| # taz.de -- Berliner Parteileben in Corona-Zeiten: Die SPD hofft auf Oktober | |
| > Samstag wollten die Sozis Giffey und Saleh als neue Chefs wählen – das | |
| > soll nun am 31. Oktober passieren. Vorerst ist das Parteileben eher | |
| > digital | |
| Bild: Franziska Giffey und Raed Saleh wollten Samstag als neue SPD-Chefs starte… | |
| taz | Berlin Am Samstagvormittag wäre es so weit gewesen. Da hätten | |
| Franziska Giffey und Raed Saleh auf einem Podium stehen, Blumen | |
| entgegennehmen und sich als neue Parteivorsitzende der SPD feiern lassen | |
| sollen Und Giffey hätte den ersten Schritt in Richtung Regierungsübernahme | |
| 2021 machen können. Aber 279 Delegierte in einem Raum? Unmöglich angesichts | |
| der gerade bis zum 5. Juni verlängerten Kontaktbeschränkungen. Doch die | |
| Partei hofft: „Der Landesparteitag wird nun am 31. Oktober stattfinden“, | |
| heißt es jetzt vom Landesvorstand. Vorerst aber steht auf der | |
| SPD-Internetseite, was coronabedingt ähnlich auch bei anderen Parteien zu | |
| lesen ist: [1][„Alle Veranstaltungen und Termine fallen aus oder werden | |
| online durchgeführt!“] | |
| Keine Ortsvereinstreffen? Keine Verteilaktionen? Keine Infostände samstags | |
| auf dem Wochenmarkt? Kann eine Partei ohne reales Parteileben überleben? | |
| Für Claudia Kintscher, die Sprecherin des Berliner SPD-Landesverbands, | |
| steht das nicht infrage – „Entscheidungen werden im Umlaufverfahren | |
| getroffen, Sitzungen, Veranstaltungen, aber auch Sprechstunden als Telefon- | |
| oder Videokonferenz durchgeführt.“ Besonders im Blick seien die älteren | |
| Mitglieder, die man nicht per Mail erreiche. „Alle Abteilungen telefonieren | |
| regelmäßig mit ihnen, bieten Unterstützung beim Einkaufen an oder haben | |
| auch einfach nur ein offenes Ohr“, sagt die Sprecherin. | |
| Die digitalen Treffen dieser Abteilungen, wie in Berlin die SPD-Ortsvereine | |
| heißen, brachten dabei ein überraschendes Ergebnis: „Die werden genauso gut | |
| besucht wie sonst die Präsenzsitzungen.“ Und es nähmen auch Mitglieder | |
| teil, die sonst nicht kommen würden. | |
| Auch bei der Linkspartei setzt man außer auf digitale Angebote auf direkten | |
| Kontakt: „Viele leiden durch die soziale Isolation“, sagt Parteisprecherin | |
| Diana Buhe, „es gibt darum Telefonaktionen, bei denen gezielt die älteren | |
| Mitglieder angerufen werden.“ Für die Internet-Näheren gab es unter anderem | |
| Diskussionen mit den Senatorinnen Elke Breitenbach und Katrin Lompscher im | |
| Livestream. | |
| ## Grüne mit erstem digitalem Parteitag | |
| Die CDU wiederum bereitet gerade wie die SPD die Verschiebung ihres | |
| Parteitags vor. Für das erste Juni-Wochenende war er angesetzt, nun will | |
| Landeschef Kai Wegner am nächsten Montag einen neuen Termin nennen. Digital | |
| bot die CDU jüngst beispielsweise einen Dialog mit einem Lungenexperten an. | |
| Und vom [2][Parteinachwuchs Junge Union gab es via Facebook mehrfach die | |
| halbstündige „StayHome-Show“] mit Interviews, etwa mit dem Chef des | |
| Landeselternausschusses, und Freizeittipps. | |
| Vorreiter der Parteikommunikation via neue Medien waren unter den vier | |
| großen Berliner Parteien allerdings die Grünen. Ihr kleiner Parteitag von | |
| vergangener Woche – der geplante große war bereits Ende März ausgefallen – | |
| war berlinweit der erste im Netz. Wobei er sich inhaltlich allerdings | |
| darauf beschränkte, dass die Parteichefs Nina Stahr und Werner Graf den Weg | |
| zum künftigen Wahlprogramm vorstellten und Fragen dazu beantworteten. | |
| Auch die Grünen haben einen neuen Termin im Auge – Ende November soll das | |
| sein. Sie haben dabei aber ein größeres Problem als die anderen Parteien: | |
| Sie wollen ihre Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl 2021 nicht | |
| bei einer normalen Landesdelegiertenkonferenz mit knapp 150 Leuten wählen, | |
| sondern bei einer Mitgliederversammlung. Die Zahl der Berliner Grünen aber | |
| ist zuletzt auf fast 10.000 gestiegen. | |
| Die aktuelle [3][Verordnung zur Corona-Eindämmung] ist allerdings auch von | |
| 150 Delegierten noch weit entfernt, umso mehr von den 279 Delegierten des | |
| für den 31. Oktober angesetzten SPD-Parteitags. In geschlossenen Räumen | |
| sind neuerdings zwar wieder Versammlungen erlaubt, aber vorerst nur mit | |
| maximal 50 Leuten – analog zu den wieder möglichen Gottesdiensten. | |
| Parteichefin Stahr hoffte im digitalen Austausch letzte Woche auf weitere | |
| Veränderungen oder Ausnahmen. | |
| ## Großveranstaltungen ab dem 1. September? | |
| Einen Hinweis darauf, dass ihre Hoffnung nicht unbegründet ist, hat am | |
| Dienstag Michael Müller selbst gegeben, der nun noch mindestens fünfeinhalb | |
| Monate länger SPD-Landesvorsitzender bleibt. Als Regierungschef berichtete | |
| er Journalisten nach der Senatssitzung Folgendes: Es würden ihn Anfragen | |
| von Unternehmen zu größeren internen Treffen erreichen. | |
| Dazu sagte Müller, es sei ein Unterschied, „ob ich 100 Leute für | |
| Bar-Betrieb zulasse oder 250 Leute in einem Kongress“ mit Einlassregeln, | |
| Masken und Tischen. Bei den SPD-Parteitagsplanern setzt man zudem darauf, | |
| dass die [4][Verordnung zu Großveranstaltungen] Bestand hat: „Nach der sind | |
| ab dem 1. September wieder Veranstaltungen mit sogar mehr als 1.000 | |
| Personen zulässig.“ | |
| 13 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://spd.berlin/termine/ | |
| [2] https://www.facebook.com/julvberlin/videos/4-folge-der-stayhome-show-der-ju… | |
| [3] https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/ | |
| [4] https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/grossveranstaltungen/ | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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