| # taz.de -- Geschlossene Schlagbäume im Westen: Deutscher Grenzfetisch | |
| > Die Kontrollen wegen Corona zerreißen eng verflochtene Nachbarländer. Die | |
| > Maßnahmen nützen niemandem und zerstören Vertrauen. | |
| Bild: Absperrband der Polizei liegt auf der Brücke zwischen Kleinblittersdorf … | |
| Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, das an Deutschlands Grenze zu den | |
| westlichen Nachbarn aufgeführt wird. Im Saarland, das in Jahrzehnten | |
| [1][eine beispielhafte grenzübergreifende Zusammenarbeit] mit Frankreich | |
| entwickelt hat, sind Städte und Gemeinden plötzlich durch Grenzen | |
| zerrissen, die seit mehr als zwei Jahrzehnten gar nicht mehr wahrgenommen | |
| worden sind. Nicht selten verläuft die Demarkationslinie mitten durch | |
| Ortschaften. Wer jetzt zu seinen Verwandten „drüben“ will, muss den | |
| Grenzern entwischen – sonst wird ein Bußgeld fällig. Offizielle | |
| Grenzübergänge sind verrammelt, weil für Kontrollen das Personal fehlt. | |
| An den Übergängen sortieren Deutsche in Uniform: Franzosen und | |
| LuxemburgerInnen, die zur Arbeit wollen, dürfen durch; wer einkaufen oder | |
| gar Freundschaften pflegen will, muss draußen bleiben. Bürgermeister auf | |
| der luxemburgischen Seite setzten aus Protest die Europafahne auf Halbmast. | |
| In Luxemburg funktioniert das Gesundheitssystem, die Regierung managt die | |
| Pandemie nicht schlechter, und die Infektionszahlen sind nicht höher als am | |
| anderen Moselufer. Deutschland stilisiert mit seinem Grenzregime die | |
| Nachbarn zur Infektionsgefahr. Es spielen sich hässliche Szenen ab, etwa | |
| wenn Besucher aus Frankreich beschimpft oder sogar bespuckt werden. | |
| Am Wochenende haben maßgebliche PolitikerInnen in überparteilichem | |
| Gleichklang die Öffnung der Grenzen zumindest nach Frankreich und Luxemburg | |
| gefordert. Bundesinnenminister Horst Seehofer will aber erst ein „Konzept“ | |
| entwickeln. Bis dahin soll es beim Grenzmanagement bleiben, das Betroffene | |
| als konzeptlos empfinden. | |
| Wenn der Bundesinnenminister sich vorstellen kann, in einer Woche neue | |
| Regelungen in Kraft zu setzen: Warum nicht gleich? Dazu haben ihn | |
| jedenfalls die MinisterpräsidentInnen von Nordrhein-Westfalen, | |
| Rheinland-Pfalz und dem Saarland aufgefordert. Zögert er, muss er sich | |
| „Grenzschutz-Fetischismus“ vorwerfen lassen. So hat der luxemburgische | |
| Außenminister Jean Asselborn [2][diese Haltung kritisiert], die niemandem | |
| nützt und dabei Vertrauen zerstört. | |
| 12 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Interview-am-Schlagbaum-im-Saarland/!5683619 | |
| [2] https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/luxemburgs-aussenminister-a… | |
| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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