| # taz.de -- Corona und die Gastronomie: Das erste Mahl | |
| > Es darf wieder auswärts gegessen werden. Das wird auch allerhöchste Zeit, | |
| > sagen die Wirtsleute Cornelia und Martin Rubin im oberbayerischen | |
| > Hundham. | |
| Bild: Das Herz des Alten Wirts: Martin Rubin macht mehr als nur Leberkäse | |
| Der Hund heißt Pétrus. Wie der Wein aus Bordeaux. Heute wird er drei Jahre | |
| alt. Ein Hund wie ein Sinnbild für den Alten Wirt in Hundham: Pétrus – der | |
| Name steht für hochpreisige Gastronomie. Zugleich strahlt der Appenzeller | |
| eine ordentliche Portion Gemütlichkeit aus. Und man tritt seiner Figur | |
| gewiss nicht zu nahe, wenn man ihr abliest: Ihm schmeckt’s hier. Klar, auch | |
| Pétrus’ Fressen kommt nicht aus der Dose, sondern direkt aus der Küche des | |
| Hauses. Fleischabschnitte zum Beispiel. Pétrus lebt von Resten, aber nur | |
| den besten. | |
| „Der Hund hat die Coronazeit auch gemerkt“, sagt Wirtin Cornelia Rubin. „… | |
| hat die Gäste vermisst. Normalerweise macht der hier immer seine Runde und | |
| holt sich seine Streicheleinheiten.“ Normalerweise. Normal war hier | |
| freilich herzlich wenig in den vergangenen zwei Monaten. | |
| Rund 14.000 Wirtshäuser gibt es in Bayern, je nachdem, was man alles | |
| dazurechnet, auch mehr. Am 21. März mussten sie zusperren – auf unbestimmte | |
| Zeit. Kaum eine Branche wurde ähnlich hart getroffen wie die Gastronomie. | |
| So waren laut Hotel- und Gaststättenverband im Februar in Deutschland | |
| gerade einmal 173 Mitarbeiter in Kurzarbeit, im April waren es dann über | |
| eine Million. | |
| ## Freibier zur Wiedereröffnung | |
| Heute Abend geht es nun endlich wieder los. Lokale dürfen zum ersten Mal | |
| wieder im Innenbereich öffnen. Bis 22 Uhr und unter strengen Auflagen. Es | |
| ist der letzte Montag im Mai. In normalen Zeiten wäre beim Alten Wirt heute | |
| Ruhetag. Aber Ruhetage hatten die Rubins in den vergangenen Wochen genug. | |
| „Jetzt fahren wir durch“, sagt Cornelia Rubin. Ein Fass Bier haben sie | |
| schon bereitgestellt. „Freibier“ heißt es auf der Tafel vor der Tür. Jeder | |
| Gast bekommt eine Halbe aus dem Holzfass umsonst. Auf einer anderen Tafel | |
| steht: „Faschingsverlängerung – Zutritt nur für Maskierte“. Darunter hat | |
| Rubin eine venezianisch anmutende Karnevalsmaske gemalt. | |
| Es gilt noch einiges vorzubereiten. Um es Gästen und Personal leichter zu | |
| machen, den vorgeschriebenen Abstand von 1,5 Metern einzuhalten, schafft | |
| die Wirtin erst mal Platz in der Mitte des Gastraums. „Der Tisch kommt | |
| raus“, sagt sie zu ihrer Auszubildenden Lisa-Marie Völker. „Und bitte die | |
| Lampen hochbinden.“ Auch die Blumen müssen von den Tischen, kein Salz, kein | |
| Pfeffer, keine Bierfilze. Der Gast soll möglichst wenig anfassen können, | |
| was schon ein anderer Gast berührt hat. | |
| Am Tisch dürfen die Besucher den Mund-Nasen-Schutz abnehmen, sonst gilt | |
| Maskenpflicht. Insgesamt vier Spender mit Desinfektionsmittel hängen jetzt | |
| in dem Gasthaus. Jeder Gast muss sich außerdem in eine Liste eintragen: | |
| Name, Uhrzeit, Telefonnummer, E-Mail-Adresse … Bei einem Coronafall soll so | |
| eine Nachverfolgung der Infektionskette erleichtert werden. | |
| ## Ein Netz von Einbahnstraßen im Biergarten | |
| Draußen im Biergarten ist mit Bierbänken und Hochbeeten ein Netz von | |
| Einbahnstraßen aufgebaut worden. Ausgedruckte Verkehrsschilder weisen den | |
| Weg durch den Parcours. „Bitte beachten Sie die Laufrichtung“, steht | |
