| # taz.de -- Sparkurs der Niederlande beim EU-Gipfel: Höchstens ein Keks | |
| > Die EU-Länder sind nach der Pandemie angeschlagen, deshalb soll es | |
| > Corona-Hilfen geben. Doch die Niederlande treten weiter auf die Bremse. | |
| Bild: Ministerpräsident Rutte bei Kanzlerin Merkel Anfang Juli | |
| Wer beim EU-Gipfel am Wochenende auf einen schnellen Durchbruch hofft, | |
| dürfte enttäuscht werden. Dass der Konflikt um den | |
| [1][750-Milliarden-Euro-Deal zur Corona-Hilfe] noch lange nicht beendet | |
| ist, bewies am Dienstag Mark Rutte. Der niederländische Premier, in den | |
| letzten Monaten zum Gesicht der wahlweise als „sparsamen“ oder | |
| [2][„geizigen Vier“ bezeichneten Fraktion] geworden, versprach bei einer | |
| Parlamentsdebatte in Den Haag, er werde beim Gipfel „kämpfen bis zum | |
| Umfallen“. | |
| Der niederländische Widerwille gegen eine tiefere und vor allem finanziell | |
| spürbare europäische Integration ist nicht neu. Aber nach dem Abschied des | |
| euroskeptischen Großbritannien sowie der [3][politischen Kehrtwende | |
| Deutschlands], dem jahrelangen Partner im Zeichen strikter Austerität, | |
| fällt die niederländische Haltung viel mehr ins Auge. | |
| Dahinter steht eine makro-ökonomische Kultur der Haushaltsdisziplin und | |
| Sparsamkeit. Die drückt sich etwa aus in der sprichwörtlichen | |
| Süßigkeitendose, aus der Besuchern genau ein Keks angeboten wird, bevor | |
| sich der Deckel schließt. Rutte referiert an diese Kultur, wenn er, wie bei | |
| der Debatte am Dienstag, betont, dass manche Länder ihren Haushalt vor | |
| Corona in Ordnung hatten und andere nicht. Oder dass auch die Niederlande | |
| es „schwer“ hätten, den Herausforderungen aber trotzten, weil sie, noch so | |
| ein Sprichwort, „ein Äpfelchen für den Durst“, sprich Reserven, zur Seite | |
| gelegt hätten. | |
| Dabei ist Rutte klar, dass er und seine Partner aus Dänemark, Schweden und | |
| Österreich das 750 Milliarden-Euro-Paket nicht dauerhaft aufhalten werden. | |
| Also setzt den Haag darauf, den Solidaritätsfonds an Bedingungen zu | |
| knüpfen, nämlich an Reformen von Rentensystem und Arbeitsmarkt. Rutte | |
| tauschte sich zuletzt darüber mit seinen Amtskollegen aus Italien, Spanien | |
| und Portugal aus – ohne verlautbare Annäherung. | |
| ## Bloß nicht vor „Brüssel“ einknicken | |
| Voraussichtlich dürfte aber in diesen Bedingungen einer der [4][Schlüssel | |
| zu einem Kompromiss] liegen. Der andere wird ein Rabatt auf den Beitrag zum | |
| neuen Haushalt sein, den EU- Ratspräsident Charles Michel den Netto-Zahlern | |
| in Aussicht gestellt hat. Damit ist das Feld umrissen, in dem Rutte seine | |
| Haut so teuer wie möglich verkaufen wird – nicht mehr, nicht weniger. Dass | |
| dieser Prozess leicht noch „zwei, drei EU-Gipfel“ dauern könne, hat der | |
| Premier bereits angekündigt. | |
| Eine klare Mehrheit des niederländischen Parlaments unterstützt diesen | |
| Kurs. Hinzu kommt, dass in den Niederlanden im Frühjahr 2021 gewählt wird. | |
| Ruttes konservativ-liberale Partei VVD wird sich dabei der rabiat | |
| anti-europäischen und populistischen Konkurrenz erwehren müssen. Jede | |
| vermeintliche Schwäche gegenüber “Brüssel“ bedeutet verschenktes Terrain | |
| vor dem Wahlkampfauftakt. | |
| 16 Jul 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Müller | |
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