# taz.de -- Corona-Auflagen in Berlin: Locker vorm Hocker | |
> Der Senat erlaubt ab 2. Juni die Öffnung von Freiluftkinos, Muckibuden | |
> und Kneipen. Schon ab Samstag darf wieder richtig demonstriert werden. | |
Bild: Kann jetzt richtig groß demontrieren und auch wieder öffnen: Kneipier N… | |
BERLIN taz | Der Sommer kann doch noch kommen, und mit ihm zieht ein Hauch | |
von Berliner Kultur ein: Ab kommender Woche dürfen traditionelle Kneipen | |
ohne Speiseangebot wieder öffnen – solange die BierfreundInnen mit Abstand | |
am Tisch und nicht am Tresen sitzen. Auch Freiluftkinos sollen Filme zeigen | |
können, ebenfalls ab 2. Juni. Open air darf es zudem Konzerte geben. | |
Für Kino wie Musik und auch Sportveranstaltungen im Freien gilt aber | |
vorerst eine Obergrenze von 200 BesucherInnen, die Mitte Juni auf 500 | |
steigt und Ende Juni auf 999. Das gab Innensenator Andreas Geisel (SPD) am | |
Donnerstagabend nach einer langen Sondersitzung des rot-rot-grünen Senats | |
bekannt. | |
Ab Dienstag wird zudem Pumpen im Fitnessstudio wieder möglich sein – mal | |
sehen, wie die Kondition der BesucherInnen nach zweieinhalb Monaten | |
Schließung noch ist. Allerdings gilt hier, wie auch ab 2. Juni in Tanz- und | |
Sportschulen, eine besondere Abstandsregelung von 3 Metern. Umkleiden und | |
WCs dürfen genutzt werden, Duschen jedoch nicht. | |
Schließlich beendet Berlin endlich die drastischen Einschränkungen beim | |
Grundrecht auf Versammlungsfreiheit: Für Demonstrationen gilt schon ab | |
diesem Samstag keine Begrenzung der TeilnehmerInnenzahl mehr. Derzeit sind | |
öffentliche Versammlungen im Freien wegen der Pandemie auf 100 Personen | |
begrenzt – eine in der Praxis jedoch kaum seriös zu kontrollierende | |
Beschränkung. Mit deren Aufhebung reagiert der Senat auch auf massive | |
Kritik aus den Regierungsfraktionen: Der Rechtsausschuss hatte sich vor | |
zehn Tagen einstimmig für ein sofortiges [1][Ende der | |
Grundrechtseinschränkungen] ausgesprochen. Die Aufhebung der Beschränkungen | |
betrifft auch religiöse Veranstaltungen unter freiem Himmel. | |
Bei allen Lockerungen gilt weiterhin ein Abstandsgebot von mindestens 1,5 | |
Metern sowie die Einhaltung von Hygieneregeln. Wer nun angesichts der neuen | |
Vorgaben auf die Rückkehr zur echten Berliner Großstadtstadtatmosphäre | |
hofft, wird enttäuscht sein: Großveranstaltungen bleiben weiterhin bis zum | |
31. August untersagt. Clubs müssen bis auf weiteres geschlossen bleiben, | |
genauso wie Theater. Kinos können hingegen ab 30. Juni auch wieder Filme | |
drinnen zeigen. | |
Generell gilt weiterhin, dass sich lediglich Mitglieder von zwei Haushalten | |
treffen können; allerdings können bis zu fünf Menschen zusammen kommen. | |
Private Feiern aus zwingendem Grund – Hochzeiten, Taufen, Trauerfälle – | |
dürfen von bis zu 50 Menschen besucht werden. Die neue Verordnung ist ab | |
30. Mai gültig und befristet bis 4. Juli. | |
Geisel mahnte die BerlinerInnen trotz der Erleichterungen: „Schützen Sie | |
sich, schützen Sie andere.“ Sollten die Infektionszahlen wieder steigen, | |
müssten Maßnahmen zurück genommen werden. „Ich betone, das ist nicht | |
ausgeschlossen“, sagte Geisel und verwies auf gestiegene Zahlen in | |
Südkorea. | |
Der Senat habe zudem den Bußgeldkatalog überarbeitet, erklärte der | |
Innensenator. Einzelne Regelungen waren Anfang der Woche vom | |
Verfassungsgericht wegen Unklarheit gekippt worden. | |
Insbesondere Kneipen und Freiluftkinos hatten zuletzt darauf gedrängt, doch | |
noch in dieser langsam heiß laufenden Saison [2][aufmachen zu können]. | |
Viele InhaberInnen von Kneipen fühlten sich vom Senat benachteiligt, weil | |
Restaurants und Cafès mit Speiseangebot dies bereits Mitte Mai erlaubt | |
wurde. | |
BetreiberInnen von Openairkinos hatten mangels Unterstützung selbst | |
Konzepte für einen verspäteten Saisonstart entworfen. „Das Kino im Park | |
Friedrichshain könnten wir sofort öffnen, weil wir es schon umgebaut haben | |
entsprechend der Auflagen, die wir erwarten“, hatte Arne Höhne vor wenigen | |
Tagen [3][der taz gesagt]. Das Kino kann nun statt der üblichen 1.700 | |
lediglich 400 Plätze anbieten. Zugleich hatte Höhne den Senat kritisiert, | |
weil dieser nicht zu Gesprächen über Konzepte bereit war: „Es ist schon | |
sehr unangenehm, dass niemand mit uns direkt gesprochen hat.“ | |
Ob das Freiluftkino Friedrichshain angesichts der Beschränkung auf 200 | |
BesucherInnen überhaupt öffnet und wirtschaftlich betrieben werden kann, | |
blieb am Donnerstagabend offen. Ab 16. Juni steigt die Begrenzung auf 500, | |
ab 30. Juni schließlich auf 999 TeilnehmerInnen. | |
Was Kitas und Schulen angeht, drängt der Senat auf eine schnellere Rückkehr | |
zum Normalbetrieb. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) soll dafür in | |
der nächsten Senatssitzung am 9. Juni ein Konzept vorlegen. Für die Schulen | |
werde das vorerst wenig bringen, da am 24. Juni die Ferien beginnen, gab | |
Geisel zu. „Wir wollen aber nach den Sommerferien umfassender und schneller | |
als bisher gedacht einen Normalbetrieb zulassen.“ | |
Auch in Brandenburg wurden die Regeln gelockert – schon ein paar Tage | |
früher als in Berlin. Seit diesem Donnerstag gilt zum Beispiel, dass | |
Menschen in etwas größeren Gruppen in der Öffentlichkeit unterwegs sein | |
dürfen. Der Aufenthalt ist mit bis zu zehn Menschen oder maximal zwei | |
Haushalten erlaubt, vorher waren nur bis zu zwei Haushalte möglich. Die | |
neue Regel gilt ebenso für Treffen in Wohnungen. | |
Auch das Trainieren im Fitnessstudio und in der Sporthalle, das Tanzen in | |
Tanzschulen sowie der Besuch von Freizeitparks und Spielhallen sind im | |
Berliner Umland bereits jetzt schon wieder möglich. Bei Demonstrationen | |
hinkt Brandenburg indes hinterher: Hier sind im Freien Proteste mit bis zu | |
150 statt 50 Menschen erlaubt. Große private Feste wie Hochzeiten können | |
mit maximal 50 Menschen drinnen oder draußen gefeiert werden. | |
28 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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