| darunter, „dies dient dem Coronaschutz.“ | |
| Cornelia Rubin war gerade mal drei Jahre alt, als sie zu ihrer Mutter | |
| gesagt hat: „Ich will so werden wie du.“ Gemeint war: Kellnerin. „Das ist | |
| in mir drin.“ Rubin ist jetzt 31, Kärntnerin mit fränkischem | |
| Migrationshintergrund, und hat in Österreich schon in den verschiedensten | |
| Hotels und Restaurants gearbeitet. Ihr Mann Martin kochte bereits in | |
| mehreren Sterne-Restaurants. | |
| Vor fünf Jahren machten sich die beiden selbstständig, eröffneten zunächst | |
| in Kärnten ein Restaurant und übernahmen dann 2017 den Alten Wirt im | |
| Leitzachtal südlich von München – mit Wirtschaft und Hotelbetrieb. In einem | |
| klassischen bayerischen Wirtshaussetting bieten sie nun gehobene Küche an. | |
| Statt Schweinsbraten mit Packerlsoße auch mal Landhendl vom Wok mit | |
| Currysauce und Jasminreis. | |
| ## Von 100 auf Null an einem Tag | |
| „Es is a Witz, a Schmäh“, sagt Cornelia Rubin, aber sie habe tatsächlich | |
| noch bis zum Schluss gedacht, es werde nicht so schlimm kommen. Noch am | |
| Freitag, dem 13. März, als Corona schon alles beherrschendes Thema war, als | |
| schon klar war, dass ihre bald zwölfjährige Tochter Cecilia am kommenden | |
| Montag nicht mehr würde zur Schule gehen dürfen, machten sie im Alten Wirt | |
| noch business as usual. Es war der Tag, als der bayerische | |
| Ministerpräsident Markus Söder entrüstet auf einen Zeitungsbericht über | |
| geplante Wirtshausschließungen reagierte. Eine „absolute Ente“ sei das, | |
| sagte Söder, und schloss die Schließung von Gaststätten aus. Vier Tage | |
| später verfügte er dann, dass alle Gaststätten in Bayern ab dem nächsten | |
| Tag nur noch bis 15 Uhr öffnen dürfen. Noch einmal drei Tage später mussten | |
| sie schließen. | |
| Ihr Reservierungsbuch war voll zu dieser Zeit. Allein 22 Feiern mit jeweils | |
| bis zu 60 Leuten wurden dann storniert: Geburtstage, Taufen, | |
| Kommunionsfeiern … Auch das Hotel war gut gebucht. Und jetzt? 95 Prozent | |
| Verlust. Es sei zum Weinen gewesen, sagt Cornelia Rubin. „Da baust dir in | |
| drei Jahren einen Betrieb auf und denkst, so, jetzt rocken wir den Laden – | |
| und dann das. Das schmeißt di scho hinter.“ Und doch stand für die beiden | |
| fest: Unterkriegen lassen wir uns nicht. „Aufgeben“, sagt Martin Rubin, | |
| „tust nur einen Brief.“ | |
| Ihre vier festangestellten Mitarbeiter schickten die Wirtsleute in | |
| Kurzarbeit, den zwei Minijobbern kündigten sie – mit dem Versprechen, sie | |
| bei der Wiedereröffnung wieder einzustellen. Und dann stellten sie sich in | |
| die Küche – und kochten weiter. „Wir waren froh, dass wir wenigstens | |
| Liefer- und Abholservice machen konnten, da waren wir ein bisschen | |
| beschäftigt.“ Jeden Tag hatten sie ein zweigängiges Mittagsmenü im Angebot | |
| – für 15 Euro, ab 30 Euro frei Haus. Er kochte, sie lieferte. Rentiert hat | |
| sich das nicht. „Aber für uns war das Werbung. Und wir haben Kontakt gehabt | |
| zu unseren Gästen, waren nicht so einsam unterwegs.“ | |
| Doch so wie früher war auch der Kontakt nicht mehr. Stammgäste, die längst | |
| schon gute Freunde geworden waren, kamen mit Mundschutz und Schutzbrille, | |
| um ihr Essen abzuholen. Mit Handschuhen übergaben sie Cornelia Rubin ein | |
| Kuvert mit dem Geld. | |
| Trotz Lieferservice blieb den Wirtsleuten noch viel Zeit. „Wir sind | |
| Workaholics“, sagt der Koch, „und wenn du einen Workaholic auf einmal in | |
