| # taz.de -- Studie zu Lebensmitteln und CO2-Ausstoß: Ist Bio schlecht fürs Kl… | |
| > Manche Ökoprodukte verursachen mehr CO2 als konventionelle, zeigt eine | |
| > Studie. Aber Bio hat andere Vorteile. | |
| Bild: Prima Bio-Apfel | |
| Berlin taz | Manchmal ist das mit dem Klimaschutz schön einfach: Ein Apfel | |
| aus Brandenburg ist fürs Klima besser als eine Ananas aus Südafrika. Aber | |
| wie sieht es mit dem Apfel aus Neuseeland aus? Da wird es schon | |
| schwieriger. | |
| Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) hat sich | |
| den CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln in [1][einer Studie] genauer | |
| angeguckt. Herausgekommen ist eine lange Liste von Nahrungsmitteln und der | |
| jeweils verursachten Menge an Kohlendioxid-Emissionen. Eine Handreichung | |
| für Verbraucher:innen, die das Klima beim Einkaufen bedenken wollen, aber | |
| ratlos vor dem Warenregal stehen. | |
| Ein Ergebnis hat die Wissenschaftler:innen aber selbst überrascht: Eine | |
| Bio-Kartoffel ist nicht klimafreundlicher als eine konventionell angebaute. | |
| Und Bio-Steak ist sogar deutlich schlechter fürs Klima als herkömmliches. | |
| Dasselbe gilt für andere tierische Produkte. | |
| Das liegt daran, dass der Biolandbau wegen geringerer Erträge mehr Fläche | |
| benötigt, im schlimmsten Fall zu Ungunsten von Wäldern oder Mooren. Die | |
| ziehen im intakten Zustand Kohlenstoff aus der Atmosphäre und binden ihn – | |
| werden sie für die Landwirtschaft zerstört, ist das fürs Klima also doppelt | |
| schlecht. Das passiert auch in der konventionellen Landwirtschaft zu | |
| Genüge, nur braucht die für dieselbe Menge an Lebensmitteln zurzeit eben | |
| weniger Platz. | |
| ## Klimasünde Flugananas | |
| Studienleiter Guido Reinhardt springt trotzdem für den Ökolandbau in die | |
| Bresche: „Die etwas höheren Emissionen werden durch den deutlich geringeren | |
| Pestizideinsatz, nachhaltigere Bodenbewirtschaftung und Erhöhung der | |
| Artenvielfalt mehr als wettgemacht“, erklärt der Umweltforscher. „Hier | |
| zeigt sich, dass der alleinige Blick auf die CO2-Emissionen nicht die ganze | |
| ökologische Wahrheit sagt.“ | |
| Ökolandbau ist den Forscher:innen zufolge also insgesamt besser für die | |
| Umwelt als die konventionelle Landwirtschaft, die vor allem durch den | |
| Einsatz von zu viel Dünger und Pestiziden Böden, Wasser und Luft belastet. | |
| Aber die Welt muss doch spätestens 2050 komplett klimaneutral sein und die | |
| Landwirtschaft ist für etwa 11 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen | |
| verantwortlich. Müssen wir uns beim Essen etwa entscheiden, was wir | |
| schützen wollen – Klima oder Umwelt? | |
| Nein, meint die Agrarwissenschaftlerin Susanne Neubert. „Wir brauchen | |
| gesunde Ökosysteme – übrigens auch für den Klimaschutz“, sagt Neubert, d… | |
| normalerweise für die Berliner Humboldt-Universität, aktuell aber für den | |
| Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für Globale | |
| Umweltveränderungen forscht. | |
| Beim Ökolandbau bilde sich mehr Humus in der Erde, der Kohlenstoff im Boden | |
| festlegt, erklärt die Wissenschaftlerin. Er hilft dem Klima also auf | |
| dieselbe Art, wie es auch Wälder und Moore tun. „Bei der konventionellen | |
| Landwirtschaft hingegen wird der Humusgehalt des Bodens nach und nach | |
| abgebaut“, so Neubert. | |
| Und das Flächenproblem? „Es stimmt, dass wir es uns klimapolitisch nicht | |
| leisten können, immer mehr Naturraum in Äcker umzuwandeln – aber das | |
| verlangt der Ökolandbau gar nicht zwangsläufig“, meint die | |
| Wissenschaftlerin. Die Agrarforschung arbeite an Methoden, mit denen man | |
| die Erträge auf natürliche Art steigern kann, ohne planetare Grenzen zu | |
| sprengen. | |
| ## Auf drei Vierteln der Agrarfläche wird Tierfutter angebaut | |
| „Viel wichtiger aber: Wir können und müssen unser Ernährungssystem | |
| umstellen, um die vorhandenen Äcker anders zu nutzen“, meint Neubert. „Auf | |
| fast drei Vierteln der Agrarfläche in Deutschland wird Tierfutter angebaut | |
| – wenn wir also den Konsum von Fleisch und Milch verringern, sagen wir | |
| halbieren, wird automatisch Fläche frei.“ Gleichzeitig würde das auch die | |
| Methanemissionen verringern, die beim Verdauungsprozess von Wiederkäuern | |
| entstehen. Das Ifeu rät Politiker:innen zu hinterfragen, ob es nachhaltig | |
| ist, ehemalige Moore weiter landwirtschaftlich zu nutzen. | |
| Bio-Produkte einzukaufen ist also durchaus auch aus Klimasicht sinnvoll. | |
| Nur müsste die Politik für den richtigen Rahmen sorgen. Aktuell essen | |
| Menschen in Deutschland pro Kopf durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch pro | |
| Jahr. Rechnet man auch das Fleisch ein, das in Tierfutter fließt oder in | |
| der Essensproduktion als Rest verloren geht, sind es sogar 88 Kilo. Das | |
| passt nicht zum Klimaschutz. | |
| Und wie ist das nun mit dem Apfel aus Neuseeland? Der Blick in die | |
| Ifeu-Liste verrät, dass er pro Kilo mit 800 Gramm Kohlendioxid zu Buche | |
| schlägt, etwa doppelt so viel wie beim regionalen Apfel. Und tatsächlich | |
| 200 Gramm mehr als bei einer mit dem Schiff importierten Ananas. Nur wenn | |
| die Ananas eingeflogen wird, hat sie einen gigantischen CO2-Fußabdruck von | |
| rund 15 Kilogramm pro Kilo Frucht. Meistens ist das mit dem Klimaschutz | |
| eben doch nicht so einfach. | |
| 7 Jun 2020 | |
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| [1] https://www.ifeu.de/ob-apfel-oder-ananas-transport-und-verpackung-entscheid… | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Schwarz | |
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