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# taz.de -- Vor der Bund-Länder-Konferenz zu Corona: Öffnung mit Notbremse
> Das Corona-Infektionsgeschehen hat sich gut entwickelt, sagt die
> Kanzlerin, man könne über Lockerungen reden. Die Vorschläge des Bundes im
> Überblick.
Bild: Beschränkungen sollen gelockert werden: Angela Merkel in der Kabinettssi…
Berlin dpa/afp | Der Bund plant eine Neuausrichtung seiner Corona-Politik:
Beschränkungen für Schulen, Geschäfte und Sportstätten sollen erheblich
gelockert werden, wobei weiterhin strenge Hygiene- und Abstandsregeln
gelten, heißt es in einer Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen
mit den Ministerpräsidenten, die der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch in
Berlin vorlag.
Viele Bereiche sollen die Länder unter Beachtung des jeweiligen
Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten
selbstverantwortlich regeln. Grundlage dafür seien die gemeinsamen Hygiene-
und Abstandskonzepte der jeweiligen Fachministerkonferenzen
Neu an dem Konzept ist ein regionaler Notbremse-Mechanismus: Wenn die
Neuinfektionen in einem Landkreis binnen sieben Tagen die Zahl von 50 pro
100.000 Einwohner übersteigen, werden dort die Auflagen sofort verschärft.
„Ab einer gewissen Relevanz muss auf eine regionale Dynamik mit hohen
Neuinfektionszahlen und schnellem Anstieg der Infektionsrate sofort vor Ort
mit Beschränkungen reagiert werden“, heißt es in der Vorlage.
Besonders sensibel seien Lockerungen bei den Schulöffnungen, in der
Gastronomie und bei den Hotels. Denn dann komme es wieder zu Reisen in
Deutschland, und die Gefahr von neuen Infektionsgeschehen nehme zu, so die
Kanzlerin.
Kontaktzahlen:
Für den Anti-Corona-Kampf bleibt es zentral, Infektionsketten
nachzuvollziehen, um möglichst alle Kontaktpersonen zu finden, zu testen
und notfalls in Quarantäne zu schicken. Ob die Gesundheitsämter das
schaffen können, hängt von der Zahl der Neuinfektionen ab. Für den Bund ist
es grundsätzlich eine Herausforderung, ein großes Durcheinander von
Regelungen quer durch die Republik zu vermeiden. Andererseits können
abgestufte Lösungen, die sich am Infektionsgeschehen vor Ort orientieren,
genauer passen.
Mindestabstand:
Als weiterhin entscheidend wird in der Vorlage bezeichnet, dass Bürgerinnen
und Bürger in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern
einhalten. Dies sei die wichtigste Maßnahme gerade angesichts der
Öffnungen. Sie werde „noch für lange Zeit“ erhalten bleiben.
## Geschäfte:
Die Ländern können alle Geschäfte wieder öffnen – ohne
Quadratmeterbegrenzung. Es müssten Auflagen zur Hygiene, der Steuerung des
Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen erfüllt werden. Wichtig sei
dabei, dass eine maximale Personenzahl von Kunden und Personal bezogen auf
die Verkaufsfläche vorgegeben werde. Seit dem 20. April sind kleine und
mittlere Läden wieder geöffnet, aber nur bis zu einer Verkaufsfläche bis zu
800 Quadratmetern. Das hatte für Kritik gesorgt. Für Buchhandlungen, Auto-
und Fahrradhändler gilt dies ohne die Flächenbegrenzung.
## Schulen:
Allen Schülern soll schrittweise unter Auflagen bis zu den Sommerferien
eine Rückkehr an die Schulen ermöglicht werden. Schüler mit besonderem
Unterstützungsbedarf etwa wegen der häuslichen Situation oder der
technischen Ausstattung sollten „möglichst umgehend gezielte pädagogische
Präsenzangebote an den Schulen erhalten“.
Abschlussklassen, ältere Grundschüler und Klassen, die nächstes Jahr
Prüfungen ablegen, sind bereits vielerorts wieder an den Schulen. Konsens
der Bildungsminister der Länder ist außerdem, dass bis zu den Sommerferien
etwa über Schichtmodelle alle anderen Schüler wenigstens zeitweise wieder
in die Schulen zurückkehren können, dass es aber einen Normalbetrieb erst
mal nicht geben wird.
## Kinderbetreuung:
Um die schwierige Situation von Familien mit Kindern zu erleichtern, kann
vom 11. Mai an eine erweiterte Notbetreuung in allen Bundesländern
eingeführt werden. Dazu gehören vordringlich unter anderem Kinder mit
besonderem pädagogischen oder Sprachförderbedarf, Kinder, die in beengten
Wohnverhältnissen leben – etwa wenn ein eigenes Kinderzimmer fehlt –, sowie
Kinder, die am Übergang zur Vorschule oder Schule stehen. Die Einzelheiten
sollen die Länder regeln. Diese weiten die Notbetreuung bereits
schrittweise aus und haben auch schon weitere Pläne angekündigt.
## Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
In alle bisher schon von den Ländern erlassenen Verfügungen soll eine
Regelung aufgenommen werden, „die jedem Patienten/Bewohner einer solchen
Einrichtung die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine
definierte Person ermöglicht wird, sofern es aktuell kein aktives
Sars-Cov-2-Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt“.
## Großveranstaltungen:
Volksfeste, größere Sportveranstaltungen mit Zuschauern, größere Konzerte,
Festivals, Dorf-, Straßen- oder Schützenfeste sowie Kirmes-Veranstaltungen
bleiben wegen der Corona-Pandemie untersagt – voraussichtlich bis
mindestens zum 31. August. In einigen Ländern sind bereits große
Veranstaltungen bis Herbst abgesagt, wie das Oktoberfest in München, das
Cannstatter Volksfest in Stuttgart, der Marathon in Berlin.
## Kultur:
Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Zoos oder botanische Gärten können
unter Auflagen wieder aufmachen, ebenso Gottesdienste und
Gebetsversammlungen. Wie es grundsätzlich im Kulturbetrieb weitergehen
soll, ist möglicherweise ebenfalls Gegenstand der Beratungen am Mittwoch.
## Tracking-App:
In der Beschlussvorlage wird die „doppelte Freiwilligkeit“ des Einsatzes
sowie einer möglichen Datenweitergabe an das Robert-Koch-Institut betont.
Gebe ein Bürger die Daten nicht frei, habe dies keinen negativen Einfluss
auf die Nutzungsmöglichkeiten der App. Ein konkreter Termin zur Einführung
der App wird nach wie vor nicht genannt.
## Industrie und Mittelstand:
Da man weiterhin in der Pandemie lebe, müssten nicht erforderliche Kontakte
in der Belegschaft und mit Kunden vermieden werden. Zugleich müssten
allgemeine Hygienemaßnahmen umgesetzt und die Infektionsrisiken bei
erforderlichen Kontakten durch besondere Maßnahmen minimiert werden. Die
für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden sowie die
Unfallversicherungsträger sollen die Unternehmen dabei beraten und
Kontrollen durchführen.
## Tourismus und Gastronomie:
Viele Bürger fragen sich, wohin sie im Sommer in den Urlaub fahren können.
Fernreisen dürften schwierig werden. Aber schon vor den Beratungen am
Mittwoch ist klar: Urlaub machen an der deutschen Nord- und Ostsee und in
Bayern soll möglich sein. Die Wirtschaftsminister der Länder streben unter
Auflagen in einem Korridor von 9. bis 22. Mai eine bundesweite
kontrollierte Öffnung des Gastgewerbes an. Für touristische Beherbergungen
wird demnach eine Öffnung bis Ende Mai angepeilt.
## Pendler:
Nachdem es wegen Grenzschließungen Streit mit Nachbarländern wie Luxemburg,
der Schweiz, Polen und Frankreich gibt, könnte das Thema weitere
Grenzöffnungen für Pendler in der Runde aufgerufen werden. Dabei soll es
zunächst nicht um Tourismus gehen.
## Profifußball:
Der Bund will dem deutschen Profifußball grünes Licht für die
Wiederaufnahme des seit Mitte März ausgesetzten Spielbetriebs in der 1. und
2. Bundesliga geben. „Dem Beginn des Spielbetriebs muss eine zweiwöchige
Quarantänemaßnahme, gegebenenfalls in Form eines Trainingslagers,
vorweggehen“, heißt es in der Beschlussvorlage. Als voraussichtlicher
Termin für den Beginn der „Geisterspiele“ ohne Zuschauer gilt der 15. oder
der 21. Mai – ein genauer Termin ist in der Beschlussvorlage offengelassen.
Ein von der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgelegtes Konzept hat zwar
mehrere Ministerpräsidenten und auch den für Spitzensport zuständigen
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) überzeugt. Mehrere Corona-Fälle
beim 1. FC Köln und ein Video, in dem der inzwischen suspendierte
Hertha-Profi Salomon Kalou eindrucksvoll dokumentiert, wie Abstandsregeln
missachtet werden, lässt allerdings Zweifel aufkommen.
## Sport:
Der Bund will den Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport
in Deutschland unter freiem Himmel unter Bedingungen wieder erlauben. In
der Vorlage wird auf einen entsprechenden Beschluss der Sportminister der
Länder vom 28. April Bezug genommen. Dort werden als Bedingungen für die
Wiederaufnahme des Sportbetriebs unter anderem genannt, dass ein
ausreichend großer Personenabstand von 1,5 bis 2 Metern gewährleistet und
der Sport kontaktfrei ausgeübt wird.
6 May 2020
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