| Quarantäne steckst, dann flippt der aus.“ Dadurch, dass sie sonst von 7 Uhr | |
| morgens bis 2 Uhr nachts arbeiteten, sei die Umstellung schwierig gewesen. | |
| „Du musst dich dermaßen krass motivieren, um wieder in die Puschen zu | |
| kommen – weil du nicht weißt, wofür.“ Die beiden suchten sich Arbeit: Die | |
| Biergartentische haben sie abgeschliffen, die Wände geweißelt, das Haus | |
| einer Grundreinigung unterzogen. Und ab und zu zwischendrin haben sie sich | |
| tatsächlich auch mal eine Stunde in die Sonne gelegt. Da sind dann die | |
| Leute gekommen und haben gesagt: Ihr habt es gut, ihr habt Urlaub. | |
| Es ist drei Uhr nachmittags. Der Verpächter kommt auf einen Kaffee vorbei. | |
| Auch so eine der Besonderheiten des Alten Wirts: Das Gasthaus ist nicht in | |
| Familienbesitz, gehört auch keiner Brauerei, sondern Thomas Burnhauser, | |
| seines Zeichens Filmprofessor im Ruhestand. Burnhauser, ein Mann mit langen | |
| grauen Haaren und einem gepflegten Vollbart, hat das geschichtsträchtige | |
| Haus 2016 gekauft. Über 600 Jahre ist es alt, das älteste Anwesen im ganzen | |
| Tal. Als Kind ist der Münchner schon immer am Wochenende hierher gekommen. | |
| Seine Großmutter war mit der damaligen Wirtin befreundet, der Großvater | |
| erwarb das Fischereirecht für einige Kilometer der Leitzach. Als Burnhauser | |
| dann zufällig mitbekam, dass das Haus zum Verkauf stand, schlug er zu. Er | |
| ließ es herrichten, jedes Zimmer bekam nun ein Bad. | |
| Den hinteren Teil des Hauses, wo früher der Stall war, baute er für sich | |
| und seine Familie als Wochenenddomizil aus. Für das Wirtshaus selbst suchte | |
| er Pächter – und fand Cornelia und Martin Rubin. Die tischten ihm ein | |
| Sechs-Gänge-Menü auf, und die Sache war geritzt. | |
| ## Ein freundlicher Besitzer erlässt die Pacht | |
| Mitte März, als es mit Corona so richtig losging, hat sich Burnhauser | |
| hierher aufs Land zurückgezogen. „Ich bin nicht Vater Teresa“, sagt der | |
| 60-Jährige zwar. Aber auch: „Das Erste, was ich zu Martin und Cornelia | |
| gesagt habe, war: Keine Pacht mehr, bis die Sache vorbei ist. Und zwar | |
| nicht gestundet, sondern gestrichen.“ Die Pacht sei zwar eine wichtige | |
| Einnahmequelle, aber in einer solchen Krisensituation müsse man | |
| zusammenhalten. | |
| An der Wand der Wirtsstube hängt ein Gemälde, das Porträt einer jungen | |
| Frau. Hochgestecktes Haar, schwarzes Kleid. Es ist Bertha Burnhauser, die | |
| Großmutter. Mit 80 hat sie beim Fliegenfischen noch die meisten Forellen | |
| aus der Leitzach gezogen. | |
| Geschosswechsel. Im ersten Stock bereitet Cornelia Rubin gerade die Zimmer | |
| für die Wiedereröffnung des Hotelbetriebs vor. Sieben Doppel- und ein | |
| Familienzimmer hat der Gasthof. 56 Euro kostet eine Nacht im Doppelzimmer | |
| pro Person. Inklusive Frühstück. Im Prospekt werben die Rubins mit den | |
| „knarrenden Dielenböden aus Omas Zeiten“, dem „heimeligen Flair“ und d… | |
| „kuscheligen Betten“. Doch die Prospekte hat Rubin weggeräumt. Zum Schutz | |
| vor dem Virus. Auf den Tischen in den Zimmern liegen nur noch Schreibblock | |
| und Stift. Die erste Seite des Blocks könne man ja nach jedem Gast abreißen | |
| und den Kugelschreiber desinfizieren. | |
| Zimmer 7, jetzt kommt das Lieblingsgerät der Wirtin zum Einsatz: ein | |
| Dampfstrahler – dessen Anschaffung sich in der Coronakrise als Glücksgriff | |
| erweist. Mit 190 Grad und 9 bar reinigt und desinfiziert das Gerät so gut | |
