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# taz.de -- Restaurants in Berlin öffnen heute wieder: Voller Vorfreude, volle…
> Vor zehn Tagen trafen wir drei Gastronomen in ihren leeren Restaurants.
> Nun dürfen sie wieder öffnen – aber unter welchen Umständen? Drei
> Protokolle.
Bild: Mengling Tang in ihrem Chinarestaurant in Berlin-Mitte
Mario Dzeladini, 59, Inhaber des italienischen Restaurants Firenze in
Pankow:
„Ich bin sehr aufgeregt. Es hat ja auch lang genug gedauert. Gott sei Dank
ist unser [1][Restaurant groß] genug für die neuen Abstandsregeln. Bei
schönem Wetter gibt es zusätzlich die Terrasse mit Markise, bei schlechtem
die Terrasse mit Verglasung und Heizstrahlern.
Ich besetze nur jeden zweiten Tisch. So können wir einen Abstand von zwei
Metern garantieren. Zusätzlich zu den vier Mitarbeitern, die ich während
der ganzen Zeit wegen des Essens zum Mitnehmen behalten habe, konnte ich
zwei weitere wieder zurückholen.
Ein Stammgast von uns hat für die Kellner Mundschutz genäht mit unserem
Logo drauf. Das ist doch toll, oder? Die Toiletten müssen oft desinfiziert
werden, und wir kontrollieren sehr oft. Überall hängen Schilder mit der
Bitte, nicht so viel mit den Kellnern zu sprechen. Wir bringen das Brot
nicht mehr in Körben, sondern auf Tellern. Ich habe extra ganz kleine Salz-
und Pfefferstreuer bestellt, die bei jedem Gast ausgewechselt werden
können.
In der Küche gibt es jetzt nur noch Papierhandtücher. Es gibt eine neue
Spülmaschine, sodass wir auch die Gläser bei 80 Grad spülen können. Der
ganze Tresen ist neu, direkt aus der Brauerei. Und der Gastraum ist frisch
renoviert, wir hatten ja viel Zeit für so etwas.
Am Freitag haben wir bis jetzt 50 Reservierungen, am Samstag 20. Ich bin
sehr gespannt, wie das alles gehen wird. Und ich freue mich unheimlich auf
unsere Gäste! Endlich wird das Leben wieder etwas normaler!“
Arzu Bulut, 47, eine der beiden Inhaberinnen von Osmans Töchter, einem
Restaurant mit zwei Filialen in Charlottenburg und Prenzlauer Berg:
„Wir werden am Freitag erst einmal nicht wiedereröffnen, sondern die
Situation übers Wochenende ganz genau beobachten. Ich werde viel mit dem
Rad in der Stadt unterwegs sein, auch selbst essen gehen. Wie ist die
Stimmung? Sind die [2][Menschen zögerlich]? Haben sie Angst vor einer
Ansteckung? Oder finanzielle Sorgen? Wer traut sich?
Am Montag müssen wir dann entscheiden, ob wir zunächst einmal das
Restaurant in Prenzlauer Berg am Mittwoch öffnen wollen. Es ist gut, so
eine Veränderung nicht am Wochenende zu machen. Lieber vorsichtig sein, mit
weniger Gästen. Wir haben eine Liste gemacht, nach der wegen der
Abstandsregeln von den etwa 70 Plätzen im Restaurant 26 bis 35 übrig
bleiben.
Das ist nicht viel, und wir müssen gut rechnen, ob es sich lohnt. Die
Mehrwertsteuer für Speisen wird ja erst ab dem 1. Juli auf sieben Prozent
abgesenkt. Seit dem Shutdown im März bieten wir auch Essen zum Mitnehmen
an. Dafür zahlt man aber ohnehin nur sieben Prozent Mehrwertsteuer.
Das Schwierigste ist die Entscheidung, wie viele Mitarbeiter man aus der
Kurzarbeit holen kann und soll. Wie viele Mitarbeiter brauche ich in der
Rushhour von 18 bis 20 Uhr? Wie kann ich die Karte reduzieren, sodass nicht
so viele in der Küche arbeiten müssen?
Unsere Küche ist schwierig, sie ist aufwendig. Wir haben nicht wie viele
Italiener nur eine Pizza und ein paar Beläge, nicht nur die fertige Pasta
und ein paar Soßen. Wahrscheinlich werden wir beide, meine
Geschäftspartnerin und ich, die ganze Zeit im Restaurant mitarbeiten. Die
Löhne sind ein großer Posten bei uns. Ich finde, da könnte der Staat helfen
und könnte zum Beispiel 20 Prozent der Lohnkosten beisteuern, das wäre
günstiger für ihn als die hundertprozentige Übernahme der Kurzarbeit.“
Mengling Tang, Inhaberin des Restaurants Pekingente in der Voßstraße in
Mitte
„Die Hygieneauflagen sind sehr streng. Im Innenraum haben wir den Abstand
zwischen allen Tischen genau ausgemessen und gegebenenfalls etwas
vergrößert oder Tische blockiert. In unserem Restaurant sind die Tische zum
Glück sowieso großzügig gestellt. Bei der Gartenbestuhlung ist es leider
schwieriger, da wird es deutlich dünner. Ich habe 1.500 Euro für
Desinfektionsmittel ausgegeben, die kommen in der Küche, im Gastraum und in
den Toiletten zum Einsatz. Wir haben alle drei Türen geöffnet und
Markierungen auf den Fußboden geklebt.
Für die Gäste gibt es Zettel, die sie ausfüllen sollen, damit wir im Fall
des Falles die Kontaktdaten haben. Um 22 Uhr muss der Laden aufgeräumt
werden, die Gäste dürfen nicht noch ein halbes Stündchen sitzen bleiben und
austrinken. Ich habe alle meine Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt und
bin darüber sehr glücklich. Allerdings können sie nur 20 oder 30 Prozent
ihrer eigentlichen Arbeitszeit arbeiten.
Ich achte sehr darauf, dass ungefähr alle dasselbe bekommen, und alle haben
dafür großes Verständnis. Sie brauchen ja auch unbedingt das Trinkgeld. Wir
wissen noch nicht, wie sich unsere Gäste verhalten werden. Wie besorgt
werden sie sein?
Wir wissen auch noch nicht, wie die Umsätze sein werden. Das werden wir
erst in zwei oder drei Monaten sagen können. Ich hoffe, der Sommer wird
ganz gut laufen. Aber viele Virologen gehen ja von einer zweiten Welle im
Herbst aus. Ich rechne mit einer harten Zeit.“
15 May 2020
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## AUTOREN
Susanne Messmer
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