# taz.de -- Jugendhilfe in Hamburg: Der Weg vorbei am Kinderknast | |
> Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) lässt Alternativen zu geschlossenen | |
> Heimen entwickeln, hält parallel dazu aber an seinen alten Plänen fest. | |
> Pilotprojekt für 15 Fälle. | |
Bild: Was ist die richtige Hilfe für Jugendliche? | |
Nach der Schließung der Haasenburg-Heime hat SPD-Sozialsenator Detlef | |
Scheele ein eigenes geschlossenes Heim angekündigt. Die Forderung, | |
stattdessen Alternativen aufzubauen, war unüberhörbar. Offenbar tut | |
Scheeles nun beides. | |
Wie der Paritätische Wohlfahrtsverband jetzt bekanntgab, hat unter seinem | |
Dach die „Koordinierungsstelle individuelle Unterbringung“ die Arbeit | |
aufgenommen. Das Projekt wird für zwei Jahre von der Sozialbehörde mit rund | |
50.000 Euro finanziert. Auch die Konzeption wurde gemeinsam erstellt. Der | |
Begriff „geschlossen“ wird darin nicht erwähnt, aber die Zielgruppe | |
erinnert an jene, die noch vor einem Jahr in solche Heime kam. | |
Es handele sich um junge Menschen, deren Problemlagen so vielschichtig | |
seien, dass einzelne Träger und Professionen überfordert sind, heißt es im | |
Konzept. Dazu gehören Jugendliche, die ein Heim oder eine Jugendwohnung | |
verlassen müssen; jene, die zu Hause ambulant betreut werden und deren | |
Lebenssituation sich dennoch verschlechtert – sowie junge Menschen, die | |
trotz Sozialpädagogenbetreuung häufig delinquent oder gewalttätig werden, | |
die die Schule schwänzen oder Drogen nehmen. Ziel ist, dass „das Risiko | |
einer weiteren Eskalation des Fallverlaufs reduziert wird“. | |
Das Projekt leitet seit April Maren Peters, die zuletzt beim Verein | |
SOS-Kinderdorf konzeptionell arbeitete. „Diese hochtraumatisierten | |
Jugendlichen sind keine Intensivtäter“, sagt sie. „Es sind intensiv | |
geschädigte Kinder, oft Opfer ihrer Lebensgeschichte.“ Nicht jedes Kind | |
habe das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, die genug Geborgenheit und | |
Unterstützung bietet. | |
Sieben Fälle wurden bereits an Peters herangetragen. Zusammen mit | |
Jugendämtern, anderen Fallzuständigen und einem Verbund von bisher fünf | |
Jugendhilfe-Trägern erarbeite sie passende Lösungen. „Wir nehmen uns Zeit, | |
den Fall erst mal anzugucken“, sagt die Diplompädagogin. | |
Aus vielen Akten und Papieren werde dann eine Fallchronologie erarbeitet. | |
Das sei wichtig, um Anknüpfungspunkte zu finden, etwa wo es einen Betreuer | |
gab, zu dem das Kind einen guten Draht hatte. Es sei nicht sinnvoll, | |
schnell eine Lösung zu suchen. „Wir gucken Schritt für Schritt, wie | |
schaffen wir einen Lebensumfeld, das nicht sofort gesprengt wird“, sagt | |
Peters. | |
Einen Jugendlichen, der zügig in ein Heim sollte, lasse man nun erst mal zu | |
Hause, weil er dies brauche. Aber dafür werde die Familie nun mit | |
aufwendiger ambulanter Betreuung unterstützt. Bei einem ehemaligen Heimkind | |
stellte sich heraus, dass es einen früheren ambulanten Betreuer gibt, mit | |
dem er gut klar kam. | |
Nun wohnt er in der Jugendwohnung des einen Trägers, wird von dem | |
Sozialarbeiter eines zweiten Trägers ambulant begleitet und von einem | |
dritten Träger beschult. Solche „Doppelverfügungen“ darf es geben für das | |
auf zwei Jahre angelegte Projekt. Das koste Geld, sei aber der richtige | |
Weg, um nicht „wichtige Bezüge abzuschneiden“, sagt Peters. | |
Bisher haben die Jugendämter und das Familieninterventionsteam (FIT) sieben | |
Fälle an die Stelle herangetragen. In drei Fällen hat die Hilfe bereits | |
begonnen. Bei etwa 15 Fällen im Jahr ist die Kapazität der Stelle erreicht. | |
Man müsse das Projekt begleiten und auswerten, sagt Peters. „Ich kann mir | |
vorstellen, dass in jedem Bezirk so eine Stelle sinnvoll ist“, sagt sie. | |
Die Sozialbehörde trägt das Projekt mit. Doch auch das geschlossene Heim | |
wird weiter geplant. Zwei Gesellschaften wollten dies gemeinsam betreiben, | |
heißt es. Die Träger befänden sich gerade „in der finalen | |
Entscheidungsphase über ein geeignetes Gebäude an einem geeigneten | |
Standort“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer. In welchem Bundesland, | |
konnte er noch nicht sagen. Das werde aber bald bekanntgegeben. | |
30 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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