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# taz.de -- Intelligenz und Generationen: Weisheit widerlegt
> Wir ruinieren die Welt so schnell, wie es noch keine Generation zuvor
> geschafft hat. Wird die Menschheit wirklich klüger oder doch dümmer?
Bild: Ist das Lagern von radioaktivem Müll, hier Gorleben, ein Zeichen von Klu…
BERLIN taz | Und dann kamen sie endlich, über die Wiese in den Park: drei
Dutzend junge Männer und Frauen, Abiturzeugnisse unterm Arm, Stolz im
Gesicht, Alkohol im Blut. Der [1][Corona-Jahrgang 2020] (Motto: „Mit
Abstand die Besten!“) hatte endlich seinen Abschluss in der Hand, unsere
Tochter mittendrin.
Da standen sie mit ihrer Erleichterung, ihren Hoffnungen und ihren
Abendkleidern: eine Generation, die vielleicht die Schlacht bei den
Thermopylen mit dem Thermomix verwechselt, die aber mit 18 schon die Welt
gesehen hat, vier Sprachen spricht und sich selbstbewusst überall
einmischt. Doch, doch, dachte ich angesichts der ganzen sagenhaften
Abiturnoten – die Menschheit wird doch einfach immer ein bisschen schlauer.
Eine Woche später zweifelte ich daran schon wieder. Im Umweltausschuss des
Bundestags ging es um die Suche nach einem [2][atomaren Endlager]. Man
hatte den Eindruck: Tödlichen Müll für eine Million Jahre sicher zu
verbuddeln ist technisch kein so großes Problem. Die größte Unsicherheit
ist der Mensch. Ob der in 50.000 Jahren nicht die Glaskokillen mit
eingeschmolzenem Plutonium ausbuddelt, um damit Fußball zu spielen?
Letztlich sei das eine philosophische Frage, sagte ein Experte: „Wird die
Menschheit klüger oder dümmer?“
Tja. Im Allgemeinen denken wir ja, wir seien schlauer als unsere Vorfahren.
Wir bauen [3][Roboter, die uns im Schach schlagen], wir werden hundert
Jahre alt, wir haben die Pocken ausgerottet und den Reißverschluss
entwickelt. Dann wiederum sind wir eher clever als schlau. Unsere Leistung
besteht nur darin, uns und alles um uns herum so schnell zu ruinieren, wie
es noch keine Generation vor uns geschafft hat: Wir fliegen ins All und
sehen uns dabei zu, wie wir [4][den Regenwald] niederbrennen und
[5][Pazifik zum Plastifik] machen. Man könnte meinen: Wir können nur
schlauer werden. Dümmer geht ja nicht.
Aber so einfach ist das nicht. Die vielsprachige, weltläufige und autonom
denkende Jugend, auf deren Zukunft wir im Park anstießen, wird den
Unterschied zwischen clever und klug herausfinden müssen. Die alten
Griechen (die mit den Thermopylen) nannten das altmodisch Weisheit und
schrieben sie den Alten zu. Diese These hat meine Generation ja
eindrucksvoll widerlegt. Deshalb sollte die Jugend von heute so schnell wie
möglich so weise wie möglich werden. Wenn sie dafür dreißig Jahre braucht,
haben wir alle ein echtes Problem.
3 Jul 2020
## LINKS
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[4] /Abholzung-im-Amazonasgebiet/!5679103
[5] /Vermuellte-Weltmeere/!5544115
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Wasserstoff
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