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# taz.de -- Hongkong unter Chinas Sicherheitsgesetz: Polizei schreibt Geschicht…
> In Hongkong macht die Polizei Opfer prochinesischer Schläger zu Tätern.
> Sie nimmt zwei Abgeordnete der demokratischen Opposition fest.
Bild: China in Hongkong: Festnahme des Abgeordneten Ted Hui am 26. August
Peking taz | Mittwochfrüh zogen Hongkonger Polizisten vor die Wohnung des
oppositionellen Abgeordneten Lam Cheuk-ting. Auf einem Video ist zu sehen,
dass der 43-jährige Politiker die Beamten fragt, warum er überhaupt
verhaftet werde. „Wegen öffentlichen Aufruhrs“, sagt einer der
Uniformierten. Die Fassungslosigkeit steht Lam ins Gesicht geschrieben:
„Ich soll an einem Aufstand teilgenommen haben? Hongkong ist dermaßen
absurd geworden.“
Die Ereignisse vom Mittwoch stellen eine weitere Runde systematischer
Verhaftungen im Rahmen von Pekings nationalem Sicherheitsgesetzes dar: Mehr
als ein Dutzend Hongkonger wurden festgenommen, darunter neben Lam auch der
Abgeordnete Ted Hui, ebenfalls aus dem prodemokratischen Lager.
Hui war bei eskalierenden Protesten mehrmals als Schlichter zwischen
Aktivisten und Sicherheitskräften aufgetreten. Nun wird er offenbar genau
dafür strafrechtlich verfolgt.
Besonders Lams Fall wird in den sozialen Medien debattiert: Der Abgeordnete
wird nämlich für ein Ereignis vom Juli 2019 belangt, das durch
Videoaufnahmen gut dokumentiert ist. Deutlich ist darauf zu sehen, wie ein
Mob in weißen T-Shirts die Yuen Long U-Bahn-Station betritt und mit
Holzlatten [1][auf Aktivisten einschlägt].
## Pekingfreundliche Angreifer blieben unbehelligt
Der 43-jährige Lam befand sich innerhalb der angegriffenen Gruppe und wurde
im Gesicht verletzt. Laut eigener Aussage war er dort, um die Demonstranten
vor der Gefahr zu warnen. Nun macht ihn die Polizei vom Opfer zum Täter.
Gegen die Schläger war die Polizei damals nicht vorgegangen. Ein
Peking-naher Abgeordneter wurde damals gefilmt, wie er einigen von ihnen
grüßte.
Zum 1. Juli hatte Pekings Staatsführung Hongkong [2][ein hartes Gesetz für
die nationale Sicherheit] aufgezwungen: Chinas Kommunistische Partei hatte
das Dekret weder zur Abstimmung vom Hongkonger Parlament passieren lassen,
noch die Lokalregierung überhaupt konsultiert. Der Gesetzestext stellt
weitläufige Formen des politischen Protests und zivilen Ungehorsams unter
drakonische Strafen.
Was die Protestbewegung, die seit April 2019 massiv gegen Pekings
totalitäre Einflussversuche auf die Straße zog, schon damals befürchtet
hat, ist eingetreten: Demokratieaktivisten können jetzt jederzeit verhaftet
werden, auch für rückwirkende Delikte, die damals zu Hongkongs bürgerlichen
Freiheiten gehört haben.
## Das gesellschaftliche Klima hat sich stark verändert
Dabei verstößt das nationale Sicherheitsgesetz gegen internationale
Verträge, die Hongkong bis 2047 – 50 Jahre nach der britischen Übergabe an
Festlandchina – weitreichende Autonomie zugesichert haben.
Das gesellschaftliche Klima hat sich seither stark verändert: Viele
Hongkonger haben ihre Profile in sozialen Medien gelöscht, Professoren
reden nicht mehr mit ausländischen Medien, Bibliotheken und Schulen werden
von kritischen Inhalten gesäubert und vor den Häusern von
Regierungskritikern wurden Überwachungskameras installiert.
Immer mehr ähnelt Hongkong jetzt einer gewöhnlichen Stadt in Festlandchina,
wo die Kommunistische Partei die Meinungsfreiheit beschränkt und die Justiz
dirigiert.
26 Aug 2020
## LINKS
[1] /Gewalteskalation-in-Hongkong/!5607867
[2] /Proteste-gegen-Chinas-Sicherheitsgesetz/!5700680
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Hongkong
KP China
Autonomie
Sicherheitsgesetz
Demokratiebewegung
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Heiko Maas
Hongkong
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