# taz.de -- Reform des Wahlrechts: Cut für den Bundestag | |
> Die Union schlägt eine Obergrenze für den nächsten Bundestag vor. Doch | |
> selbst der Justiziar der Fraktion zweifelt, ob sie verfassungskonform | |
> ist. | |
Bild: Der Bundestag soll verkleinert werden. Die Frage ist nur, wie? Der Streit… | |
Berlin taz | In dieser Sitzungswoche, der letzten vor der Sommerpause, wird | |
sich der Bundestag noch einmal ausgiebig mit einem wichtigen Thema | |
befassen: mit sich selbst. | |
709 Abgeordnete gehören ihm derzeit an und damit 111 mehr, als laut | |
Wahlgesetz vorgesehen sind. Wie die Zahl der Sitze und damit die Kosten | |
verringert werden können, diskutieren die Parlamentarier:innen seit Jahren | |
ergebnislos. Nun versucht der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, | |
Ralph Brinkhaus, den Knoten zumindest provisorisch zu zerschlagen. | |
Sein Vorschlag, der am Montag in der Fraktion diskutiert werden soll, sieht | |
vor, die Größe des Parlaments auf 750 Sitze zu begrenzen. Mandate darüber | |
hinaus sollen gekappt werden. Das würde bedeuten, dass | |
Wahlkreisgewinner:innen ihr Mandat nicht antreten könnten und alle Parteien | |
auf Ausgleichsmandate verzichten müssten. Eine Notlösung, die nur für die | |
nächste Bundestagswahl im September 2021 gelten soll. | |
Wie der Justiziar der Unionsfraktion, der nordrhein-westfälische | |
Abgeordnete Ansgar Heveling, der taz gegenüber einräumt, sei dieser | |
Vorschlag unter Staatsrechtlern umstritten. „Ich meine aber, dass die | |
Nichtzuteilung von Direktmandaten im Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen | |
als einmalige Übergangslösung für eine Obergrenze von 750 Sitzen | |
verfassungsrechtlich ausreichend gerechtfertigt sein kann“, so Heveling. | |
## Union hält drei Viertel der Direktmandate | |
Die CSU, die [1][bislang jeden Vorschlag blockiert] hatte, geht bereits auf | |
Distanz zu Brinkhaus. In der „Tagesschau“ sagte der Parlamentarische | |
Geschäftsführer der Landesgruppe, Stefan Müller, am Samstag: „Wir halten | |
die Idee, dass Gewinnern von Wahlkreisen der Einzug in den Bundestag | |
verwehrt wird, für verfassungswidrig.“ | |
Bei der Bundestagswahl 2017 holte seine Partei in allen 46 bayerischen | |
Wahlkreisen das Direktmandat. Insgesamt entfallen über drei Viertel aller | |
299 Direktmandate im Bundestag derzeit auf die Union. Die Fraktion müsste | |
nach diesem Stand auf 3 Direktmandate verzichten, sollte sich Brinkhaus’ | |
Vorschlag durchsetzen, so Heveling. | |
Die SPD, die ebenfalls eine Kappung des Hohen Hauses vorgeschlagen hat, | |
signalisiert Entgegenkommen: Es sei gut, dass nun auch die Union zur Reform | |
bereit sei, so der Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider in | |
der „Tagesschau“. | |
## Opposition winkt ab | |
„Was daran soll eine Reform sein?“, fragt hingegen Britta Haßelmann von den | |
Grünen. Eine Begrenzung auf 750 Abgeordnete, das wären noch mal 41 | |
Abgeordnete mehr, als derzeit im Bundestag sind. „Noch dazu sieht es so | |
aus, dass es wieder die Union wäre, die von diesem Vorschlag einseitig | |
profitieren würde“, so Haßelmann zur taz. | |
Auch die Linke winkt ab. “„Bei dem Vorschlag von Ralph Brinkhaus kann man | |
nun wirklich nicht von einem ernstzunehmenden Vorstoß sprechen“, so der | |
Abgeordnete und Fraktions-Justiziar Friedrich Straetmanns. Es sei vielmehr | |
der Versuch der Union, am Ende nicht als Blockierer der Wahlrechtsreform | |
dazustehen. | |
Die drei Kleinen im Parlament, Grüne, Linke und FDP, haben bisher [2][den | |
einzigen Gesetzentwurf für eine Reform] erarbeitet. Er soll am Freitag im | |
Parlament abgestimmt werden, vorausgesetzt, der Innenausschuss stimmt am | |
Mittwoch zu. Danach sieht es derzeit nicht aus. | |
28 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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