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# taz.de -- Italienische Gewerkschafterin zum 1. Mai: Schützt die Arbeiter!
> Die Gewerkschafterin Oriella Savoldi bereitet auch in der Coronakrise den
> 1. Mai vor. Die Regierung müsse Fabrikarbeiter ausreichend schützen.
Bild: So eng wird's dieses Jahr nicht: Demonstration von CGIL, CISL und UIL im …
BERLIN taz | Sogar über das Telefon beeindruckt Oriella Savoldis feste,
rauchige Stimme. Es fällt nicht schwer, sich die Gewerkschafterin aus dem
norditalienischen Brescia bei emphatischen Reden zur „festa dei lavoratori“
am 1. Mai vorzustellen. Doch dass die Mai-Demo dieses Jahr entfällt, ist
gerade Oriella Savoldis geringstes Problem.
Zwar ist die 65-Jährige coronabedingt zum Zuhausebleiben verdammt und
eigentlich seit Kurzem im Ruhestand, lassen kann sie es trotzdem nicht.
Dass in der Lombardei weiterhin der Wirtschaft zuliebe Menschleben riskiert
werden sollen, will die Mutter einer Tochter nicht akzeptieren. Die
Pandemie hat Brescia, wie auch die [1][Nachbarprovinz Bergamo], besonders
hart getroffen.
„Seit Beginn der Krise hat die Regierung nicht die Gesundheit der
Arbeitnehmer angesprochen. Viele Fabriken werden jetzt wieder öffnen, aber
sie müssen den Schutz der Arbeiter garantieren“, fordert die Aktivistin
nachdrücklich. „Wir stecken seit einigen Tagen in Verhandlungen auf
nationaler und lokaler Ebene.“
An diesen Verhandlungstischen sitzt Savoldi bereits seit 46 Jahren. In
einer Metallfabrik beginnt die gebürtige Brescianerin ihr Arbeitsleben und
tritt zugleich in die Gewerkschaft ein. Schon kurz darauf koordiniert sie
die verschiedenen Betriebsräte der Schwerindustrie in der Stadt. Die späten
Siebziger machen dann die Metallerin zur expliziten Feministin. Mit der
sogenannten Dienstagsgruppe wird sie den linken Gewerkschaftsbund CGIL
diesbezüglich nachhaltig prägen, als Gründungsmitglied der
Frauenuniversität Brescia ihre Provinz.
## Arbeit einen Namen geben
Savoldis Strategie: anders reden, anders mobilisieren. Zum Beispiel lässt
Savoldi Arbeiterinnen detailliert ihre täglichen Handgriffe beschreiben.
„Um der Arbeit einen Wert zu geben, müssen Sie ihr zuerst einen Namen
geben, lernen, darüber zu sprechen“, wird sie in einem Protokoll aus den
Neunzigern zitiert.
Nach Jahren in der Metallindustrie wechselt Savoldi in die Textilbranche
und schließlich in den Vollzeit-Arbeitskampf. Und mit der Verantwortung
wächst ihr Problembewusstsein. Zum Feminismus kommt als Sekretärin der
Agrargewerkschaft Brescias das Engagement für Arbeitsmigrant*innen hinzu.
„Die Ersten, die ausgebeutet werden, sind diejenigen, die aufgrund ihres
irregulären Aufenthalts nicht vertraglich gebunden sind, gerade in der
Landwirtschaft“, erklärt Savoldi am Telefon. Die aktuelle Krise verschärfe
diese Situation noch.
Für Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes, denen sie in den letzten Jahren
als Sekretärin der CGIL auf Lombardei- und nationaler Ebene nachgegangen
ist, sieht Savoldi jetzt aber sogar eine Chance. „Die Coronakrise hat jeden
Schleier von der Umweltkrise gezogen“, meint sie. „Wir können es uns nicht
länger leisten, schüchterne oder schlechte Entscheidungen zu treffen oder
nichts zu tun.“
29 Apr 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Norditalien/!5669311
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
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Italien
Gewerkschaft
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Italien
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