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# taz.de -- Raumfahrtexperte über Musks' Raketen: „SpaceX hat eine Vision“
> Zweiter Versuch am Samstag: Erstmals schickt ein Privatunternehmen
> Menschen ins All. Wie das möglich ist, erklärt Space-Startup Berater
> Sebastian Straube.
Bild: Die Fotografen haben vergeblich gewartet: Am Mittwoch hat ein Gewitter de…
taz: Die USA schaffen endlich wieder etwas Großartiges, sagte der Nasa-Chef
vor dem Start der Falcon-9-Rakete zur Internationalen Raumstation ISS.
Warum soll es großartig sein, Menschen ins All zu schießen, das ist doch
Alltag?
Sebastian Straube: Der Start jetzt ist ein rein kommerzieller Flug, und das
ist etwas Besonderes. Die Starts früher mit den Spaceshuttles waren made by
Nasa und operated by Nasa. Das waren milliardenteure Flugtickets ins All.
Innovationen waren spärlich, die Trägerraketen wurden nicht wiederverwendet
wie jetzt die Falcon 9. Die Nasa hat den Start gekauft, fast wie Sie ein
Ticket bei einer Airline kaufen. Nach einem erfolgreichen Flug wird dieser
Service auch für Privatpersonen machbar sein. Der Start jetzt ist also ein
großer Schritt hin zur Kommerzialisierung der Raumfahrt und auch des
Zugangs zur Internationalen Raumstation.
Es scheint doch eher um Nationalstolz zu gehen. Seit dem Aus der
Spaceshuttles hat die Nasa das Flugticket bei den Russen gekauft, das
wurmte.
Nationalstolz spielt sicher auch eine Rolle. Aber für einen Flug mit einer
russischen Sojus-Kapsel wollten die Russen zuletzt 90 Millionen Dollar.
SpaceX ist da jetzt bereits, bei diesem ersten Flug, etwas günstiger. Das
Monopol der Russen für bemannte Flüge ins All wird endlich aufgebrochen.
Wie kann es sein, dass ein privates Unternehmen ein Geschäftsmodell aus
einem so komplexen, risikobehafteten Vorhaben wie Weltraumflügen macht?
Elon Musk hat die Entwicklungen der ersten Technologien aus seinem eigenen
Geldbeutel bezahlt. Er hatte aber auch sehr gute Referenzen als Unternehmer
und deshalb Investoren, die an ihn geglaubt haben. Aber der Schlüssel ist
die extrem enge Zusammenarbeit zwischen der Nasa und SpaceX. Nach dem
vierten erfolgreichen Flug der Falcon 1, Musks erster Rakete, hatte die
Nasa Vertrauen in das Team und vergab den ersten Auftrag an SpaceX, Fracht
in den Orbit zu bringen. Als Nächstes hat die Nasa der Firma die
Technologien aus alten Raketenprojekten zur Verfügung gestellt – und als
Kunde weitere Milliarden auf den Tisch gelegt.
Die ArianeGroup in Europa ist überwiegend in privatem Besitz, die
Europäische Weltraumagentur ESA bestellt dort aus Steuermitteln finanzierte
Raketenstarts. Was ist an Musks Geschäftsmodell also neu?
Die Ariane-Raketen waren von Anfang an ein geopolitisches Projekt, um den
Europäern einen unabhängigen Zugang ins All zu ermöglichen. Außerdem hat
die ArianeGroup keine Langzeitvision. Elon Musk will Menschen zum Mars
fliegen und hat ein Geschäftsmodell aus den Zwischenschritten auf dem Weg
dorthin gemacht. Erst gab es die Falcon-Raketenreihe, die hat die Preise
für Flüge in den Erdorbit stark gedrückt. Als Nächstes folgt Starlink, ein
von Musk bereits gestartetes, weltweites Netzwerk aus am Ende Tausenden von
Satelliten, mit denen er flächendeckend weltweit Breitband-Internet
anbieten will. Damit kann SpaceX das nächste Vehikel entwickeln, das
Starship, das Flüge zum Mond und Mars möglich machen soll. Ob jemals
Menschen auf dem Mars leben werden, sei mal dahingestellt. Aber SpaceX hat
eine Vision und damit eine Dynamik, von der die Europäer nur träumen
können.
Ist Musks Marsvision nur eine Geschichte, um Investoren mit einem
infantilen Traum zu begeistern?
Glauben Sie mir, mit Marsflügen begeistert man keine Investoren. Das ist
einfach Musks großer Traum, einer mit positiven Nebeneffekten: Es ist jetzt
schon viel günstiger geworden, ins All zu kommen.
Kann man von einer privaten Mission zur ISS sprechen, wenn die Nasa und
SpaceX so eng verbandelt sind?
Ich sehe die Kritik überhaupt nicht. Öffentliche Aufträge für private
Unternehmen sind alltäglich. SpaceX drückt die Kosten, das spart den
Amerikanern Steuergelder.
Sie sammeln Risikokapital für Investitionen im All. Was sind denn die
Geschäftsmodelle?
Beispielsweise die Verarbeitung von Daten aus der Erdbeobachtung, der
Navigation oder der Kommunikation, durch künstliche Intelligenz, um daraus
Wissen du generieren. Bei der Hardware sind es Satellitenflotten für
schnelles Internet in abgehängten Regionen. Oder Kleinraketen für die
Satellitenindustrie, da gibt es Unternehmen, die produzieren 80 Prozent der
Teile mit fortgeschrittenen 3D-Druckern.
Sie sind oft in den USA und anderen Ländern unterwegs. Wo steht Deutschland
bei der Kommerzialisierung des Alls?
Nirgends. Da herrscht Tiefschlaf. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Im
Moment versucht der Bundesverband der Deutschen Industrie, mit der Idee
eines Weltraumflughafens für Kleinraketen in Norddeutschland das Thema
progressiv voranzubringen. Ein Programm wie das von der Nasa initiierte
Commercial Orbital Transportation Services gibt es nicht und wird es nicht
geben.
Warum so frustriert?
Weil es hier für die Raumfahrt nur das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt gibt. Das ist eine Behörde, die Steuergelder für Forschung in
über 20 verschiedenen Instituten ausgibt, von denen Raumfahrt nur einen
Bruchteil darstellt. In Sachen Exploration lehnt sich das DLR an die Esa
an, was die Situation noch komplexer macht. Es gibt da niemanden, der
Risiken eingeht und unternehmerisch denkt. Was Deutschland braucht, ist
eine neue Weltraum-Agentur, die sehr viel von Wirtschaftsförderung und
Unternehmertum versteht. Luxemburg oder Australien haben das in den letzten
zwei Jahren aufgebaut, das wäre ein Vorbild.
Wir haben auf der Erde große Probleme. Wozu Milliarden im All ausgeben, ob
nun privat oder öffentlich?
Wir hätten ohne Raumfahrt das Ozonloch nicht bemerkt und wüssten nicht, wie
sehr sich das Klima erwärmt. Diese Technologien sind extrem relevant für
die Erde. Sie dürfen auch den Technologietransfer nicht vergessen; auf der
ISS wird an neuen Materialien und Medikamenten geforscht. Wir sind eine
Spezies, die mit 100.000 Kilometern in der Stunde um die Sonne rast. Da
kann man doch mal den Kopf rausstrecken und fragen, was da draußen los ist.
Ich glaube, Raumfahrt ist ein Antrieb für uns alle, uns weiter zu
entwickeln.
30 May 2020
## AUTOREN
Ingo Arzt
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Architektur
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