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# taz.de -- Bolsonaro entlässt Gesundheitsminister: Beliebter Kollege muss geh…
> In Brasilien hat der rechte Präsident Jair Bolsonaro seinen
> Gesundheitsminister gefeuert. Dieser nahm die Pandemie ernster als der
> Präsident.
Bild: Mandetta desinfizierte Ende März noch die Hände von Bolsonaro. Jetzt wu…
Brasília afp/epd | Inmitten der Corona-Pandemie hat Brasiliens Präsident
Jair Bolsonaro den populären Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta
entlassen, mit dem er seit Wochen über Kreuz lag. Nach einem Treffen im
Präsidentenpalast teilte Mandetta am Donnerstag via Twitter mit, dass er
entlassen wurde.
Der Minister hatte sich mehrfach gegen Bolsonaro aufgelehnt und versucht,
strikte Corona-Auflagen gegen den Willen des [1][rechtsradikalen
Staatschefs] durchzusetzen. [2][Aus Protest gegen die Entlassung des
beliebten Ministers traten in vielen brasilianischen Städten Menschen an
die Fenster und schlugen laut auf Töpfe und Pfannen.]
[3][Bolsonaro hat die von dem neuartigen Coronavirus ausgelöste
Lungenkrankheit Covid-19 als „kleine Grippe“ bezeichnet] und sieht im
weltweiten Kampf gegen das Virus eine „Hysterie“. Er selbst setzte sich
demonstrativ über Vorsichtsmaßnahmen hinweg.
Mandetta hatte sich dagegen an die internationalen Empfehlungen gehalten
und versucht, die Regeln der sozialen Distanz in Brasilien durchzusetzen.
Während Bolsonaros Beliebtheit in Umfragen sank, wurde Mandetta bei seinen
Landsleuten immer populärer.
## Ovationen für geschassten Minister
„Die Wissenschaft ist das Licht“, erklärte Mandetta bei einer
Pressekonferenz nach seiner Entlassung. Kurz zuvor war er im Ministerium
von seinen Beamten mit stehenden Ovationen begrüßt worden.
Bolsonaro gab seinerseits eine Pressekonferenz, bei der er von einer
„Trennung im gegenseitigen Einverständnis“ sprach. „Das Heilmittel darf
nicht schädlichere Nebeneffekte als die Krankheit selbst haben“, sagte der
Präsident. Für ihn habe in der Corona-Krise die Bewahrung der Arbeitsplätze
Priorität.
Mandetta scheint am Sonntag eine rote Linie überschritten zu haben, als er
dem Sender TV Globo sagte, die Brasilianer wüssten nicht mehr, „ob sie auf
den Minister oder den Präsidenten hören“ sollten.
Die Äußerung zeigte deutlich das Zerwürfnis in der Regierung und kostete
den Minister die Unterstützung des Militärs, das bis dahin zu ihm gehalten
hatte. In den Medien war schon lange über eine Ablösung Mandettas
spekuliert worden.
Das Oberste Gericht und der Kongress kritisierten in Stellungnahmen das
Verhalten von Bolsonaro. Dieser warf Mandetta vor, sich als „Star“ der
Regierung aufzuspielen.
Zum Nachfolger Mandettas ernannte Bolsonaro den Onkologen Nelson Teich. Bei
seiner ersten Pressekonferenz als neuer Gesundheitsminister des
südamerikanischen Landes sagte Teich, er werde keine „abrupte Entscheidung“
hinsichtlich einer Lockerung der Corona-Beschränkungen treffen.
## Bolsonaro drängt auf Normalisierung
Bolsonaro drängt hingegen auf eine baldige Wiederaufnahme der
wirtschaftlichen Aktivitäten. „Das Leben hat keinen Preis. Aber die
Wirtschaft muss wieder zum Normalbetrieb zurückkehren, um die Beschäftigung
zu sichern. Nicht so schnell wie möglich, aber wir müssen nun über
Lockerungen nachdenken.“
„Die Absichten des neuen Ministers sind nicht klar, aber Bolsonaro hätte
ihn nicht genommen, wenn er nicht auf der gleichen Wellenlänge wäre“, sagte
der Politikwissenschaftler Vinícius Oliveira von der Universität in São
Paulo.
Offiziellen Angaben zufolge starben in Brasilien bislang mindestens 1924
Menschen nach einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus. Mindestens
30.425 Menschen infizierten sich mit dem Erreger, der die Lungenkrankheit
Covid-19 auslösen kann.
Experten halten diese Zahlen jedoch für viel zu niedrig und gehen von
hunderttausenden Infizierten in dem 210-Millionen-Einwohnerland aus. Das
Land nur über unzureichende Testkapazitäten. Das öffentliche
Gesundheitswesen ist besonders außerhalb von Städten unzureichend. Der
Höhepunkt der Pandemie in Brasilien wird für Mai oder Juni erwartet.
17 Apr 2020
## LINKS
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