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# taz.de -- Wasserstoffstrategie der Regierung: Dieser Schuss muss sitzen
> Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ist der letzte Versuch, ein
> klimaneutrales Energiesystem zu errichten.
Bild: Wirtschaftsminister Altmaier droht damit, dass er beim Wasserstoff Vorrei…
Erinnert sich noch jemand an „Desertec“? Vor gut zehn Jahren träumten
Energiexperten davon, Europas Strom billig und grün aus den Wüsten
Nordafrikas zu holen: Aus [1][riesigen Solaranlagen] dort sollte die
Elektrizität viele Probleme lösen. Das Projekt versandete, weil es an Geld,
politischem Willen und ernsthaftem Engagement der Wirtschaft fehlte.
Eine solche Pleite darf sich bei der [2][Wasserstoffstrategie] nicht
wiederholen, die die Regierung nun vorgestellt hat. Denn sie ist der letzte
Versuch, ein klimaverträgliches Energiesystem zu errichten, ehe es zu spät
ist. Klimaneutralität 2050 heißt: Alles, was nicht sinnvoll über Ökostrom
betrieben werden kann (Hochöfen, manche chemischen Prozesse, Flugzeuge),
muss mit CO2-neutralem Wasserstoff befeuert werden. Eine solche Industrie
in 20 bis 30 Jahren von fast null auf hundert hochzufahren, am besten noch
weltweit, ist ein gigantisches Vorhaben, das gute Jobs, grüne Wertschöpfung
und soziale Entwicklung bei uns und in den Exportstaaten bringen kann.
Das ist die Vision. In der Realität lauern allerdings viele Hürden: Zwar
werden die Erneuerbaren rasant billiger. Aber noch sind [3][Öl und Gas] zu
billig, noch ist der weltpolitische Einfluss der Klimakiller wie Donald
Trump zu groß. Die Technik ist nicht im großen Maßstab erprobt, es fehlen
die Transportwege. Umso dringlicher ist es, diese Entwicklung einer
Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Deutschland hat das zusammen mit
China bei Wind und Photovoltaik schon einmal erfolgreich vorgemacht.
## Skepsis ist angebracht
Aber die Strategie könnte sich auch als gigantisches Ablenkungsmanöver
erweisen. Jedes Mal, wenn es ernst wird mit Entscheidungen zu Green Deal
und Klimaneutralität – schnellerer Kohleausstieg, CO2-Grenzwerte bei Autos,
schärferer Emissionshandel – wird irgendwer Kluges meinen, das könne man
doch alles billiger und besser über den grünen Wasserstoff erreichen. Das
Konzept wimmelt von Schlagworten der Wirtschaftslobbyisten in den Parteien,
wie Innovation und Wachstum. Allerdings funktioniert es nur, wenn die
Ökoenergien massiv ausgebaut werden – genau das, was Teile von Union, SPD
und FDP seit langem bekämpfen.
Der Ausbau der Wasserstofftechnologie ist zu wichtig, um das gleiche
Schicksal wie „Desertec“ zu erleiden. Man darf ihn nicht den
Wirtschaftspolitikern überlassen. Denn Skepsis ist angebracht: Wenn
Wirtschaftsminister Altmaier, dessen Partei die Erneuerbaren seit Jahren
erfolgreich ausbremst, versichert, beim Wasserstoff wolle man Vorreiter wie
bei den Erneuerbaren sein – dann klingt das wie eine Drohung.
11 Jun 2020
## LINKS
[1] /Mega-Solarkraftwerk-in-Aegypten/!5504234
[2] /Konjunkturpaket-mit-Wassserstoffstrategie/!5686587
[3] /Studie-zum-Ende-fossiler-Energie/!5690422
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Wasserstoff
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Schwerpunkt Klimawandel
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