# taz.de -- Australien gegen Google und Facebook: Zwang zur Verhandlung | |
> Der australische Premier Morrison hat auf Drohungen der Konzerne | |
> reagiert. Ein neues Mediengesetz soll dort Google und Facebook | |
> regulieren. | |
Bild: Aufmerksam: Journalist*innen bei der Ankunft des Korrespondenten Bill Bir… | |
Berlin taz | Im Hinblick auf den Streit seiner Regierung mit den | |
Internetkonzernen Google und Facebook hat der australische Premier Scott | |
Morrison scharfe Worte gewählt. Er reagiere nicht positiv auf „Nötigung“, | |
sagte er am Montag über die Plattformkonzerne. | |
Angesichts eines geplanten Mediengesetzes in Australien hatte Facebook vor | |
einer Woche [1][gedroht], es würde australischen Nutzer*innen künftig die | |
Möglichkeit nehmen, nachrichtliche Inhalte auf der Plattform zu teilen, | |
sollte jenes Gesetz in Kraft treten. | |
Es geht um einen Gesetzentwurf, den die Verbraucherschutzbehörde ACCC Ende | |
Juli im Auftrag des Finanzministeriums vorgelegt hatte. Das Gesetz, das die | |
Behörde „bargaining code“ nennt, also Verhandlungsgesetz, würde zunächst | |
keine konkreten Beträge vorsehen, die Konzerne zahlen müssen, sondern diese | |
zunächst an den Verhandlungstisch zwingen. | |
Aus diesen Verhandlungen soll sich dann ergeben, welchen Anteil der durch | |
Werbung generierten Umsätze Google und Facebook an Verlage weiterzugeben | |
bereit sind. Wenn es nach einer Dreimonatsfrist keine Einigung gibt, wird | |
eine Abgabe festgelegt – durch eine „externe Vermittler*in“. Wer das sein | |
könnte, ist bisher unklar. Der „bargaining code“ ist dabei neben der | |
Geldfrage auch für Auseinandersetzungen in Bezug auf Datenschutz | |
vorgesehen. | |
## Australien kämpft mit Ausdünnung von Journalismus | |
Die ACCC geht davon aus, dass die Plattformen ihre Einnahmen unter anderem | |
auf Basis journalistischer Inhalte generieren. In dieser Logik würde den | |
Hersteller*innen dieser Inhalte eine Dividende zustehen, was die Behörde in | |
Form einer Art Kulturabgabe realisieren will. Australien leidet unter | |
extremer Ausdünnung seiner journalistischen Vielfalt. | |
In diesem Jahr wurde die einzige Nachrichtenagentur des Landes vom | |
Murdoch-Konzern NewsCorp abgestoßen und [2][sucht inzwischen nach | |
Großspender*innen, um weiter arbeiten zu können]. Eine Journalismus-Gebühr | |
für Google, Facebook und weitere Plattformen soll nun helfen, die | |
Medienvielfalt gerade im Lokalen wieder aufzubauen. Bei dem vorgesehenen | |
Mediengesetz handelt es sich letztlich auch um einen Test: Welche Grenzen | |
hat die Macht der Konzerne? Und wie gut können sie sich staatlicher | |
Regulierung tatsächlich entziehen? | |
Wenn das Gesetz Realität würde – und sich die Konzerne daran hielten – | |
könnte es ein Vorbild für andere Staaten sein, die seit Jahrzehnten | |
versuchen, die Einnahmen der Plattformkonzerne teilweise an Urheber*innen | |
umzuverteilen oder den Umgang der Konzerne mit persönlichen Daten | |
nachzuvollziehen. | |
## Presseförderung durch Umverteilung | |
Deswegen sehen Google und Facebook den Gesetzentwurf keinesfalls als | |
Ausgleich eines „[3][Ungleichgewichtes bei der Verhandlungsmacht“], wie die | |
ACCC gerne sagt, sondern als geschäftsschädigend. Google [4][prophezeite] | |
eine Verschlechterung seines Angebots, sollte das Gesetz Realität werden. | |
Und Facebook drohte eben zuletzt mit seiner News-Sperre. | |
Kleinere journalistische Verlage sowie die Regierung erhoffen sich von dem | |
Gesetz eine [5][Presseförderung], die auf direkter Umverteilung basiert | |
statt auf dem Staatshaushalt. Beobachter*innen sind sich aber nicht sicher, | |
ob der Verhandlungs-Zwang Google und Facebook tatsächlich dazu bringen | |
wird, eine Abgabe zu zahlen. | |
Die finale Version des Gesetzentwurfs wird noch ausgearbeitet. Verstöße | |
gegen das Gesetz sollen darin mit bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes | |
einer Plattform geahndet werden. Was die Konsequenz wäre, sollten die | |
Konzerne sich weigern, auch diese Strafe zu zahlen, ist noch ungeklärt. | |
7 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Journalismus-Abgabe-in-Australien/!5710881 | |
[2] https://www.adnews.com.au/news/aap-tries-crowdfunding | |
[3] https://www.accc.gov.au/media-release/australian-news-media-to-negotiate-pa… | |
[4] /Geplante-Umsatzbeteiligung-fuer-Verlage/!5707539 | |
[5] /Debatte-fuer-und-wider-Pressefoerderung/!5701757 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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