworden sind. „Wenn man die Menschen hier | |
| fragt, was sie geprägt hat, dann sagen sie oft: die Kreisgebietsreform“, | |
| sagt Chen. „Da waren die Dörfer auf den Barrikaden, da wurden die | |
| Wahlkabinen mit Klebstoff zugeklebt.“ Im Jahr 2000 war das, vergessen ist | |
| es nicht. „Das spricht die AfD bis heute an, davon zehrt die, das bringt | |
| die Leute immer noch auf.“ | |
| Eine Weile hat Decker sich mit anderen während der Bürgersprechstunden mit | |
| einem Brett vor dem Kopf vor das AfD-Büro gesetzt. Es blieb nicht die | |
| einzige Aktion gegen die Partei in Salzwedel. Dass die AfD hier überhaupt | |
| Fuß fassen konnte, liegt für Chen und Decker vor allem an den anderen | |
| Parteien. „Die CDU regiert, ist aber sozial nicht präsent, die SPD nicht | |
| wahrnehmbar. Dieses Vakuum hat die AfD hier überhaupt erst groß gemacht“, | |
| meint Chen. „Die haben kein Programm, aber sie sind aktiv.“ | |
| Die Entscheidung, nicht im Wendland leben zu wollen, haben die beiden einst | |
| bewusst getroffen. Doch die politische Kultur, die große Zahl der | |
| Aktivisten, die sich dort angesiedelt haben, strahlt in die Altmark aus. | |
| „Das sind Strukturen, mit denen man zusammenarbeiten kann.“ Das geschieht | |
| heute in einem politischen Bündnis aus beiden Regionen, das sich als | |
| „Wendmark“ zusammengeschlossen hat – und so das einstige Grüne Band | |
| überwindet. „Die Grenze existiert für uns nicht mehr so“, sagt Decker. | |
| 29 Sep 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bund.net/gruenes-band/?gclid=EAIaIQobChMI5Pj18MyJ7AIVzuF3Ch0ePw… | |
| [2] /Aus-dem-Norden-nach-Berlin/!5443119 | |
| [3] /40-Jahre-Republik-Freies-Wendland/!5679541 | |
| [4] https://squatsalzwedel.noblogs.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
| Simone Schmollack | |
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