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# taz.de -- Schriftstellerin gegen Klimaforschende: Bizarrer Popanz
> Die Essayistin Thea Dorn sieht in Klimaforschern Hohepriester und
> Ideologen, die besser predigen als forschen. Vielleicht würde das ja
> helfen.
Bild: Das Forschungsschiff „Polarstern“ im Arktischen Ozean
Berlin taz | Schon komisch: Niemand mag „Rechthaber“, auch wenn sie recht
haben. Noch komischer: dass diese Keule vergangene Woche in der Zeit gegen
Klimawissenschaftler geschwungen wurde.
Der „Warnruf“ der Schriftstellerin Thea Dorn wirft ihnen vor, Metaphysik
über Physik zu stellen und „Ideologen des einzig richtigen Wegs“ zu sein:
Virologen und Klimaforscher verlangten, wir sollten „bedingungslos an die
Wissenschaft glauben“, schreibt die Essayistin unter der Rubrik „Streit“.
Den sucht sie offenbar. Es gebe eine Sehnsucht nach einer „Technokratie mit
einem Wissenschaftsklerus, der klare, harte Ansagen macht“. Dorn zitiert
die PIK-Forscher Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber und
schreibt vom „Wandel von prominenten Wissenschaftlern zu Hohepriestern“,
Zweifel würden unterdrückt, Taschenspielertricks angewandt. Überschrift des
Textes: „Nicht predigen sollt ihr, sondern forschen!“
In der Tat wird ja überall mit bestellten Gutachten und angeblichen
„Experten“-Meinungen viel Unsinn getrieben. Aber dieser Vorwurf ist schon
recht bizarr: Gerade die zitierten Wissenschaftler forschen und
veröffentlichen, bis es qualmt.
## Gewissenschaftler oder gewissenlose Experten?
Und wenn sie „predigen“ oder sich als „Gewissenschaftler“ gerieren (wü…
wir mit unseren Steuern gern Forscher ohne Gewissen finanzieren?), dann,
weil sie nach Dorn „menschliches Handeln als quasi physikalische Größe
behandeln“. Ein solches Verhalten passt ihr nicht, aber es stimmt: Wenn man
Öl und Kohle verbrennt, lassen sich die physikalischen Folgen menschlichen
Handelns als CO2-Fußabdruck in der Atmosphäre sehr genau messen.
Der Text baut einen Popanz auf – als würden hier mächtige Experten
durchregieren, als würden mächtige Wissenschaftler die Fäden ziehen.
Unserer Emissionsbilanz sieht man das jedenfalls nicht an. Es soll zu wenig
Zweifel geben? Eine absurde Behauptung für jede, die einmal einen Bericht
des Klimarats IPCC gelesen hat, wo Unsicherheiten und Nichtwissen explizit
erwähnt werden.
Dorn schreibt, Wissenschaftler sollten sich aus politischen
Entscheidungsprozessen raushalten (aber Schriftstellerinnen dürfen sich
natürlich einmischen). Mal abgesehen davon, dass auch Forscher Staatsbürger
sind, die ein Mitspracherecht haben: Das ist politisch naiv. Denn gerade
die Klimafrage wurde über Jahrzehnte von fossilen Lobbys, bezahlten
Meinungsmachern und Wissenschaftsfeinden dominiert, während viele
ForscherInnen brav danebenstanden und Moleküle zählten.
Während wir also jedem Reklameheini mit weißem Kittel in der TV-Werbung
seinen Expertenrat zur Zahnpasta abnehmen, sollen echte Eliteforscher
nichts sagen, was unsere Ruhe stören könnte. Wollen wir wirklich, dass
Experten uns nur die Zahlen zeigen und dann den Mund halten?
Wenn der Arzt bei Ihnen eine Krebserkrankung diagnostiziert – wären Sie da
nicht froh über ein paar Tipps für eine Therapie? Und selbst wenn die
Klimawissenschaft eine Religion wäre, müsste es angesichts der Fakten wohl
heißen: Da hilft nur noch beten.
12 Jun 2020
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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