| wie alle Materialien und Oberflächen. Die „umweltfreundliche | |
| Reinigungsrevolution“, verspricht der Hersteller. | |
| Für das erste Wochenende, an dem in Hotels auch wieder Touristen absteigen | |
| dürfen, ist der Alte Wirt schon ausgebucht. Aber auch für Sommer und Herbst | |
| kommen jetzt täglich wieder Reservierungen rein, sogar schon für nächstes | |
| Jahr. „Die Leute sind aber noch vorsichtig“, erzählt Rubin, „und fragen | |
| immer genau nach den Stornogebühren“. | |
| Während Lisa-Marie Völker, die Auszubildende, vor dem Küchenfenster schon | |
| mal das Fass anzapft, bereitet Martin Rubin drinnen die Mürbeteigplätzchen | |
| für das Erdbeerdessert vor. „Liebe … Lebe … Lache …“ steht auf dem R… | |
| seiner Kochjacke. Pétrus liegt vor der Küchentür und schaut dem Herrchen | |
| müde bei der Arbeit zu. „Die Oma hat immer in der Küche die Hühner | |
| umgebracht“, erzählt Rubin und schiebt die Plätzchen in den Ofen. Er könnte | |
| das nicht. | |
| Der 36-Jährige trägt Ohrringe und opulente Tätowierungen: Auf dem linken | |
| Unterarm ist eine Waldlandschaft aus der Kärntner Heimat zu sehen. Auch die | |
| Familie soll da drauf. Doch Corona machte auch die Tattoo-Studios dicht, so | |
| harrt das Werk noch seiner Fertigstellung. Rubins Kollege schält gerade den | |
| Spargel. Aus den Lautsprechern bummert Lounge-House-Musik. Der blanchierte | |
| Chicorée für das Saiblingsfilet ist jetzt auch fertig. Aus verschiedenen | |
| Zutaten etwas Neues zaubern zu können, sagt Rubin, das sei es, was ihn an | |
| seinem Beruf so begeistert. Weshalb er auch in der tiefsten Coronakrise nie | |
| auf die Idee käme, etwas anderes zu machen. | |
| „Wer Österreich genießen will, der kann das auch in Bayern tun.“ Mit dem | |
| Spruch irritiert Ministerpräsident Söder jüngst das Nachbarland. In Hundham | |
| trifft er tatsächlich zu. Irgendwie. | |
| ## Alpenküche, etwas anders definiert | |
| Rubin kocht ausschließlich mit frischen Zutaten. Am besten mit regionalen. | |
| Wobei der Koch in puncto Regionalität durchaus eine | |
| sympathisch-eigenwillige Definition hat. „Alpenküche“ bietet er seinen | |
| Gästen im Alten Wirt. Und Alpenküche, das schließt für Rubin alle Länder | |
| ein, die eben an die Alpen grenzen. So kommt es, dass der Gast auf Wunsch | |
| und Vorbestellung hier in Hundham auch bretonische Fischspezialitäten | |
| vorgesetzt bekommt. Dass die Fische tags zuvor noch im Meer geschwommen | |
| sind, versteht sich von selbst. | |
| Einmal war ein Kritiker der [1][Süddeutschen Zeitung] hier. Die Rubins | |
| merkten es erst hinterher, als der Mann sich in seiner Restaurantkritik | |
| über die Hartkäse-Kartoffelcreme mit Kräutern beklagte: Die sei so mächtig, | |
| „dass man sich fast schon überlegt, den Hauptgang wieder abzubestellen. | |
| Dann schmeckt sie auch noch so gut, dass man sie restlos aufisst … Man | |
| hat’s nicht leicht im Alten Wirt!“ Auch den übrigen Zeilen der Besprechung | |
| war zu entnehmen, dass der Koch seinem Gast kulinarisch ganz ordentlich den | |
| Kopf verdreht hatte. Seither pilgern die Gäste aus dem 45 Autominuten | |
| entfernten München nach Hundham. An Silvester gab es sogar Standing | |
| Ovations für das Menü. | |
| Natürlich hat die Qualität auch ihren Preis. Wer etwa Rubins berühmtes | |
| „Tatar vom bayerischen Ox“ kosten möchte, muss allein für die Vorspeise | |
| 18,90 Euro einkalkulieren. | |
| Um 18.05 Uhr kommen die ersten Gäste. Zehn Minuten später rattert in der | |
