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# taz.de -- Digitaler Arbeitskampf zum 1. Mai: Hinaus oder zu Haus?
> Diesmal ist alles anders: Der DGB verlegt seine Kundgebung ins Internet.
> Und die Autonomen wollen sich mit Mundschutz vermummen.
Bild: Antipoden eines historischen Kampftages: 1. Mai 2017 in Berlin-Kreuzberg
Der diesjährige [1][1. Mai] wird ein historischer. Erstmalig in der
Geschichte der Bundesrepublik verzichtet der Deutsche Gewerkschaftsbund
(DGB) auf seine traditionellen Demos und Kundgebungen. Dank Corona wird der
altgediente Kampftag der Arbeiterbewegung – in Deutschland das erste Mal
1890 begangen – zu einer weitgehend virtuellen Veranstaltung.
Und selbst bei den Autonomen, die seit den 1980er Jahren in Hamburg oder
Berlin den 1. Mai auf ihre eigene Weise mit größeren oder kleineren
Krawallen begehen, ist in diesem Jahr alles anders.
Die Coronapandemie hat auch zu einer drastischen Einschränkung des
Demonstrationsrechts geführt. Bis heute sind bundesweit alle größeren
öffentlichen Versammlungen untersagt.
Inzwischen sind in einigen Bundesländern zumindest kleinere Zusammenkünfte
wieder erlaubt. So dürfen sich in Thüringen bis zu 50 Menschen unter freiem
Himmel versammeln. In Berlin liegt es im Benehmen der Versammlungsbehörde,
bis zu 20 Teilnehmende zuzulassen.
## Solidarität ist ansteckend
In anderen Ländern sind Ausnahmen nach einer individuellen
Verhältnismäßigkeitsprüfung möglich – was auch das Bundesverfassungsgeri…
verlangt, das ein generelles Verbot in einem Beschluss vom 15. April für
unzulässig erklärt hat.
Im vergangenen Jahr beteiligten sich immerhin noch bundesweit 381.500
Menschen an den insgesamt 481 Veranstaltungen des DGB. In diesem Jahr hat
der Gewerkschaftsdachverband seine Aktivitäten vollständig ins Netz
verlegt. Ab 11 Uhr soll es einen dreistündigen [2][Livestream] geben mit
Beiträgen aller DGB-Gewerkschaften und DGB-Bezirke sowie einer Reihe von
Künstler:innen – von Dota über Ute Lemper und Jocelyn B. Smith bis
Konstantin Wecker.
„Solidarität heißt in diesem Jahr: Abstand halten!“, so DGB-Chef Reiner
Hoffmann. Einige linke Gewerkschafter:innen wollen aber trotzdem
demonstrieren. „Im Rahmen des Infektionsschutzes“, wie die Initiator:innen
betonen. Nach eigenen Angaben meldeten sie [3][Kleinkundgebungen] in mehr
als 30 Städten an.
Auch die Autonomen stehen wegen des Coronavirus vor einer Zäsur.
Demonstrieren wollen sie dennoch, mehr oder weniger: In Berlin rufen sie
dazu auf, ab 18 Uhr sich im Stadtteil Kreuzberg zu versammeln und sich von
dort zu einzelnen Orten zu bewegen, die über Social Media bekanntgegeben
würden.
## Das System hat Corona
Mundschutz und Abstandhalten sollen dabei eingehalten werden. Gestritten
wurde noch mit der Versammlungsbehörde, ob am Nachmittag auch ein
linksradikaler Autokorso im vornehmen Stadtteil Grunewald zugelassen wird.
Auch in Hamburg wollen Autonome um 20 Uhr auf der Reeperbahn auf die Straße
gehen. „Krank ist das System!“, lautet ihr Aufruf. Auch dort will man
Abstandsregeln einhalten – und sich zum Schutz vermummen.
In Köln ruft das Aktionsbündnis #UnteilbarSolidarisch zu Protesten auf, „um
auf die Notlagen der Menschen jetzt und über die Coronakrise hinaus
aufmerksam zu machen“. Mit dabei sind unter anderem die [4][Fridays for
Future], die [5][Interventionistische Linke] und die Initiative [6][Kein
Mensch ist illegal].
Auf dem Roncalliplatz, am Hauptbahnhof, am Chlodwigplatz, in Kalk und
Rodenkirchen, in der Südstadt und am Ottoplatz sind Kundgebungen und
Aktionen angemeldet. Um 16 Uhr ist eine gemeinsame Abschlussaktion geplant
– alles unter strenger Wahrung der Corona-Sicherheitsvorkehrungen.
30 Apr 2020
## LINKS
[1] https://www.tag-der-arbeit.com/geschichte
[2] http://www.dgb.de/erstermai
[3] https://heraus-zum-ersten-mai-2020.de/
[4] https://fridaysforfuture.de/
[5] https://interventionistische-linke.org/
[6] http://www.kein-mensch-ist-illegal.org/
## AUTOREN
Konrad Litschko
Pascal Beucker
## TAGS
Tag der Arbeit / 1. Mai
Schwerpunkt Coronavirus
Gewerkschaft
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Demonstration
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