# taz.de -- Debatte um Werbung im Journalismus: Wenn Anzeigen zu Inhalten werden | |
> Medien sind seit jeher immer auch werbefinanziert. Doch wie viel Werbung | |
> verträgt Journalismus? Eine neue Debatte um ein altes Paradox. | |
Bild: Die klassische Printwerbung wird rarer – Anzeigen machen jedoch auch in… | |
Erinnert sich noch wer an die goldenen Zeiten der Zeitungen? So um das Jahr | |
2000 sorgte die Digitalisierung bei den gedruckten Zeitungen für enorme | |
Gewinne. Denn die neuen Netzeroberer brauchten die gedruckte Presse, um | |
überhaupt auf sich aufmerksam zu machen. Natürlich war das auch Thema in | |
den Artikeln, in erster Linie aber ging es um Anzeigen. Die | |
Übernahmeschlacht von Mannesmann und Vodafone bescherte beispielsweise den | |
überregionalen Blättern Millioneneinnahmen. Na gut, die taz gehörte nicht | |
zu den Profiteuren. | |
Die anderen Zeitungen wurden dafür dicker und dicker. [1][Die Süddeutsche] | |
soll sogar auf Werbeseiten verzichtet haben, weil sie ihren Umfang wegen | |
mangelnder Druckkapazitäten nicht erweitern konnte. Und den redaktionellen | |
Teil zugunsten der Reklame wollten sie dann doch nicht eindampfen. Anzeigen | |
generell abzulehnen wäre damals wohl keinem Verlag in den Sinn gekommen. | |
Auch in der taz gab und gibt es immer wieder die Debatten, bestimmte | |
Werbung aus inhaltlichen Gründen abzulehnen. Es geht um die | |
[2][Bundeswehr], RWE oder Autokonzerne. Und die verlegerische Haltung sagt: | |
mitnehmen, was immer geht, erst recht Werbung für die Bild-Zeitung. | |
Heute ist die Werbung ins Netz abgewandert, und die Kasse klingelt [3][in | |
erster Linie bei Google und Facebook]. Gerade weil die klassische | |
Printwerbung rarer wird, geht einigen hier und da ein Licht auf. Anzeigen | |
machen nämlich auch inhaltliche Aussagen. | |
## Kein neues Paradox | |
Und die Frage ist, ob sich diese Aussagen mit der redaktionellen Linie | |
vertragen – oder zu gegensätzlich sind, wie es meistens bei der taz der | |
Fall ist. Sollte also auf bestimmte Anzeigen verzichtet werden, um in der | |
Klimadebatte den grünen Fußabdruck zu behalten? Nein, sich kritischen | |
Journalismus von denen mitfinanzieren zu lassen, über die dann frech | |
geschrieben wird, geht sehr in Ordnung. | |
Dieses Paradox ist alles andere als neu. Vor gut 100 Jahren debattierten | |
Verlage und Redaktionen schon heftig über Sinn und Gefahr der Werbung. „Das | |
beste Mittel, der deutschen Presse ihre idealen Aufgaben zu erhalten, wird | |
sein, sie unabhängig zu machen von dem überwuchernden Anzeigengeschäft, das | |
der Korruption nur zu leicht Tür und Tor öffnen kann“, schrieb 1918 der | |
Chefredakteur des Düsseldorfer Tageblatts. Es kam bekanntlich anders. Die | |
Digitalisierung sorgt jetzt für den Umkehrschwung. [4][Mies fürs Geschäft], | |
aber gut für unabhängigen, kritischen Journalismus. | |
Die Mitbewohnerin kann das nicht überzeugen. Sie sagt, die Presse könne nie | |
unabhängig sein. Sie hänge von den Entscheidungen der | |
Chefredakteur*innen, von Zielgruppen und natürlichen den | |
„Werbepartnern“ ab. Aber sie ist ja auch unabhängig und die kritischste | |
Person, die ich kenne. | |
9 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Sparkurs-bei-der-Sueddeutschen-Zeitung/!5735775 | |
[2] /Bundeswehrwerbung-in-der-taz/!161402/ | |
[3] /Australien-gegen-Google-und-Facebook/!5708117 | |
[4] /Debatte-fuer-und-wider-Pressefoerderung/!5701757 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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