# taz.de -- Oldenburger Erstaufnahmeeinrichtung: Bewohner beschweren sich | |
> Geflüchtete aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Oldenburg prangern die | |
> Bedingungen in ihrer Unterkunft an. Gerade jetzt seien diese | |
> menschenunwürdig. | |
Bild: Eine von sieben Erstaufnahmeeinrichtungen Niedersachsens: das ehemalige K… | |
BREMEN taz | Geflüchtete aus der Oldenburger Erstaufnahmeeinrichtung klagen | |
über die Zustände in ihrer Unterkunft. Schlechte Hygienebedingungen beim | |
Essen und in den Sanitäranlagen, volle Zimmer, schlechte | |
Gesundheitsversorgung – so lauten einige der Vorwürfe. „Besonders in Zeiten | |
von Corona ist das sehr gefährlich“, heißt es [1][in einem offenen Brief | |
der Bewohner:innen.] Sie fordern die Schließung des Camps. | |
Wegen der Pandemie entfällt zurzeit auch der Deutschunterricht. | |
[2][Perspektivlosigkeit], auch angesichts der fehlenden Arbeitserlaubnis, | |
mache ihnen Angst. „Manche von uns denken über Selbstmord nach“, schreiben | |
sie. Die [3][Außenstelle des Ankunftszentrums Bramsche] auf dem Gelände des | |
früheren Klosters Blankenburg in Oldenburg bietet Platz für 340 Menschen, | |
zurzeit leben dort 194, sagt Hannah Hintze, Sprecherin der | |
Landesaufnahmebehörde Niedersachsen. | |
„Massenunterbringungen sind immer unmenschlich“, kritisiert Lina Ottner vom | |
Klimakollektiv Oldenburg, „und momentan verschärft sich die Situation | |
zusätzlich.“ Das Klimakollektiv, die Seebrücke und „Fridays for Future“ | |
Oldenburg hatten zu Beginn der Coronapandemie wie vielerorts das Bündnis | |
„Leave no one behind“ gegründet und mit den Bewohner:innen in Blankenburg | |
Kontakt aufgenommen. | |
Schnell sei eine „große Diskrepanz zwischen dem, was uns die | |
Landesaufnahmebehörde über die Zustände dort berichtet, und dem, was die | |
Bewohner erzählen“, aufgefallen, sagt Ottner. Ein Bewohner berichtet, dass | |
ihm ein Krankenhausbesuch verweigert worden sei. Nach einer Operation litt | |
er unter Schmerzen und bat um einen Check-up: „Sie sagen einem dann, dass | |
alles okay sei.“ | |
Er lebt mit vier Menschen in einem Zimmer. „Wir haben Angst vor dem Virus“, | |
sagt er. Aufgrund der unhygienischen Bedingungen auf den Toiletten würden | |
die Menschen ohnehin öfter an Infektionen leiden. „Die Regierung soll | |
kommen und sich das angucken“, fordert er. „Wir leiden und sind müde.“ D… | |
aus Nigeria stammende Mann kam vor knapp einem Monat nach Blankenburg. | |
Einige seiner Mitbewohner:innen seien bereits seit über einem Jahr hier. | |
Vor allem Schwarze müssten lange auf eine Verlegung warten. | |
Diesen Vorwurf weist Hintze zurück: „Jegliche Form der Diskriminierung | |
widerspricht dem Leitbild der Landesaufnahmebehörde.“ Richtig sei, dass die | |
Menschen in Zwei- bis Zehnbettzimmern untergebracht seien. Rund um die Uhr | |
sei medizinisches Fachpersonal anwesend, welches „selbstverständlich im | |
Notfall auch eine unverzügliche Krankenhauseinweisung veranlasst“. | |
Die Sanitäranlagen würden häufiger als üblich desinfiziert. Und auch beim | |
Essen werde versucht, Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden: „Die | |
Mahlzeiten werden nicht mehr in großen Gruppen in den Speisesälen | |
eingenommen, sondern einzeln verpackt zum Verzehr auf den Zimmern | |
ausgegeben“, sagt die Sprecherin. | |
Weitere Schutzmaßnahmen orientierten sich an den Regeln für das öffentliche | |
Leben. In der Oldenburger Einrichtung gab es bisher zwei bestätigte | |
Covid-19-Infektionen, in den sechs anderen Erstaufnahmeeinrichtungen des | |
Landes keine. In einer kommunalen Sammelunterkunft in Ehra-Lessien bei | |
Gifhorn dagegen [4][haben sich 19 Personen infiziert.] Der Flüchtlingsrat | |
Niedersachsen fordert die Schließung dieser Einrichtung. | |
Geschäftsführer Kai Weber kann die Vorwürfe gegen die Oldenburger | |
Erstaufnahmeeinrichtung nicht bestätigen. Unter dem neuen Präsidenten | |
bemühe sich die Landesaufnahmebehörde, die Bedingungen zu verbessern. | |
Dennoch weiß er um die Bedeutung der langen Aufenthaltszeiten in den | |
Erstaufnahmeeinrichtungen: „Das ist zermürbend“, sagt er. Dass sich der | |
Ärger über die Perspektivlosigkeit dann am Essen und an der Gesundheit | |
entzünde, sei logisch. „Die Menschen haben sonst ja nichts, keine Arbeit, | |
keine Beschäftigung.“ | |
## Gerade jetzt braucht es eine schnelle Verteilung | |
Das Grundproblem sei nicht nur der gesetzliche Rahmen, der eine | |
Unterbringung bis zu 18 Monate in den Aufnahmelagern ermögliche, kritisiert | |
Weber. Das Bundesinnenministerium habe angekündigt, Geflüchtete mit | |
fragwürdiger rechtlicher Begründung auch nach Ablauf der sechsmonatigen | |
Überstellungsfrist im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Italien abschieben | |
zu wollen, wenn die Grenzen wieder offen sind. „Diese Angst beherrscht die | |
Leute natürlich“, sagt Weber. | |
Um der Coronapandemie zu begegnen, [5][forderte der Flüchtlingsrat] schon | |
vor zwei Monaten eine Verteilung der Geflüchteten in die Kommunen nach | |
spätestens zwei Wochen, um die Belegung in den Erstaufnahmeeinrichtungen | |
drastisch zu reduzieren. | |
4 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nds-fluerat.org/43901/aktuelles/offener-brief-blankenburg/ | |
[2] /Mouctar-D-ueber-Leben-im-Lager/!5683638 | |
[3] https://www.lab.niedersachsen.de/startseite/standorte/standorte-der-landesa… | |
[4] http://lkgifhorn.is45012.itebo.de/start/nachricht-startseite/news/weitere-e… | |
[5] https://www.nds-fluerat.org/42766/aktuelles/fluechtlingsrat-fordert-konsequ… | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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