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# taz.de -- Keine Auskunft über geschlossene Heime: Senat gibt sich ahnungslos
> Die Hamburger Sozialbehörde sagt nicht, wie viele Jugendliche in der
> Jugendhilfe freiheitsentziehend untergebracht sind. Früher gab sie das
> bekannt.
Bild: Ist für Heimunterbringung zuständig: Sozialsenatorin Melanie Leonhard (…
Hamburg taz | Die Sozialbehörde gibt nicht mehr bekannt, wie viele
Jugendliche außerhalb der Stadt in geschlossen Heimen untergebracht sind.
Auf eine [1][Große Anfrage] der Linken-Politikerinnen Sabine Boeddinghaus
und Insa Tietjen gab sie nur Misch-Zahlen preis.
So gab es in den ersten fünf Monaten des Jahres 79 Verfahren über
„freiheitsentziehende Unterbringung“ nach dem Paragrafen 1631b des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). In der Regel betreffe dies die
„Unterbringung in der Psychiatrie“. Gefragt, wie viele Verfahren die
Jugendhilfe beträfen, erklärt die Behörde neuerdings: Das werde nicht
erfasst.
Dabei waren diese Daten in vorherigen Jahren öffentlich. Und sie sind ein
Politikum: Als 1990 das moderne Jugendhilfegesetz eingeführt wurde, war
darin das Einsperren zur Erziehung abgeschafft. Nur über den Umweg des oben
erwähnten Paragrafen ist dies bei „Selbst- oder Fremdgefährdung“ weiter
möglich – wenn auch hoch umstritten.
Hamburg brachte in den Jahren 2009 bis 2013 weitgehend unbemerkt von der
Öffentlichkeit 52 Kinder und Jugendliche in den [2][Haasenburg-Heimen in
Brandenburg] unter, bis diese wegen unhaltbarer Zustände schließen mussten
(taz berichtete). Seither hat der SPD-Senat ein eigenes Heim angekündigt,
aber die Pläne bisher nicht umgesetzt. Parallel gibt es als Alternative
[3][eine „Koordinierungsstelle“, die für Kinder in schwierigen Lagen
Lösungen] sucht.
## Rot-Grün plant neue Einrichtung
Die taz wollte anlässlich der Linken-Anfrage von der Sozialbehörde wissen,
wie viele Kinder dennoch nach Paragraf 1631b BGB in Jugendheimen leben.
Doch Behördensprecher Martin Helfrich winkte ab. Die Zahl für Jugendheime
werde „statistisch nicht gesondert ausgewiesen“. Das ist kaum zu verstehen.
Noch im September 2018 gab seine Behörde der taz auf diese Frage Auskunft.
Auch [4][CDU-Politiker Philipp Heißner erfuhr im März 2017] durch eine
Anfrage, dass es damals für zwei Minderjährige eine Richtergenehmigung für
Freiheitsentziehung in der Jugendhilfe gab. Damals lebte einer der beiden
tatsächlich im geschlossenen Heim, der andere nicht. Auch für die Jahre
davor lieferte der Senat exakte Zahlen.
Tietjen und Boeddinghaus stellten nun [5][eine gezielte neue Anfrage] und
bekamen wie zuvor die taz keine Auskunft. Die Software der Jugendämter,
Jus-IT, erfasse nicht, ob es sich um eine Psychiatrie oder andere
Einrichtungen handle, schreibt der Senat. Eine manuelle Auswertung aller
Akten sei zu aufwändig. Bei älteren Anfragen seien die wenigen Fälle
Jugendämtern bekannt und dort abrufbar gewesen, so der Senat weiter. Nur,
warum gilt das heute nicht mehr?
Das Thema ist brisant, weil Rot-Grün laut Vertrag doch eine neue,
gemeinsame Einrichtung plant, für Jugendhilfe und Psychiatrie. Es gebe
Kinder, die „hoch strukturierte“ Hilfe bräuchten. Die Linken-Frage, ob es
ein offenes oder geschlossenes Heim werden solle, ließ der Senat offen. Die
Konzeption sei noch nicht abgeschlossen.
## Aktionsbündnis fordert Transparenz
„Diese Verweigerung geht gar nicht. Wir brauchen hier Transparenz“, sagt
Boeddinghaus. Es sei wenig glaubwürdig, wenn der Senat eine neue
Einrichtung plane und gar keine Daten dazu habe. Sie frage sich, was die
[6][teure Jus-IT-Software] wert sei, wenn sie nicht einmal so wichtige
Daten erfasse, ergänzt Insa Tietjen.
„Mich wundert, dass es keine Daten gibt“, sagt auch Tilmann Lutz vom
Hamburger [7][Aktionsbündnis gegen geschlossene Unterbringung]. Unabhängig
davon, ob man diese Form für geeignet oder gefährlich halte, seien die
Daten „wichtig für den Fachdiskurs“. Lutz befürchtet zudem, dass durch die
neue Einrichtung überhaupt erst ein Bedarf geschaffen werde.
28 Aug 2020
## LINKS
[1] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/70463/kinderschutz_in_zeit…
[2] /Chronik-Haasenburg-GmbH/!5055474/
[3] /Konsequenz-aus-dem-Haasenburg-Skandal/!5600444/
[4] /Haasenburg-ueberfluessig/!5394381/
[5] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/72155/nachfragen_zu_anfrag…
[6] /!346076/
[7] https://www.geschlossene-unterbringung.de/
## AUTOREN
Kaija Kutter
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geschlossene Heime
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