| Küche ein Bestellzettel aus dem kleinen schwarzen Drucker: | |
| Grießnockerlsuppe, einmal Leber mit Kartoffelpüree, Curcuma-Birnen und | |
| Röstzwiebel und dann noch Brennnesselknödel mit Salat. | |
| Heuer wollten sie eigentlich noch die Remise hinterm Haus zu einem | |
| Veranstaltungssaal umbauen, dazu noch eine Bar eröffnen – schon lange ein | |
| Traum von Martin Rubin, der im vergangenen Jahr eine Zusatzausbildung zum | |
| Bartender gemacht hat. Saal und Bar hat das Virus nun auf dem Gewissen. | |
| Immerhin kamen die Rubins durch die Krise, ohne weitere Kredite aufnehmen | |
| zu müssen – auch dank der erlassenen Pacht und den zügig ausgezahlten | |
| Soforthilfen von Bund und Freistaat. Aber lange hätten sie nicht mehr | |
| durchgehalten. Drei, vier Wochen vielleicht noch, sagt der Wirt, dann hätte | |
| man gar nicht mehr aufsperren brauchen. | |
| Die Grießnockerlsuppe ist fertig. Serviert wird sie mit frischer | |
| Gemüseeinlage in einem Weckglas. Wichtig: Frühlingszwiebeln nehmen, keinen | |
| Schnittlauch, der bleibt nur zwischen den Zähnen hängen. Der Koch läutet | |
| die Glocke. Lisa-Marie Völker ist zur Stelle, holt das Süppchen und bringt | |
| es zum Tisch. Währenddessen macht sich Rubin an die Knödel, kocht sie im | |
| Wasser, um sie danach in Butter leicht anzubraten. Sein Kollege bereitet | |
| indes den Salat zu. „Der war grandios“, wird der Gast die Kellnerin später | |
| ausrichten lassen, „da war ja wirklich alles drin.“ | |
| Während der Arbeit müssen die Bedienungen jetzt ständig einen Mundschutz | |
| tragen. Eine starke Beeinträchtigung, findet die junge Frau. Vieles, was | |
| sonst im Alten Wirt Usus ist, ist derzeit nicht mehr erlaubt – zum | |
| Beispiel, dem Gast nachzuschenken. „Sonst haben wir uns auch immer gern mit | |
| den Gästen unterhalten“, erzählt Völker. „Das geht jetzt gar nicht mehr. | |
| Ich fühle mich wie so ein Roboter, der nur schnell das Essen hinbringt, und | |
| dann ist er gleich wieder weg.“ | |
| Eigentlich will die 21-Jährige Köchin werden. Zur Ausbildung gehört jedoch | |
| auch das Bedienen, deshalb arbeitet Völker derzeit als Kellnerin. Wenn sie | |
| denn arbeitet. Knapp zwei Monate war sie in Kurzarbeit. „Die erste Woche | |
| hat man sich ja noch gefreut“, erzählt Völker: „Hey, ’ne Woche Urlaub. … | |
| der zweiten Woche hat man den Bezug zur Zeit verloren. Und dann fällt man | |
| in ein Loch.“ | |
| ## „Eine Katastrophe“ | |
| Kurz vor 22 Uhr – gerade noch rechtzeitig – verlässt der letzte Gast das | |
| Lokal. Zehn Halbe Freibier haben die Rubins an diesem Abend ausgeschenkt. | |
| Sechs Tische waren besetzt. „Katastrophal“, sagt Cornelia Rubin. „Das | |
| hätten wir allein machen können, da hätten wir gar kein Personal | |
| gebraucht.“ Doch schon ein paar Tage später, am ersten Samstag nach der | |
| Wiedereröffnung, wird das Restaurant fast wieder voll sein, die Wirtin von | |
| Aufbruchstimmung sprechen. | |
| Und was, wenn im Herbst die zweite Welle kommt, wenn es erneut einen | |
| Lockdown gibt? Martin Rubin schüttelt den Kopf. „Dann sagt jeder: Na, | |
| schaff’ma ned. Niemand kann noch mal zwei solche Monate überleben.“ Pétrus | |
| hat sich inzwischen an die Rezeption verzogen. | |
| 4 Jun 2020 | |
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| [1] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/kostprobe-ein-gluecksgriff-fuer-die-fi… | |
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| Dominik Baur | |
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