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# taz.de -- Kultur an der frischen Luft: Draußen spielt die Musik
> Bezirke ermuntern Kulturschaffende aus allen Sparten, ihre Frei- und
> Grünflächen, Straßen und Plätze zu nutzen.
Bild: Lesen in Parks
Ein kleines, charmantes Literaturfestival hat es bereits vor einem Jahr
vorgemacht. Unter dem Namen „Literatur auf der Parkbank“ lasen im Juni 2019
50 AutorInnen auf 50 Parkbänken im Tiergarten rund um den Neuen See und den
Schleusenkrug ihre Werke kostenlos und unter freiem Himmel. Organisator
Eckart Hündgen hatte erkannt, dass die oftmals trockenen
„Wasserglaslesungen“ interaktiver, niedrigschwelliger, ganz einfach
lebendiger werden müssen.
Und so konnte man einen ganzen Nachmittag zwischen hohen Bäumen und bunten
Rosensträuchern treiben und sich überraschen lassen, hier und da verweilen,
kurz abtauchen und weiter ziehen. So oder so ähnlich stellen sich das wohl
auch die Politiker dieser Stadt vor, die nun unter dem Motto „Draußen
spielt die Musik!“ Kulturschaffende aus allen Sparten dazu ermuntern, die
bezirklichen Frei- und Grünflächen, Straßen und Plätze und womöglich auch
Sportaußenanlagen zu nutzen. Die Bezirksbürgermeisterin von
Marzahn-Hellersdorf, Dagmar Pohle, die Bezirksbürgermeister von Pankow und
Lichtenberg, Sören Benn und Michael Grunst (alle drei Linke), schaffen bis
zum 30. September eine eigene Anlaufstelle in ihren Bezirksämtern, um
schnelle Bearbeitung zu garantieren.
Kultursenator Klaus Lederer (ebenfalls Linke) begrüßt in einer
Pressemitteilung deren Engagement: „Mit guten Schutzkonzepten probieren wir
kleinteilige Formate aus. Ich freue mich sehr, dass die drei
Bezirksbürgermeister*innen vorangehen.“ Obwohl die Literatur in besagter
Pressemitteilung mit keinem Wort erwähnt ist, wird es sicher auch Anträge
für Lesungen unter freiem Himmel geben.
Die Idee ist wolkig, denn noch weiß keiner, wie man mit solchen
Veranstaltungen Geld generieren soll, aber sie ist trotzdem nett.
Vielleicht sogar so nett, dass sie auch nach Corona weiter tragen könnte.
Denn wer hat selbst nach langer Corona-Abstinenz schon in den Sommermonaten
Lust auf ernste Kultur, auf klassische Autorenlesungen bei stickiger Luft
beispielsweise, wo man allzu lang jenem eintönigen Singsang zu lauschen
gezwungen ist, der höchstens dann und wann unterbrochen wird, wenn der
Vortragende zu einem Glas Wasser greift, um die trockene Kehle zu benetzen?
Wer mag sich im Sommer überhaupt in geschlossenen Räumen aufhalten?
Und überhaupt: Drei Monate Corona waren schlimm. Sie haben aber auch
gezeigt, dass sich manche Dinge sogar besser nebenbei, zwischen Tür und
Angel oder im unkonzentrierten Schlendermodus aufnehmen und verarbeiten
lassen – also ganz ohne stundenlang völlig verkrampft auf einen Bildschirm,
eine Leinwand oder eine Bühne zu starren.
11 Jun 2020
## AUTOREN
Susanne Messmer
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Literatur
Schwerpunkt Coronavirus
Berliner Nachtleben
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