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# taz.de -- Verfahren gegen VW-Führung: Im Namen des Volkswagens
> Das Verfahren im Dieselskandal gegen Herbert Diess und Hans Dieter Pötsch
> soll eingestellt werden. Beide müssen je 4,5 Millionen Euro zahlen.
Bild: Gute Nachrichten für Herbert Diess (r.) und Hans Dieter Pötsch, hier im…
Braunschweig/Wolfsburg dpa Neun Millionen Euro für die Einstellung des
Verfahrens: Mit dieser Summe soll nach Angaben von Volkswagen ein
öffentlicher Prozess gegen Vorstandschef Herbert Diess und Chefaufseher
Hans Dieter Pötsch im Verfahren um mögliche Marktmanipulation in der
Dieselaffäre vermieden werden.
Wie es aus dem Konzern hieß, habe man sich mit dem Landgericht Braunschweig
auf diese Auflage geeinigt. Damit könnte eine der zentralen juristischen
Untersuchungen rund um die Entstehung und das Bekanntwerden des
Abgasskandals im Herbst 2015 vor dem Ende stehen. Mit den [1][Klagen von
Dieselfahrer*innen] gegen den Konzern hat das Verfahren nichts zu tun. Der
Bundesgerichtshof wird in dieser Causa am kommenden Montag [2][ein
wegweisendes Urteil] im Fall der ersten Klage eines vom VW-Abgasskandal
betroffenen Diesel-Käufers verkünden. Mit anderen Käufer*innen hat sich der
Konzern bereits [3][auf einen Vergleich geeinigt].
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte Diess und Pötsch im September
vergangenen Jahres nach langen Ermittlungen angeklagt. Ihr Vorwurf: Beide
sollen Anleger zu spät über die drohenden finanziellen Folgen der
Stickoxid-Manipulationen an Millionen Dieselfahrzeugen ins Bild gesetzt
haben. Die rund um „Dieselgate“ aufgeflogenen Tricks hatten vor rund
viereinhalb Jahren VW und schließlich die gesamte Autobranche in eine
Vertrauenskrise gestürzt. Auch bei anderen Herstellern wurden
Unregelmäßigkeiten beim Abgasausstoß kritisiert.
Jeweils 4,5 Millionen Euro sollen im Fall von Diess und Pötsch nun gezahlt
werden, so Volkswagen. Zuvor hatte das Manager-Magazin über die Einigung
berichtet, die vom Landgericht und der Staatsanwaltschaft Braunschweig am
Abend zunächst unkommentiert blieb. Über die Zulassung der Anklage hatten
die Richter bisher auch nicht entschieden, es lief noch das sogenannte
Zwischenverfahren.
## Auch Winterkorn fein raus
„Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG begrüßt die Einstellung des
Verfahrens“, hieß es vonseiten des Unternehmens. Dessen Rechtsberater sähen
sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die Vorwürfe gegen den
Vorstandsvorsitzenden und den Chefkontrolleur nicht begründet seien. Die
Kanzlei Gleiss Lutz, die VW beriet, sei zudem überzeugt, dass Diess und
Pötsch auch zivilrechtlich „keine Pflichten gegenüber der Volkswagen AG
verletzt“ hätten. Beide hätten dem Vorhaben, das Verfahren gegen eine
Geldzahlung einzustellen, zugestimmt.
Auch der frühere Chef Martin Winterkorn ist wegen Marktmanipulation
angeklagt. Sein Verfahren könnte ebenfalls gegen Auflagen schon bald
beendet werden, wie am Dienstag aus seinem Umfeld zu hören war. Vor allem
die Staatsanwaltschaft habe dabei aber noch Bedenken, hieß es. Winterkorn
ist in einem weiteren Verfahren zusätzlich wegen schweren Betrugs im
Zusammenhang mit der Dieselaffäre angeklagt. Auch hier ist die Anklage noch
nicht zugelassen, das Gericht hatte zuletzt Zweifel an der Stichhaltigkeit
einiger Vorwürfe erkennen lassen.
Winterkorns Anwalt Felix Dörr hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Sein
Mandant habe „keine frühzeitige Kenntnis von dem gezielten Einsatz einer
verbotenen Motorsteuerungssoftware in US-Diesel-Pkw“ gehabt. Wer zu welchem
Zeitpunkt was genau über die Täuschungen wusste, ist in vielerlei Hinsicht
bis heute unklar. Es laufen weitere Verfahren, auch in den USA und mehreren
anderen Ländern gab es Untersuchungen.
Die Braunschweiger Ermittler hatten geprüft, ob die VW-Führungskräfte
früher als eingeräumt von konkreten Täuschungen bei Abgasdaten wussten. Sie
beschuldigten die „genannten – ehemaligen oder amtierenden –
Vorstandsmitglieder der Volkswagen AG, entgegen der ihnen obliegenden
gesetzlichen Pflicht den Kapitalmarkt vorsätzlich zu spät über die aus dem
Aufdecken des sogenannten Dieselskandals resultierenden erheblichen
Zahlungsverpflichtungen des Konzerns in Milliardenhöhe informiert und damit
rechtswidrig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehmens genommen zu
haben“.
## Diess kam erst 2015
Investoren verlangen Entschädigung für den damaligen Einbruch des
Aktienkurses: Sie argumentieren, dass die VW-Spitze die Finanzwelt früher
über die Risiken der Dieselkrise hätte benachrichtigen müssen. Dazu läuft
auch ein Kapitalmarkt-Musterverfahren in Braunschweig.
Der heutige Vorstandschef Diess kam im Juli 2015 in den Konzern und war
zunächst nur Chef der Volkswagen-Kernmarke. Die Anklageerhebung sei
unverständlich, hatten seine Verteidiger erklärt: Weder Fakten- noch
Rechtslage rechtfertigten den Vorwurf, Diess habe den Tatbestand einer
strafbaren Marktmanipulation verwirklicht. Einige Beobachter hatten sich
auch gefragt, wie der VW-Chef seinen Konzern im Fall vieler wiederkehrender
Gerichtstermine hätten weiterführen sollen.
Pötsch hingegen war VW-Finanzvorstand, als der damalige Konzernchef
Winterkorn die Abgastricks einräumte. Sein Anwalt Norbert Scharf hatte
gesagt, sein Mandant müsse sich nichts vorwerfen. Pötsch habe zwar schon im
Sommer 2015 „mehrfach Berührung mit der US-Dieselproblematik“ gehabt. Aber:
„Keine dieser Informationen hatte vor der Veröffentlichung der Notice of
Violation (Bekanntmachung der Verstöße durch US-Behörden) am 18.09.2015
Inhalt und Qualität, dass für ihn daraus eine kapitalmarktrechtliche
Relevanz erkennbar war.“
20 May 2020
## LINKS
[1] /Musterfeststellungsklage-gegen-VW/!5630470
[2] /Autokauf-vor-Diesel-Skandal/!5682789
[3] /Einigung-im-Dieselstreit-bei-VW/!5667931
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