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# taz.de -- Zukunft der Preußen-Stiftung: Vorwärts, Reformen
> Die Vorschläge für die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
> bergen Zündstoff. Es geht um die Finanzierung und verpasste Debatten.
Bild: Die Alte Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel gehört zur Stiftu…
Lange erwartet, wurden am Montag die „Strukturempfehlungen“ des
Wissenschaftsrats als Ergebnis der Evaluation der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz (SPK)“ veröffentlicht. [1][Das vorab durch einen Zeit-Artikel
publik gewordene,] 278 Seiten starke Papier hatte für erheblichen Wirbel
gesorgt. Die Stiftung ist immerhin die größte Kultureinrichtung in
Deutschland und umfasst verschiedene Teilbereiche: neben der
Staatsbibliothek und dem Geheimen Staatsarchiv, sind es das
Ibero-Amerikanische Institut, das Staatliche Institut für Musikforschung
sowie die Staatlichen Museen zu Berlin (SMB). Schnell machten Spekulationen
über eine „Zerschlagung“ der 1957 gegründeten Preußenstiftung die Runde.
Nach den kritischen Schlagzeilen, die die Stiftung seit Langem macht, kein
Wunder. Vor der Presse gaben sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters
und SPK-Präsident Hermann Parzinger aber als ein Herz und eine Seele:
Parzinger nennt die brisante Evaluation gar ein „Geschenk“, verspricht die
Reformen in den kommenden fünf Jahren durchzuziehen. Grütters sieht sich
dagegen auf einem „Marathon“ und dämpft so allzu große Erwartungen.
Noch frisch im Ohr sind die Klagen über ehrgeizige Masterpläne, [2][teure
Neubauprojekte] bei gleichzeitig erheblichem Instandhaltungsrückstand, die
intransparente Struktur wie jüngst beim Debakel um den Hamburger Bahnhof.
Der Ruf nach Abwicklung ist laut Einschätzung von Marina Münkler vom
Wissenschaftsrat aber eine überzogene Reaktion. Die Dresdner
Literaturwissenschaftlerin leitete die 17-köpfige Arbeitsgruppe, die die
Stiftung auf Geheiß von Grütters über zwei Jahre hinweg begutachtet hatte.
Im Fokus: Organisations- und Verwaltungsstrukturen, Besucher- und
Nutzerorientierung, die umfassenden Forschungsaufgaben sowie der Stand der
Digitalisierung.
## Gesamtstaatliche Aufgaben
Das Papier macht klar: Bisher mehrheitlich vom Bund und anteilig – im
Vergleich aber mit Kleinstbeträgen – von den Ländern finanziert, übernimmt
die Preußenstiftung gesamtstaatliche Aufgaben. Ihre Kunst- und
Wissensbestände sind von „immenser internationaler Bedeutung“. Gerade die
Bibliotheken und Archive würden zudem ihren Anforderungen gerecht. Im Zuge
der Wiedervereinigung kam der Stiftung die schwierige Aufgabe zu, die
geteilten Sammlungen und Kultureinrichtungen programmatisch und strukturell
neu zu ordnen – verbunden etwa mit dem Abbau von 645 Planstellen zwischen
1991 und 2018.
Zugleich monieren die Experten Offensichtliches. Die personellen und
finanziellen Ressourcen sind gemessen am Auftrag ungenügend, Effekt
falscher Sparpolitik: So ist der „Anschluss an aktuelle Entwicklungen und
Debatten“ verpasst, die „internationale Ausstrahlung und Wirkung“ nur sehr
bedingt zu realisieren. Ein guter Hinweis ist, dass Besucherzahlen ein
Indikator für die Attraktivität, aber kein Qualitätsausweis sind. Der
Abschied vom Zentralismus der Stiftung birgt Chancen – auch wenn ihre
Abhängigkeit vom Amt der Staatsministerin für Kultur und Medien dadurch
noch größer würde.
Die bei der Pressekonferenz im Beisein von Parzinger an Grütters
übergebenen Empfehlungen sehen die Auflösung der zentralen
Stiftungsverwaltung, eine Aufteilung entlang der verschiedenen Sparten vor,
dazu eine unabhängigere Finanzierung der einzelnen Einrichtungen sowie eine
Neuorganisation des Stiftungsrats.
Folgt die Politik den Ratschlägen, bedarf es einer Änderung des
Stiftungsgesetzes. Den Haushalt sollen künftig allein der Bund und das Land
Berlin tragen. Der bisher von Vertretern der Länder gebildete Stiftungsrat
würde fachgerecht besetzt. Kultur ist in Deutschland aber vornehmlich
Ländersache. Nicht nur mit Blick auf die Kosten birgt der Umbau also
bundes- und parteipolitisch Zündstoff. Prompt legte Michelle Müntefering
(SPD), Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen
Amt, Widerspruch ein. Dort gilt die SPK trotz des schwer zu erklärenden
Preußen-Labels als wichtiger kulturpolitischer Einsatz.
## Museen bleiben unter einem Dach
Am Ende überrascht, wenn die Staatlichen Museen zu Berlin, der statistisch
größte Brocken unter dem Dach der SPK, in den Empfehlungen des
Wissenschaftsrats weitgehend unangetastet bleiben; in Zukunft würde ihnen
sogar noch das Institut für Musikforschung zufallen.
Störanfällig ist zumal die Nationalgalerie, ein Komplex mit bisher fünf
Standorten – der Hamburger Bahnhof davon akut in seiner Existenz gefährdet.
Zudem erfolgte letzten Herbst trotz vehementer Kritik an fehlendem Konzept
und den noch vor Baubeginn explodierten Kosten – nunmehr 450 Millionen Euro
– der Spatenstich für ein Museum der Moderne. Es zählt, wie das von einer
eigenen Stiftung getragene Humboldt Forum – in dem aber Bestände der
ethnologischen und asiatischen Sammlungen der SMB gezeigt werden sollen –,
zu Grütters’ Prestigeprojekten. Kein Wunder, wenn sie jetzt vor allem
„Bremser“ fürchtet.
14 Jul 2020
## LINKS
[1] /Preussenstiftung-und-Hamburger-Bahnhof/!5698852
[2] /Museum-der-Moderne-in-Berlin/!5638685
## AUTOREN
Hans-Jürgen Hafner
## TAGS
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