| # taz.de -- Klage gegen BND-Gesetz: „Journalisten sind schutzbedürftig“ | |
| > Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen erklärt, warum sich Journalisten | |
| > gegen weltweite Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst wehren. | |
| Bild: Christian Mihr bei einer Protestaktion vor dem Bundesverfassungsgericht | |
| taz: Herr Mihr, warum klagen gerade Journalisten gegen das BND-Gesetz? | |
| Zielt Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst besonders auf | |
| Medienleute? | |
| Christian Mihr: Nein, [1][die anlasslose Überwachung der globalen | |
| Internetkommunikation durch den BND] kann jeden im Ausland treffen. | |
| Journalisten sind aber besonders schutzbedürftig. | |
| Weshalb? | |
| Weil Journalisten darauf angewiesen sind, dass sie vertraulich mit ihren | |
| Quellen kommunizieren können. Der Schutz von vertraulichen Informanten | |
| gehört zum Kern der Pressefreiheit. | |
| Können die Kläger nachweisen, dass sie vom BND überwacht wurden? | |
| Nein, so etwas ist bei Geheimdiensten in der Regel nicht möglich. Aber im | |
| Fall der Kläger besteht eine hohe Plausibilität, dass sich der BND für ihre | |
| Arbeit interessiert, zum Beispiel weil sie Korruption der Regierung im | |
| jeweiligen Land aufdecken. | |
| Versucht der BND gezielt, Journalisten auszuforschen oder sind sie nur | |
| mitbetroffen, wenn ihre Gesprächspartner ins Visier geraten? | |
| Vermutlich beides. Der Spiegel hat im Jahr 2017 enthüllt, dass der BND seit | |
| 1999 mindestens 50 Telefonnummern und E-Mail-Adressen von internationalen | |
| Medien als Suchbegriffe nutzte und damit gezielt überwachte, zum Beispiel | |
| Anschlüsse der BBC in Afghanistan. Wenn Journalisten aber damit rechnen | |
| müssen, dass Geheimdienste versuchen, ihre Kommunikation auszuforschen, | |
| kann dies zu chilling effects, also zu Einschüchterungseffekten führen. | |
| Glauben Sie, dass Journalisten deshalb keine Skandale mehr aufdecken | |
| wollen? | |
| Das wohl nicht, aber sie werden vorsichtiger sein und mit Informanten nur | |
| noch verschlüsselt oder im persönlichen Gespräch kommunizieren. | |
| Sollten investigative Journalisten das nicht ohnehin tun, um sich und ihre | |
| Quellen zu schützen? | |
| Natürlich. Das empfehlen wir nachdrücklich. Wir laden auch immer wieder | |
| Journalisten aus Hochrisikogebieten nach Deutschland ein, um ihnen sichere | |
| digitale Arbeitstechniken zu vermitteln. | |
| Dann sind investigative Journalisten aber wohl nicht die besten Quellen für | |
| den BND, da sie ohnehin vorsichtig sind und oft verschlüsselt | |
| kommunizieren? | |
| Auch vorsichtige Journalisten sind nicht immer perfekt und machen | |
| gelegentlich Fehler. Außerdem gibt es natürlich auch leichtsinnige und | |
| naive Kolleginnen und Kollegen, die gänzlich ungesichert arbeiten. | |
| Nehmen wir an, das Bundesverfassungsgericht würde dem BND verbieten, | |
| ausländische Journalisten auszuspähen: Was wäre dann gewonnen, wenn sich | |
| Journalisten nur noch vor 49 statt vor 50 ausländischen Geheimdiensten in | |
| Acht nehmen müssen. Der BND ist doch bei Weitem nicht der einzige | |
| Geheimdienst, der die internationale Kommunikation ausforscht. | |
| Das stimmt. Aber wenn wir mit dieser Klage in Deutschland Erfolg haben, | |
| dann überlegt Reporter ohne Grenzen als internationale Organisation | |
| natürlich, ob es in anderen Staaten ähnliche Klagen geben sollte. Ein | |
| entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre ein wichtiges | |
| Signal. | |
| 19 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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