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# taz.de -- Abholzung im Amazonasgebiet: 796,08 Quadratkilometer Regenwald
> Von der Corona-Weltöffentlichkeit unbeachtet, schreitet die
> Umweltzerstörung in Brasilien voran. Die Regierung tue nichts, sagen
> Kritiker:innen.
Bild: Wald weicht Soja – In Brasilien geht die Abholzung weiter und kaum jema…
São Paulo taz | Auch in Brasilien gibt es derzeit kaum ein anderes Thema
als Corona, außer vielleicht die zwanzigste Staffel der extrem populären
TV-Show Big Brother Brasil. Und so kommt es, dass eine Meldung untergeht,
die im [1][letzten Jahr noch für Empörung gesorgt] hätte: Die Abholzung des
Amazonas hat erneut traurige Rekordwerte erreicht. In den Monaten Januar,
Februar und März 2020 wurden 796,08 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt –
ein Anstieg um 51,45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sind die
höchsten Werte seit dem Beginn der Erfassungen, die seit 2015 durch die
Raumfahrtbehörde INPE vorgenommen werden. Per Satellit kann die Behörde
Abholzungen und Brandrodungen erkennen.
Die Zunahme der Abholzung im größten Regenwald der Welt wird in vielen
Medien auch mit der Corona-Krise in Zusammenhang gebracht. Zwar seien in
den letzten Wochen Kontrollen durch die Umweltbehörde schwieriger geworden,
sagt Erika Berenguer, brasilianische Biologin an der Oxford-Universität,
der taz. Jedoch gebe es bisher noch nicht genug Daten, um eine Verbindung
zwischen dem Anstieg der Abholzung und der Corona-Krise nachzuweisen. Die
steigende Entwaldung sei vielmehr auf die [2][Politik des rechtsradikalen
Präsidenten Bolsonaro] zurückzuführen. „Seit dem Amtsantritt seiner
Regierung beobachten wir einen kontinuierlichen Anstieg der Abholzung.“
Jair Bolsonaro ist ein enger Verbündeter der Agrarlobby und wettert
regelmäßig gegen Umweltschützer*innen. Im vergangenen Jahr hatten die
[3][Brände im Amazonas] und der Umgang der Regierung für weltweite Empörung
gesorgt. Viele Feuer wurden durch Brandrodungen ausgelöst, um neue Flächen
für die Landwirtschaft zu erschließen.
Als Antwort auf die neuen Rekordwerte der Abholzung erklärte Vize-Präsident
Hamilton Mourão nun eine Task Force gegen illegale Holzfäller einrichten zu
lassen. Laut der Biologin Berenguer, die zu Bränden im Amazonas forscht,
tue die Regierung das aber vor allem um nach außen Handlungsbereitschaft zu
demonstrieren. Denn seit den Bränden im letzten Jahr steht die Regierung in
der Amazonas-Frage international in der Defensive.
## Die rechtsradikale Regierung lenkt nicht ein
Außerdem hält die rechtsradikale Regierung weiter an ihren Plänen fest, die
Region wirtschaftlich auszubeuten. Anfang des Jahres brachte sie eine
Gesetzesinitiative auf den Weg, die Bergbau und Stromerzeugung in indigenen
Gebieten zulassen soll. „Solche Projekte beschleunigen den Prozess der
Abholzung noch weiter und haben katastrophale Auswirkungen für Mensch und
Natur“, kritisiert Berenguer.
Zusätzlich rollt die Corona-Katastrophe in den Amazonas vor. Holzfäller,
Goldschürfer und Landbesetzer haben das Virus in abgelegene Regionen
gebracht und Indigene angesteckt. Mehrere sind bereits an dem Virus
verstorben, darunter auch ein Fünfzehnjähriger. „Sie verschmutzen unsere
Flüsse, holzen unsere Bäume ab – und stecken uns jetzt mit Corona an“, sa…
die Schriftstellerin und Aktivistin des Omágua Kambeba-Volkes Marcia Wayna
Kambeba der taz. „Für viele Krankheiten haben wir keine Antikörper, deshalb
machen wir uns große Sorgen.“
Zwar ist bisher umschritten, ob Indigene genetisch anfälliger für Corona
sind. Allerdings sind [4][indigene Gemeinden] aus anderen Gründen besonders
bedroht: Krankenhäuser sind in abgelegenen Regionen des nördlichen
Brasiliens Mangelware, Hygienemöglichkeiten in den Gemeinden oft prekär,
eine soziale Isolierung in den indigenen Dörfern kaum möglich.
Der Bundesstaat Amazonas, in dem sich ein großer Teil des Regenwaldes
befindet, ist neben São Paulo und Rio de Janeiro besonders stark von der
Corona-Krise betroffen. Bereits jetzt sind 90 Prozent der Intensivbetten
belegt. Zwar will die Landesregierung ein Feldkrankenhaus in Manaus
errichten, aber alle Gemeinden abseits der Regenwald-Metropole sind in
keiner Weise auf die Pandemie vorbereitet. Viele Indigene haben sich aus
Angst vor Corona in den Urwald zurückgezogen und selbst isoliert.
Justizminister Sérgio Moro erklärte, dass seine Regierung die Grenzen zu
indigenen Territorien permanent kontrolliere, um das Eindringen von Fremden
zu verhindern. Doch die Aktivistin Kambeba ist skeptisch. „Wo sind die
Kontrollen, die uns schützen sollen?“, fragt sie. „Wir trauen dieser
Regierung in keiner Weise.“
16 Apr 2020
## LINKS
[1] /Waldbraende-in-Amazonas-Region/!5620468&s=amazonas/
[2] /Indigena-warnt-vor-Praesidenten/!5628763&s=amazonas/
[3] /Feuer-im-brasilianischen-Regenwald/!5617079/
[4] /Aktivistin-ueber-Brasilien-und-Bolsonaro/!5635033&s=amazonas/
## AUTOREN
Niklas Franzen
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