# taz.de -- Öffnung der Freiluftkinos in Berlin: Ausverkauft, aber leer | |
> Seit Dienstag dürfen Open-Air-Veranstaltungen wieder stattfinden, aber | |
> nur mit 200 Zuschauern. Trotzdem war die Euphorie bei Gästen und Machern | |
> groß. | |
Bild: So leer ist voll: Freiluftkino Friedrichshain am Dienstagabend | |
BERLIN taz | Irgendwann, als das letzte Licht der Dämmerung verloschen war | |
und die ersten Sterne am wolkenlosen Himmel über Berlin zu leuchten | |
anfingen, fühlte sich es sich im Freiluftkino im Volkspark Friedrichshain | |
an wie in einer dieser perfekten sommerlichen Kinonächte. Der Film auf der | |
Leinwand war jetzt klar zu erkennen, im Dunklen hinter einem säuselten ein | |
paar Zuschauer etwas Unverständliches, dann flog ein Entenpaar durchs Bild | |
und kurz darauf eine Fledermaus. Es war nur in bisschen kalt, und der Film | |
„Der Glanz der Unsichtbaren“ gut – aber nicht die Hauptsache. | |
Seit Dienstag dürfen in Berlin wieder Open-Air-Veranstaltungen stattfinden, | |
die nicht mehr nur gestreamt werden, sondern von echtem Publikum besucht | |
werden können, Konzerte etwa, Sportevents, aber auch die Freiluftkinos | |
machen wieder auf. Allerdings mit zwei Auflagen: Höchsten 200 BesucherInnen | |
und die Einhaltung der Corona-Auflagen in Sachen Hygiene und Abstand. | |
Als Innensenator Andreas Geisel (SPD) vergangenen Donnerstagabend die | |
[1][Lockerungen bekannt gegeben hatte], da war Arne Höhne, Mitbetreiber des | |
Freiluftkinos Friedrichshain, schon lange darauf vorbereitet gewesen. | |
Bereits Ende April hatte er [2][ein Konzept erarbeitet], wie Freiluftkino | |
unter den veränderten Bedingungen trotzdem stattfinden könnte. | |
Es sieht unter anderem Abstandsmarkierungen, bargeldlosen Vorverkauf, feste | |
Platzvergabe und vor allem viel weniger BesucherInnen vor: Statt 1.700, wie | |
im Friedrichshain möglich, plante Höhne nur mit einem Viertel, also gut | |
400. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg befand das Konzept für gut. | |
## Gefühlt sehr sehr leer | |
Laut den allgemein gültigen Vorgaben des Senats waren es dennoch zu viele, | |
und deshalb kamen für den Eröffnungsabend lediglich die möglichen 200 | |
Tickets in den Vorverkauf. Sie waren bereits am Sonntag ausverkauft. Und so | |
kam es zu der absurd anmutenden Szene, dass das amphittheaterähnliche | |
Halbrund zwar „voll“ im Sinne von „bis zur Grenze belegt“, aber gefühlt | |
sehr sehr leer war. | |
Denn zwischen den markierten Doppelplätzen ist ein Abstand von fünf bis | |
zehn Metern, jede zweite Reihe wird freigehalten, und selbst die im | |
ursprünglichen Konzept vorgesehenen Plätze an den Rändern blieben so leer. | |
Höhne war trotzdem „total glücklich, dass es jetzt doch noch losgeht. Es | |
war uns klar: wenn wir öffnen können, dann öffnen wir, egal mit wie viel | |
Zuschauern“, wie er vor Beginn der Vorführung der taz sagte, mit | |
Mund-Nase-Schutz. Der ist ebenfalls vorgeschrieben für alle BesucherInnen, | |
wenn sie sich ins und im Kino bewegen, also etwa zur Toilette gehen oder | |
umgekehrt zum Bierstand. | |
Diese Leere stand im Kontrast zu den optimalen Freiluftkinobedingungen, bei | |
denen die ZuschauerInnen dann selbst an den Hängen neben den Bänken sitzen | |
oder liegen, und könnte so eine Art Symbolbild für das Kulturleben in | |
diesem Sommer werden. Höhne empfahl, hörbar emotional, bei der Begrüßung | |
den BesucherInnen, sich lange an diesen Abend zu erinnern. | |
„Das können Sie noch ihren Kindern erzählen: Sie waren an diesem 2. Juni | |
2020 bei der einzigen Kulturveranstaltung, ausgerichtet für gerade mal 200 | |
Menschen, in einer Stadt mit 3,7 Millionen Einwohnern.“ Ein historischer | |
Abend also, mindestens. Euphorischer Applaus kam als Dank von den | |
ZuschauerInnen, von denen die meisten wohl genau so glücklich waren wie | |
Höhne, dass es wieder los geht mit der Freiluftkultur. | |
## Der „Spirit des Sommers“ | |
Dem Betreiber ist es aber ebenso wichtig, dass sich alle BesucherInnen | |
wirklich geschützt fühlen können vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. | |
„Jeder soll sich sicher fühlen“, betonte Höhne. „Alles soll smooth und | |
schön sein – das ist der Spirit des Sommers.“ | |
Bisweilen sorgt das für absurd anmutende Szenen, etwa wenn die | |
Bierverkäuferin, die sowieso Schutzhandschuhe aus Plastik trägt, diese | |
jedes Mal deinfizieren muss, wenn sie Bargeld angefasst hat. Oder dass nur | |
sehr wenige Einzeltickets gibt. Und dass die beiden Menschen, die | |
nebeneinander sitzen, offiziell im gleichen Haushalt leben müssen. | |
Aber vielleicht grooven sich die Umstände – im smoothen Sinne – noch ein in | |
dieser Saison, die ja gerade erst los geht. Ab diesem Mittwoch wird das | |
Freiluftkino Kreuzberg geöffnet mit dem Film „Die Brücke“ von Bernhard | |
Wickie. Am Donnerstag folgt das Openairkino in Volkspark Rehberge; auch die | |
Vorstellung von „Parasite“ dort ist ausverkauft, und dann wohl nach und | |
nach viele der vielen anderen Freiluftkinos, etwa das am Kulturforum ab 12. | |
Juni. | |
Ob sich das alles finanziell rentiert oder mehr etwas für die Seele und den | |
Gemütszustand der Kulturschaffenden und -konsumierenden ist, wird sich | |
zeigen müssen. „Ökonomisch sehr schwierig“, sei die Situation, sagte Höh… | |
Mitten in der Planung habe er im April die MitarbeiterInnen in Kurzarbeit | |
schicken müssen. Immerhin die Sponsoren – zwei Brauereien – hätten stets … | |
ihm gehalten. Und ab Mitte Juni sind dann offiziell 500 BesucherInnen | |
erlaubt, ab Ende des Monats genau 999. | |
3 Jun 2020 | |
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[1] /Corona-Auflagen-in-Berlin/!5689123 | |
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